Die Wohnungsnot betrifft jeden, es gehört zu den Top-Themen der Politik und zumal in Konstanz muss das nicht eigens erklärt werden. Nur ein Beispiel: Die Stadt liegt im bundesweiten Vergleich beim Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen inzwischen mit 5560 Euro auf dem zweiten Platz – lediglich in München ist‘s noch teurer. Die Konstanzer Initiative „17 Ziele“ will die Debatte aus den Parlamenten und Medien herausholen und bietet dazu am Donnerstag, 29. Juli, um 18 Uhr einen etwa 90-minütigen Gesprächsabend mit Vertretern von Einrichtungen und Unternehmen an, die sich täglich mit dem Thema beschäftigen.
Mit dabei sind Marion Klose vom Amt für Stadtplanung und Umwelt (per Videoschaltung), Sabine Meister von der Volksbank Konstanz, Malte Heinrich von der städtischen Wohnbaugesellschaft Wobak, Winfried Kropp vom Deutschen Mieterbund und Carlos Horta von Horta Immobilien. Nicht zuletzt wegen Corona handelt es sich um eine der wenigen Veranstaltungen der vergangenen eineinhalb Jahre, die der zivilgesellschaftlichen Debatte wieder ein lebensnahes Forum eröffnet, weshalb der SÜDKURIER sich gern zur Kooperation mit der Initiative „17 Ziele“ bereit erklärt: Moderiert wird der Abend im Wolkensteinsaal des Kulturzentrums am Münster vom Leiter der Konstanzer Lokalredaktion, Torsten Lucht.
Die drei Frauen, die hinter der Stadt mit 15.000 Euro geförderten Initiative „17 Ziele“ stehen, sind davon überzeugt, dass bei der Wohnungsnot eine breit angelegte Debatte notwendig ist. „Die Leute müssen ins Gespräch kommen, das ist uns ganz besonders wichtig“, sagt Sylva Heinzler, die aus eigener Erfahrung um die die Komplexität des Problems weiß. Als Beispiel nennt sie die Schwierigkeiten ihrer verstorbenen Mutter, die sich nach dem Tod ihres Mannes von rund 100 Quadratmetern Fläche verkleinern wollte, aber keine Alternative fand – nicht zuletzt deshalb, weil die Miete der bestehenden Wohnung niedriger war als für die kleineren Wohnungen. Das Beispiel zeigt für Sylva Heinzler die Dimensionen des Themas Wohnen, was allein von der Politik und Wirtschaft kaum gelöst werden könne. Sie kann sich vorstellen, dass sich der Trend zu definierten Wohnabschnittsphasen verstärkt – allein weil es wenig sinnvoll sei, wenn Einzelpersonen nach der Familienphase über Jahre in Einfamilienhäusern leben.

So sieht das auch ihre Mitstreiterin Sabine Schmidt-Halewicz. „Wenn ich sehe, wie viel Wohnraum ich beziehungsweise jeder in meinem Alter zur Verfügung hat, gerade wenn die Kinder aus dem Haus sind, habe ich ein schlechtes Gewissen“, so fasst sie diesen Aspekt des Themas zusammen. Und sie ergänzt: „Eigentlich möchte ich Fläche reduzieren, aber verkaufen mag ich die Wohnung auch nicht. Alternativ hatte ich auch schon längere Zeit ein großes Zimmer untervermietet. Aber bei aller Liebe – dafür ist nicht jede Wohnung und auch nicht jede Partnerkonstellation geeignet.“

Monika Sarkadi als Dritte im Bunde der Initiative „17 Ziele“ ist davon überzeugt, dass ein Hinauszögern der Problemlösung den sozialen Sprengstoff der Wohnungsnot anreichert. Sie hat genug von der Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit, mag sich nicht dauerhaft vertrösten lassen: „Ich will, dass das Grundrecht auf Wohnen endlich umgesetzt wird“, so ihrer Forderung, „das sollte in reichen Ländern wie Deutschland möglich sein.“
Immobilienkauf: Wie viel Eigenkapital ist nötig?
Dem Trio ist dabei bewusst, dass es mit Forderungen oder individuellen Lösungsansätzen nicht getan ist. An der Debatte am Donnerstag nehmen deshalb Fachleute teil, die täglich aus verschiedenen Perspektiven mit dem Wohnungsmangel zu tun haben. Logischerweise kann es dabei um die Bebauungspläne in Konstanz wie der Jungerhalde in Allmannsdorf oder dem Hafner samt des Schreckgespenstes von Enteignungen gehen. Von dem Podium dürfen ferner Grenzziehungen bei den Problemlösungsansätzen zwischen Bund, Land und Kommunen erwartet werden und letztlich kommt es immer aufs Geld an. Die Faustregel beispielsweise, wonach bei der Anschaffung von Wohneigentum eine Eigenkapitalquote von mindestens 20 Prozent seriös erscheint, hängt vom Preis ab – und der weicht in Mecklenburg-Vorpommern im Durchschnitt von dem in Konstanz als bundesweitem Vizemeister beim Quadratmeterpreis für Eigentumswohnungen stark ab.