Der Panoramablick über die Stadt, den Konstanzer Trichter und die Berge ist einfach unbezahlbar. Könnte man meinen. Auf einem Balkon in Konstanz, der diesen Blick bietet, hängt zurzeit digital ein Preisschild: 1,8 Millionen Euro für eine 112 Quadratmeter große Dreizimmerwohnung verlangt der Anbieter BPD-Immobilienentwicklung. Die Wohnung befindet sich im umgebauten Telekom-Turm in Petershausen.

So soll der Wohnturm namens Ode-Lofts einmal aussehen, wenn er fertig ist. Auf 15 Stockwerken können die Menschen dann Wohnungen ...
So soll der Wohnturm namens Ode-Lofts einmal aussehen, wenn er fertig ist. Auf 15 Stockwerken können die Menschen dann Wohnungen beziehen. Je weiter oben sich eine Wohnung befindet, desto teurer wird sie. | Bild: Sauerbruch Hutton/BPD

Ein Blick in die Immobilienportale und Angebote der örtlichen Makler zeigt: So richtig exotisch ist dieses Angebot nicht. Immer wieder landen auf dem freien Wohnungsmarkt Wohnungen und Häuser, die sich der durchschnittliche Konstanzer mit seinen finanziellen Mitteln nicht leisten kann.

In der Altstadt wird derzeit eine Wohnung für 1,4 Millionen Euro mit Blick auf das Münster angeboten. Im Laubenhof steht eine Penthouse-Wohnung mit zwei Terrassen für 1,8 Millionen Euro zum Verkauf bereit. In Staad kann eine „luxuriöse Wohnung mit Seeblick“ für monatlich 3250 Euro angemietet werden – exklusive der Nebenkosten.

Der Wohnungsmarkt in Konstanz ist angespannt. Das sagen Wohnexperten wie der Deutsche Mieterbund Bodensee (DMB), aber auch Makler und selbst die Stadt Konstanz. Wohnraum wird dringend benötigt. Immer wieder kommt die Kritik auf, dass vor allem Wohnungen für den kleinen Geldbeutel fehlen.

Wohnen in einer der schönsten Lagen in Konstanz. Am Höhenweg können einige Bewohner einen tollen Blick über die Stadt und Weinberge ...
Wohnen in einer der schönsten Lagen in Konstanz. Am Höhenweg können einige Bewohner einen tollen Blick über die Stadt und Weinberge genießen. | Bild: Kerstin Steinert

Klagen kommen auf, dass zu oft Wohnungen im Luxussegment gebaut werden. Was ist da daran? Gibt es wirklich so viele teurere Wohnungen in Konstanz? Wer bezieht solche Wohnungen? Braucht die Stadtgesellschaft diese Klientel?

Definition Luxusimmobilie: Ab 10.000 Euro pro Quadratmeter

Die Spurensuche beginnt in einem Maklerbüro. Bei Engel & Völkers, die im Raum Konstanz und Bodensee überall Immobilien zum Kauf oder zur Miete anbieten. Richard Jennewein und Sven Schäfer, die Geschäftsführer des Maklerbüros, kennen den Markt wie ihre Westentasche. In ihrem Portfolio gibt es günstige Mietwohnungen, aber auch ansehnliche Villen mit direktem Seezugang. Sie sagen: Bei rund 20 bis 30 Prozent des Immobilienangebotes in Konstanz handle es sich um Luxusimmobilien.

Die Makler Richard Jennewein (links) und Sven Schäfer, Geschäftsführer von Engel & Völkers in Konstanz, sagen: Bis zu 30 Prozent der ...
Die Makler Richard Jennewein (links) und Sven Schäfer, Geschäftsführer von Engel & Völkers in Konstanz, sagen: Bis zu 30 Prozent der Immobilienangebote in Konstanz richten sich an Spitzenverdiener. | Bild: Kerstin Steinert

„Ja, die Wohnung im Telekom-Tower ist eine Luxusimmobilie“, sagt Sven Schäfer sofort, „sie ist hochpreisig. Das hat auch seinen Grund. Es gibt ein besonderes architektonisches Design.“ Er nennt ein Beispiel: „Die Fliesen an den Balkonen sind handgeschlagen, das sieht dann wie Wasser aus. Die muss man von Hand einzeln aufkleben. Das kostet“, erklärt er. Klar ist auch: Je höher die Wohnung, desto höher der Preis. Die Dreizimmerwohnung befindet sich im zwölften Stock von 15 Geschossen.

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Wer einen gewissen Luxus bei der Ausstattung, Größe, Lage, Nachhaltigkeit und ein bestimmtes Alleinstellungsmerkmal bevorzuge, sei oft auch bereit, diesen Preis zu zahlen. Das könne natürlich nicht jeder, sagt sein Kollege Richard Jennewein.

