In einem Zimmer macht sich ein Elektriker an den Kabeln zu schaffen, im Flur bearbeitet eine Malerin eine Wand und ein paar Meter weiter bringen Izet Mušič und seine Kollegen den Fußboden in mühsamer Handarbeit auf die richtige Höhe. Überall wird gearbeitet, damit der Innenausbau des ehemaligen Telekomturms vorangeht.
Das ist gar nicht so einfach, denn ein Bestandsgebäude zu sanieren, bringe ganz andere Herausforderungen mit sich als ein Neubau, sagt Projektleiter Vanja Levanić vom Immobilienentwickler BPD. „Brandschutzvorschriften, Windeinwirkungen bei einem Hochhaus und Statik sind hier besondere Themen“, ergänzt er und deutet auf den Boden vor sich.
Izet Mušič hält einen dicken Schlauch in der Hand, dessen eines Ende durch das ganze Gebäude bis nach unten vor die Tür führt, in einen Lastwagen seiner Firma.

Dort unten wird eine klebrige gelbe Masse zusammengemischt, durch den Schlauch gepumpt und mittels einer Art Verteiler auf den Boden gespritzt. Schnell haben die Kollegen Schaufeln zur Hand, um die Masse gleichmäßig auf dem Boden zu verteilen.
„Das ist extrem leichtes und nicht brennbares Material, das zum Ausgleich der Bodenhöhen dient“, erläutert Marcus Reutter, Regionalleiter Südwest von BPD. Tonnenweise Beton in die Flure und Zimmer zu kippen, würde die Statik des filigranen Turms überfordern.
Wenn die gelbe Masse getrocknet ist, kommt eine Trittschalldämmung darauf, darüber wird eine Folie verlegt und darauf kommt schließlich der Estrich mit Fußbodenheizung.

Noch ist einiges zu tun, bis die ersten Bewohner einziehen können. Doch dieses Ziel ist in greifbarer Nähe: „Ende des Jahres 2025 sind alle 98 Wohnungen fertig und wir können die ersten an die Besitzer übergeben“, so Reutter. Derzeit sei rund ein Drittel der Wohnungen verkauft. „Gefragt sind bislang eher kleinere und günstigere Einheiten in den unteren Stockwerken“, sagt der Regionalleiter.

Angeboten werden Wohnungen zwischen einem und fünf Zimmern. Die Preisspanne ist enorm: von einer Ein-Zimmer-Wohnung mit 32 Quadratmetern im ersten Stock für 240.000 Euro bis zum Fünf-Zimmer-Maisonette-Loft mit 188 Quadratmetern im 14. Stock. „Preis auf Anfrage“, heißt es auf der Website.
Der SÜDKURIER fragt also nach. „Diese Wohnung kostet 2,4 Millionen Euro“, sagt Marcus Reutter und ergänzt: „Dafür erhält der Besitzer Wohnraum auf zwei Ebenen mit freihängender Treppe und Balkonen auf beiden Stockwerken.“
Immerhin konnte der Immobilienentwickler BPD schon eine Wohnung im 13. Stock an einen Architekten aus Zürich verkaufen. Ansonsten kommen die künftigen Besitzer laut Reutter eher aus Konstanz und dem Umland.
Dass der Verkauf schleppend läuft, liege an den Marktbedingungen. Hohe Zinsen verteuern das Bauen bundesweit, Kriege führen zu höheren Energie- und Rohstoffpreisen. Auch die Personalkosten seien in die Höhe gegangen, sagt der Regionalleiter. Die Banken geben außerdem selbst Gutverdienenden nicht einfach so einen Kredit, sondern wollen viel Eigenkapital sehen.
„Die Leute haben auch Angst vor der Insolvenz von Bauträgern“, sagt Marcus Reutter. BPD habe aber alle Projekte durch die Krise hindurch weitergeführt. „Das geht nur, weil wir eine Tochter der niederländischen Rabobank sind. Nur mithilfe von Rücklagen könnten auch wir nicht weitermachen.“
Eine Musterwohnung ist fast fertig
Um potenziellen Kunden den außergewöhnlichen Turm schmackhaft zu machen, haben die Handwerker im sechsten Stock eine Musterwohnung fertiggestellt. Grau gestrichene Wände, geölter Eichenboden, große Raumhöhe und ein bis zu zwei Meter tiefer Balkon mit verschiebbarer Verglasung auf zwei Dritteln der Länge sind die Merkmale der Lofts.
Dazu kommen die alten Stahlträger des Fernmeldeamts an der Decke, die mit Brandschutzputz versehen wurden und zur Charakteristik des Gebäudes zählen – genauso wie die tragenden Säulen, die frei im Raum stehen.

Fast alle Balkone werden mit einem Belag aus Lärchenholz versehen, nur ganz oben werden Steinfliesen verlegt, weil sich darüber kein Dach befindet. Marcus Reutter und Vanja Levanić wollen zeigen, wie das aussieht, und fahren mit dem Aufzug nach oben.
Inzwischen hat die Sonne den Nebel vertrieben, der Blick schweift über den St.-Gebhard-Platz und den Bodensee bis zu den Alpen. Auch auf der Westseite bieten sich spannende Ansichten bis zum Bismarckturm, über Petershausen, den Seerhein bis zum Hegau.

Ganz oben wird eine Gemeinschaftsterrasse für alle Bewohner angelegt. „Das stelle ich mir toll vor, beim Seenachtfest oder an Silvester hier oben mit einem Glas Sekt zu stehen und das Feuerwerk zu genießen“, sagt Marcus Reutter. Über seinem Kopf ist ein Gestänge zu sehen, an das später noch Photovoltaikpaneele angebracht werden.
Durch Luft-/Wärmepumpen wird das Gebäude mit Wärme versorgt. Das war ursprünglich anders geplant: „Wir wollten Geothermie nutzen, doch nachdem es bei einer anderen Konstanzer Baustelle zu einem Zwischenfall gekommen war, verbot das Landratsamt Konstanz Geothermie auch für uns“, so Reutter.

Die Planer mussten umdenken und ein zusätzliches Gebäude nur für die vier riesigen Wärmepumpen errichten. Auch ganz zu Beginn der Bauarbeiten lief nicht alles nach Plan. „Der Untergrund aus Seeton bereitete uns Probleme, denn er war nicht homogen. Einige Bohrköpfe gingen kaputt, wir mussten das Verfahren wechseln“, erzählt Projektleiter Vanja Levanić.

Marcus Reutter freut sich, dass die Sanierung jetzt in großen Schritten vorangeht. „In spätestens drei Wochen ist das Gerüst weg, dann sieht der Turm nochmal ganz anders aus.“
Und was passiert, wenn sich niemand für eine Luxuswohnung für zwei Millionen Euro interessiert und sie leersteht? Verfällt sie dann nicht langsam? „Für solche Fälle engagieren wir einen Hausmeisterdienst“, sagt Marcus Reutter. „Der lüftet dort ab und zu und öffnet die Wasserhähne.“