Corona breitet sich immer weiter aus. Halt macht das Virus vor keinem Bereich der Gesellschaft: Familien, Kindergärten, Schulen, Pflegeheime, Unternehmen, Behörden – nichts und niemand scheint dagegen gefeit.
Landratsamt im dauerhaften Ausnahmezustand
Das Landratsamt ist in diesen Zeiten im dauerhaften Ausnahmezustand. Im Gesundheitsamt laufen die Fäden zusammen: Testergebnisse übermitteln, Maßnahmen besprechen, Kontaktpersonen ermitteln und kontaktieren, ständiger Austausch mit Patienten, Angehörigen, anderen Behörden oder Einrichtungen. Doch es gibt auch Kritik an der Informationspolitik der Behörde.

Treten Corona-Fälle in Schulen, Vereinen oder anderen Einrichtungen auf, wird in der Regel nicht explizit mit Angabe des Ort des Geschehens informiert – sondern allgemein über die aktuelle Zahlen und die Entwicklung.
Die Pressestelle dazu: „In einem solchen Fall stehen die Einrichtung und das Gesundheitsamt in engem Austausch. Die Information der Schüler und Eltern erfolgt über die betroffene Einrichtung, das Gesundheitsamt informiert nur die Infizierten und die Kontaktpersonen eins.“
„Das ist Aufgabe der Schulleiter“
Das sind Personen, die mit dem Infizierten ein mindestens 15-minütiges Gespräch von Gesicht zu Gesicht oder direkten Kontakt zu Sekreten oder Körperflüssigkeiten des Infizierten hatten. Stefan Basel, Dezernent für Soziales und Gesundheit, erklärt: „Mitschüler und deren Eltern werden nicht pauschal informiert, wenn es zu einer Infektion kommt. Das ist Aufgabe der Schulleitung. Wir halten uns streng an die Regeln des Robert-Koch-Institutes.“
Genau an diesem Punkt gibt es Kritik von Eltern am Vorgehen der Behörde – sie fühlen sich nicht mit ins Boot genommen. „Wenn an Schulen oder in Sportvereine Infektionen auftreten, werden also lediglich die unmittelbar betroffenen Personen vom Landratsamt informiert, nicht aber die mittelbar betroffenen“, sagt Manfred Schneider, Vater einer Schülerin. „Das hatte zur Folge, dass meine Tochter drei Tage in die Schule ging, obwohl zuvor eine Mitschülerin derselben an Corona erkrankt war.“
Eine Auszubildende seiner Kanzlei ging ebenfalls nichts ahnend zur Schule – trotz einiger Fälle in ihrem schulischen Umkreis. Eine Mutter sagt: „Damit haben die Behörden beschlossen, dass unsere Kinder in die Schule gehen sollen, da nach ihrer Einschätzung das Infektionsrisiko gering gewesen sein soll. So eine Entscheidung aber müssen wir Eltern fällen, nicht das Amt.“
Ein Schulleiter, der aus Angst vor Repressalien seinen Namen nicht nennen möchte, sagt: „Da wird die Verantwortung auf uns abgewälzt. Wieso informiert das Landratsamt nicht detailgetreu über die Infektionen an den jeweiligen Schulen, natürlich ohne Namen zu nennen? Dann wäre das Problem gelöst und wir als Schulleiter hätten weniger Druck auf unseren Schultern.“ Andere Landratsämter wie der Schwarzwald-Baar-Kreis oder der Landkreis Waldshut informieren so, wie von der Elterninitiative gewünscht.
„Bitte kommunizieren Sie etwas vorsichtiger...“
Bereits im Spätsommer schrieb Manfred Schneider an Landrat Zeno Danner, unter anderem mit diesem Vorschlag: „Sie oder Ihre Ämter informieren uns sofort nach Kenntnisnahme über Infektionen, damit wir Eltern entscheiden können, was zu tun ist – ok?“
Es entwickelte sich ein intensiver Schriftverkehr (liegt dem SÜDKURIER vor), in dem Zeno Danner unter anderem einmal schreibt: „Einen Lockdown sollten wir auch nicht herbeiführen. Ich bitte Sie, etwas vorsichtiger zu kommunizieren.“ Manfred Schneider wandte sich an die Tageszeitung und sagte: „Es wäre so wenig für Herrn Danner und so viel für uns als Bürger und besorgte Eltern.“
Das Landratsamt bleibt bei einer Informationspolitik und bestätigt lediglich auf Medien-Anfragen betroffene Einrichtungen. „Wir als Eltern erfahren also vom SÜDKURIER über Infektionen an der Schule unserer Kinder, nicht vom Gesundheitsamt“, ärgert sich eine Mutter. Die Pressestelle stützt sich auf wöchentliche Pressekonferenzen mit Vertretern aller Ämter und täglichen aktuellen Zahlen zum Infektionsgeschehen. Dazu Manfred Schneider: „Das mag stimmen und ist wirklich toll. Trotzdem würden wir gerne gleich erfahren, wenn in den Schulen unserer Kinder Fälle auftreten. Nicht nur, wenn unsere Kinder unmittelbar betroffen sind. Ist das denn so schwer?“
In der Zwischenzeit bildete sich eine Elterninitiative. Eltern können hier Erfahrungen und Informationen austauschen. Manfred Schneider wandte sich als Sprecher der Elterninitiative mit einer Beschwerde an das Regierungspräsidium. Hier schrieb er unter anderem: „Wir bitten Sie, Herrn Landrat Danner zu veranlassen, Schüler, Spieler und Eltern über C-Infektionen in Schule und Verein sofort zu informieren. Leider war das in der Vergangenheit nicht der Fall und wird auch künftig nicht der Fall sein. Bitte helfen Sie uns.“
Das Regierungspräsidium bestätigt auf SÜDKURIER-Nachfrage den Erhalt der Beschwerde und hat nun eine Stellungnahme des Landratsamtes erbeten. Und Zeno Danner? Der sagt zu den Vorwürfen: „In meiner Position lässt sich so etwas nicht verhindern.“ Fortsetzung folgt.