Die Situation auf dem Konstanzer Wohnungsmarkt ist seit Jahren prekär. Das ist keine neue Nachricht. Doch mittlerweile haben die Mieten einen Punkt erreicht, dass viele Beschäftigte aus dem Dienstleistungsbereich, im öffentlichen Dienst, dem Einzelhandel, bei der Polizei oder im Gesundheitswesen nicht mehr in der Lage sind, sich das Leben in Konstanz zu leisten.

Das geht sogar so weit, dass viele, die sich auf dem Konstanzer Wohnungsmarkt umsehen, sich zweimal überlegen, ob sie sich auf einen Job in der größten Stadt am Bodensee bewerben. Fachkräfte, die gewonnen werden könnten, haben dann entweder einen Arbeitsplatz, aber keine Wohnmöglichkeit, oder ziehen die Bewerbung aufgrund hoher möglicher Mietkosten gleich ganz zurück.

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Potenzielle Mitarbeiter springen wegen Wohnungsmarkt ab

Dieses Problem trifft die Lebensrealität in vielen Bereichen, auch im Gesundheitswesen. „Wir bekommen immer wieder auch Absagen beziehungsweise die Bewerbung wird gar nicht erst aktiviert, wenn Bewerber, also potenzielle neue Mitarbeiter, sich den Wohnungsmarkt in Konstanz ansehen“, teilt Andrea Jagode, Pressesprecherin des Gesundheitsverbundes Landkreis Konstanz (GLKN) auf SÜDKURIER-Nachfrage mit.

„Also: Ja, der teure Wohnraum in Konstanz ist ein Problem“, sagt Andrea Jagode, Pressesprecherin des GLKN.
„Also: Ja, der teure Wohnraum in Konstanz ist ein Problem“, sagt Andrea Jagode, Pressesprecherin des GLKN. | Bild: SK-Archiv

Man hatte auch schon mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft Wobak Kontakt. Auf diese Weise konnten „in sehr begrenztem Umfang einige wenige Wohnungen an neue Mitarbeiter“ vermittelt werden. Richtig erfolgreich oder gar nach einer Lösung des Problems klingt das zweifelsohne nicht.

Ein weiterer Schritt: Das Klinikum Konstanz habe selbst Wohnungen besorgt, um etwas Abhilfe zu schaffen. Man biete diese beispielsweise als Wohnungen für ausländische Mitarbeiter an, die Verwaltung sei allerdings aufwendig, so Jagode. Kurzum schließt sie: „Also: Ja, der teure Wohnraum in Konstanz ist ein Problem.“

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Betroffen sind auch vor allem junge Menschen

Doch nicht nur Pflegekräfte und andere Angestellte aus dem Gesundheitswesen sind von der Situation betroffen, auch zunehmend junge Menschen kämpfen mit der Mietpreisexplosion. „Das Thema bezahlbarer Wohnraum spielt gerade für die Mitgliedsunternehmen, die sich in der Ausbildung engagieren, eine große Rolle“, teilt Claudius Marx, Hauptgeschäftsführer der IHK Hochrhein-Bodensee, mit. „Für junge Menschen ist es entscheidend, dass sie dort, wo sie eine Ausbildung antreten, auch eine Wohnung finden. Doch das gestaltet sich zunehmend als schwierig.“

IHK-Geschäftsführer Claudius Marx stellt die Frage: „Warum sollte eine gut ausgebildete Fachkraft für eine neue Arbeitsstelle ...
IHK-Geschäftsführer Claudius Marx stellt die Frage: „Warum sollte eine gut ausgebildete Fachkraft für eine neue Arbeitsstelle umziehen, wenn sie für sich oder die eigene Familie keinen passenden Wohnraum findet?“ | Bild: Herbert Weniger | SK-Archiv

Aufgrund der hohen Mieten könnten sich viele Azubis keine eigene Wohnung leisten und scheuten daher den Umzug. So sei beispielsweise bei einer Ausbildungsvergütung um die 1000 Euro eine Kaltmiete von 500 Euro nicht leistbar. Fakt ist jedoch: Die wenigsten Azubis verdienen überhaupt 1000 Euro im Monat und kleinere Wohnungen für eine Kaltmiete von unter 500 Euro sind in Konstanz ebenfalls rar.

