Der Pandemie folgten weitere Krisen: Ukraine-Krieg, Lieferengpässe, hohe Inflation, Energiepreissteigerungen. „Das sind keine guten Rahmenbedingungen“, stellt Utz Geiselhart, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Südbaden, fest.

Das Jahr 2022 sei zwar „besser als befürchtet“ verlaufen, von Normalität könne jedoch keineswegs die Rede sein. Die Herausforderungen seien mannigfaltig und groß. Einige Unternehmen kämpften weiter um ihre Existenz. Auch die Lieferengpässe seien nicht passé. Im Gegenteil: Für manche Branchen, darunter Apotheken, seien diese sogar dramatisch.

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Erkältungen und Influenza haben gerade Hochsaison. Viele der entsprechenden Medikamente seien jedoch nicht verfügbar, wie Apotheker Daniel Hölzle, gleichzeitig Vorsitzender der Händlervereinigung Treffpunkt Konstanz, aus seinem Alltag berichtet.

„Die Lieferengpässe sind wirklich dramatisch. Wir haben schon Fiebersäfte selbst gemacht, um über die Runden zu kommen“, berichtet er. Wie gut, dass Apotheker Mixturen herstellen können. „Wir können alles“, meint Hölzle und nennt sogleich die wichtigste Voraussetzung: „Wenn wir die Rohstoffe kriegen.“ Das ist nicht selbstverständlich.

„Im Vergleich zu anderen Innenstädten sind wir verhältnismäßig gut auf die Füße gekommen“, sagt Daniel Hölzle, Vorsitzender ...
„Im Vergleich zu anderen Innenstädten sind wir verhältnismäßig gut auf die Füße gekommen“, sagt Daniel Hölzle, Vorsitzender der Händlergemeinschaft Treffpunkt Konstanz. | Bild: Scherrer, Aurelia

Die mannigfaltigen Krisen sind also längst nicht überstanden. „Die Unwägbarkeiten bleiben, denn die Rahmenbedingungen sind alles andere als gut“, stellt Utz Geiselhart fest. In Summe betrachtet sei das Jahr 2022 zwar besser verlaufen, als erwartet. Allerdings habe der Handel nach den zwei harten Pandemiejahren gehofft, wieder „normalen Tritt fassen zu können“. Das ist ausgeblieben. „Viele Innstadthändler kämpfen seit 2020. Überbrückungs- und Soforthilfen mussten in Teilen zurückbezahlt werden“, erinnert Geiselhart.

Frequenz ist nicht gleich Umsatz

Allerdings seien die Kunden nur zögerlich zurückgekommen; erst ab dem Sommer sei die Frequenz deutlich gestiegen. Da hatten viele den Eindruck, die Konstanzer Altstadt sei rappelvoll. An verschiedenen Stellen gebe es Frequenzzähler, berichtet Daniel Hölzle und ergänzt: „Im Sommer haben wir nicht die Zahlen von 2021 erreicht.“

Gleichwohl sage die Besucherfrequenz nichts über Umsätze aus. Hölzle spricht nämlich von „gebremster Kaufbereitschaft“, was auch Utz Geiselhart bestätigt. „Im Vergleich zu anderen Innenstädten sind wir verhältnismäßig gut auf die Füße gekommen, aber an Vor-Corona-Zeiten können wir bei weitem nicht anknüpfen“, sagt Daniel Hölzle.

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Das gilt auch für die Konstanzer Gastronomie. „Es war zäh bis es angelaufen ist“, stellt Manfred Hölzl, stellvertretender Vorsitzender der Kreisstelle Konstanz des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga), fest. „Die Corona-Auszeiten waren gravierend. 10 Prozent der Betriebe in Baden-Württemberg sind geschlossen“, berichtet er.

Sie haben die Krise nicht überstanden. In Konstanz habe es hingegen nur einzelne Betriebe getroffen. „Am See haben wir besser abgeschnitten als Ballungszentren und flaches Land“, schildert er. Nach anfänglicher Zurückhaltung der Gäste, seien „im Sommer die Dämme gebrochen“.