Doch ab wann fängt Luxus eigentlich an? Jennewein und Schäfer sagen: Bei einem Quadratmeterpreis von 10.000 Euro gilt nach ihrem Erachten eine Kaufimmobilie als Luxus. Bei Mietimmobilien würden sie einen Quadratmeterpreis ab 18 Euro annehmen. Laut dem Konstanzer Mietspiegel liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis bei 10,37 Euro.

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Nach der Definition von Jennewein und Schäfer zählt diese Wohnung, die im Telekom-Turm zum kauf angeboten wird, in das Luxussegment. Der Quadratmeterpreis beläuft sich dort auf 16.000 Euro.

Fünf Prozent gehören zu den Spitzenverdienern

Und wer kann sich das nun leisten? Im Landkreis Konstanz gibt es durchaus einige Bürger, die keinen allzu schmalen Geldbeutel haben. Laut dem Statistischen Landesamt gab es hier im Jahr 2020 insgesamt 109 Personen oder gemeinsam versteuerte Paare, die ein Jahreseinkommen von mindestens einer Million Euro haben. Neuere Zahlen gibt es nicht, da Bürger drei Jahre Zeit haben, ihre Einkommensteuererklärung abzugeben.

Für die Stadt Konstanz sind die Zahlen im Detail nicht bekannt. Zu klein ist der Kreis der Topverdiener. Aus den Daten der Landesbehörde ist aber herauszulesen, dass 2437 Menschen oder gemeinversteuerte Paare in der Stadt Konstanz ein Brutto-Jahreseinkommen von mindestens 125.000 Euro oder höher haben. Sie gehören damit zu den Spitzenverdienern. Sowohl im Landkreis als auch in der Stadt Konstanz sind das fünf Prozent der einkommensteuerpflichtigen Bürger.

Bild 4: Luxus-Immobilien am Bodensee: Drei-Zimmer-Wohnung für 1,8 Millionen in Konstanz
Bild: Schönlein, Ute

Es gibt sie also: die Schicht der wohlhabenden Konstanzer, die gut oder sogar spitze verdienen. Aber wer sind diese Menschen? Zu den Kunden von Richard Jennewein und Sven Schäfer, die sich eher nach gehobeneren Immobilien umschauen, gehören unter anderem Unternehmer aus der Automobilbranche oder aus dem deutschen Mittelstand sowie Manager, Ärzte und Rückkehrer aus der Schweiz.

Konstanz braucht eine „gesunde Durchmischung“

In Konstanz gibt es laut der Stadtverwaltung 4200 Unternehmer, die die „Wirtschaft und Stadtgesellschaft ebenso braucht, wie beispielsweise jede/n einzelne klassischen Angestellte/n.“ Deshalb sei es für die Stadt auch unerlässlich, dass es für jeden Bürger ein entsprechendes Wohnraumangebot gebe, erklärt Stadtsprecherin Anja Fuchs auf SÜDKURIER-Nachfrage. „Klar war dabei immer: Es braucht eine gesunde Durchmischung. Jede und jeder soll hier seinen beziehungsweise ihren Platz finden“, sagt die Pressesprecherin.

Anja Fuchs, Leiterin des Pressereferats der Stadt Konstanz, sagt: Die Stadt braucht eine gute Durchmischung.
Anja Fuchs, Leiterin des Pressereferats der Stadt Konstanz, sagt: Die Stadt braucht eine gute Durchmischung. | Bild: Aurleia Scherrer

Dass der Wohnungsmarkt in Konstanz auch Luxuselemente beinhaltet, ist für Winfried Kropp, Pressesprecher des Deutschen Mieterbundes Bodensee (DMB), keine große Überraschung. Natürlich müsse es auch einen Markt für die zahlungskräftigen und vermögenden Wohnungssuchenden geben.

„Die Projektentwickler sind hier gerne tätig, weil die Gewinnspannen trotz hoher Kosten hoch sind“, sagt Winfried Kropp. Dieses Marktsegment bräuchte keine Regulierung, das mache der Markt von allein.

Winfried Kropp, Vorsitzender des Mieterbunds Bodensee und Mitglied im Landesvorstand des Deutschen Mieterbunds Baden-Württemberg
Winfried Kropp, Vorsitzender des Mieterbunds Bodensee und Mitglied im Landesvorstand des Deutschen Mieterbunds Baden-Württemberg | Bild: Guido Kasper

Anders sei das beim Marktsegment für Gering- bis Normalverdiener. „Deswegen muss eine Kommune hier handeln und Baurecht speziell für die genannten Gruppen schaffen. Dieser Gedanke findet sich in vielen Elementen des Handlungsprogramms Wohnen der Stadt Konstanz“, so Kropp.