Auch hier hätten deshalb bereits Unternehmen reagiert und stellten selbst Wohnraum zur Verfügung, um Auszubildende für sich zu gewinnen. Auch Dinge wie Werkswohnungen seien wieder gefragter, ebenso werde die Einrichtung von Wohnheimen für Azubis diskutiert.

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Doch auch Marx spricht die Gewinnung von Fachkräften an, bei der bezahlbarer Wohnraum zunehmend eine größere Rolle spiele. Er stellt die Frage: „Warum sollte eine gut ausgebildete Fachkraft für eine neue Arbeitsstelle umziehen, wenn sie für sich oder die eigene Familie keinen passenden Wohnraum findet?“ Vor allem aus der Gastronomie und der Hotellerie bekomme man dieses Problem gespiegelt.

Doch damit nicht genug, denn der Umstand betreffe schon lange nicht nur Arbeitnehmer mit eher niedrigem Einkommen. „Auch gut verdienende Spitzenkräfte tun sich immer schwerer, etwa den Traum vom Wohnungs- oder Hauseigentum zu verwirklichen und machen davon den Zuzug in unsere Region abhängig“, ist Marx sicher.

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Viele machen bei Wohnungsgröße Abstriche

Natürlich sind die Mietpreise in der Bodenseeregion grundsätzlich ein Thema, weiß auch Daniel Hölzle, Vorsitzender des Vereins Treffpunkt Konstanz. Zwar sei dies per se kein Tätigkeitsfeld des Treffpunkts, jedoch ordnet auch er die Situation als kritisch ein: „Die Mehrzahl der Arbeitsplätze im Handel und Gastronomie werden aus der Stadt oder dem direkten Umland ‚rekrutiert‘.“

„Von daher ist die Problematik der Mietpreise meist bereits bekannt“, sagt Daniel Hölzle, Vorsitzender des Treffpunkts Konstanz.
„Von daher ist die Problematik der Mietpreise meist bereits bekannt“, sagt Daniel Hölzle, Vorsitzender des Treffpunkts Konstanz. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Hölzle weiter: „Ein Zuzug aus größerer Entfernung ist eher seltener. Von daher ist die Problematik der Mietpreise meist bereits bekannt.“ Die Folge sei oft, dass hinsichtlich der Wohnungsgröße oder -qualität Abstriche gemacht würden. Außerdem spricht er an, dass immer öfter die Arbeitgeber selbst tätig werden und die Wohnungssituation ihrer Mitarbeiter verbessern müssten.

„Für Konstanz halten wir den eingeschlagenen Weg, weiteren Wohnungsbau voranzutreiben, für richtig“, so Hölzle. Mit dem Handlungsprogramm Wohnen ergebe sich hier ein Zuwachs gerade im sozialen und geförderten Wohnungsbau. Leider sei hier mit einer größeren Entlastung jedoch erst in zehn bis 15 Jahren zu rechnen, beispielsweise durch die Entstehung des Hafners.

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Für Angestellte im öffentlichen Dienst lohnt sich Konstanz kaum

Auch der öffentliche Dienst ist von der prekären Situation auf dem Wohnungsmarkt betroffen. „Wie jeden anderen Bürger betrifft die aktuelle Wohnungsmarktsituation auch die Beschäftigten bei der Polizei Konstanz“, teilt das Präsidium Konstanz auf Anfrage mit.

Doch nicht nur die Polizei ist davon betroffen. „Bei den im öffentlichen Dienst üblichen Gehältern lohnt es sich für jüngere Erzieher, Busfahrerinnen, Krankenschwestern oder Feuerwehrleute kaum noch, nach Konstanz zu ziehen“, sagt Winfried Kropp, Pressesprecher des Deutschen Mieterbunds Bodensee.

„Bei den im öffentlichen Dienst üblichen Gehältern lohnt es sich für jüngere Erzieher, Busfahrerinnen, Krankenschwestern oder ...
„Bei den im öffentlichen Dienst üblichen Gehältern lohnt es sich für jüngere Erzieher, Busfahrerinnen, Krankenschwestern oder Feuerwehrleute kaum noch, nach Konstanz zu ziehen“, sagt Winfried Kropp, Pressesprecher des Deutschen Mieterbunds Bodensee. | Bild: Hanser, Oliver | SK-Archiv

„Auch Handwerksbetriebe klagen. Die Möglichkeiten für öffentliche Arbeitgeber oder das Handwerk, übertariflich zu bezahlen und so für einen Ausgleich zu sorgen, sind jedoch begrenzt“, stellt Kropp abschließend fest.