„Es war zäh bis es angelaufen ist“, berichtet Manfred Hölzl, stellvertretender Vorsitzender der Kreisstelle Konstanz des ...
„Es war zäh bis es angelaufen ist“, berichtet Manfred Hölzl, stellvertretender Vorsitzender der Kreisstelle Konstanz des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). | Bild: Evelyn Pfefferkorn

Touristen kehren wieder zurück

Die Hotellerie hingegen hat gut abgeschnitten, wie die Statistik belegt, welche die Marketing und Tourismus Konstanz GmbH (MTK) jüngst herausgegeben hat. Aber: Weitere Hotels haben in der Zwischenzeit in Konstanz eröffnet. Damit ist die Kapazität an Betten enorm gestiegen; sie zu füllen werde nicht gar so einfach werden. Zum einen „gibt es Anzeichen, dass die Menschen wieder ins Ausland reisen“, so Hölzl. Zum anderen werde es, so prognostiziert er, mit der Einführung der Bettensteuer eine Verschiebung in den ländlichen Raum geben.

„Eine Bettensteuer in der jetzigen Situation stärkt einen Standort nicht“, sagt Utz Geiselhart unumwunden. „Es wäre besser gewesen, auf normale Zeiten zu warten. Andere Städte kommen auch ohne Bettensteuer aus.“ Nicht nur die Hotellerie, sondern auch Handel und weitere Branchen seien hier zwangsläufig mitbetroffen.

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Gewinne zu erzielen, sei aktuell extrem schwierig, vor allem in Anbetracht der extrem steigenden Kosten. Nicht nur durch die steigenden Energiekosten und die „überproportional gestiegenen Mieten“ würden die Erträge sinken. Hinzu komme in Konstanz die Erhöhung der Gewerbesteuer. „Die Kostenbelastung insgesamt steigt enorm. Die Erhöhung von Steuern ist das falsche Signal“, sagt Geiselhart.

In ganz Deutschland würden Maßnahmen zur Aktivierung von Innenstädten diskutiert, berichtet Geiselhart. Wichtig sei die Erreichbarkeit und das Parken für die Innenstadt. Die Kunden hätten sich während der Pandemie schon sehr an den Online-Einkauf gewöhnt.

„Die Unwägbarkeiten bleiben, denn die Rahmenbedingungen sind alles andere als gut“, stellt Utz Geiselhart, stellvertretender ...
„Die Unwägbarkeiten bleiben, denn die Rahmenbedingungen sind alles andere als gut“, stellt Utz Geiselhart, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Südbaden, fest. | Bild: Foto Wöhrstein

„Alles, was der Kunde als unbequem oder auch teuer empfindet, wird dazu führen, dass es nur zu einer Umlenkung in einen anderen Einkaufsstandort, beziehungsweise ins Netz kommt“, so Geiselhart. Er richtet mahnende Worte gen Stadtspitze: „Wenn schon die Anreise unbequem, umständlich und unangenehm ist, haben die Innenstadthändler keine Chance, die Kundinnen und Kunden für sich zu gewinnen.“

Erreichbarkeit ist wichtig

„Mobilität ist eine wichtige Geschichte. Allerdings muss die Reihenfolge der Schritte stimmen“, meint Utz Geiselhart. Individualverkehr werde es auch künftig geben, ist er sicher. „Es gibt immer mehr E-Autos. Auch die brauchen Straßen und Parkplätze.“ Diese seien wichtig, damit die Menschen „mal kurz zum Arzt, in die Apotheke und vielleicht anschließend noch in den Handel wollen“.

Augenscheinlich laufe alles normal, „aber im Hintergrund ist Druck drin“, schildert Daniel Hölzle die Situation der Unternehmen. Ein Beispiel sei Galeria-Karstadt. „Karstadt bietet ein breites Sortiment, das der sonstige Handel nicht abdecken kann. Das ist für die Innenstadt extrem wichtig“, stellt er fest. Ein Leerstand dieser Dimension mitten in der Kernstadt sei nicht auszudenken, meint er.