Die Energiewende ist ein großes Projekt. Ein Projekt, dem sich auch der Landkreis Konstanz verschrieben hat. Bis 2045 müssen zwei Prozent der Fläche des Regionalverbandes (Hochrhein/Bodensee) exklusiv für Freiflächen-Photovoltaikanlagen und für Windenergieanlagen ausgewiesen werden – so will es das Land Baden-Württemberg. Das selbstgesteckte Ziel des Landkreiseseine klimaneutrale Kreisverwaltung bis 2040. Aber mit welchen Mitteln kann das gelingen?

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Eine Idee, wie der Landkreis in Sachen Energiewende einen Schritt weiterkommen könnte, hat Georg Geiger von der FDP. Er schlägt in einer Sitzung des Technik und Umweltausschusses des Konstanzer Kreistages vor: Der geplante Röhrenbergtunnel bei Allensbach sei doch eine „prädestinierte Fläche“ für Photovoltaikanlagen (PV). „Wir wollen auf den fertigen Deckel einen Solarpark draufsetzen“, sagt er. Auf dem 970 Meter langen und 21,70 Meter breiten Tunnel könnte man seiner Ansicht nach prima PV-Anlagen legen, die einen Beitrag zu Energiewende leisten könnten. Die Trassenführung der B33 neu solle dabei überhaupt nicht angetastet werden.

Die Vorbereitungen für den Tunnel Röhrenberg bei Allensbach sind im vollen Gange.
Die Vorbereitungen für den Tunnel Röhrenberg bei Allensbach sind im vollen Gange. | Bild: Oliver Hanser

Wäre das wirklich möglich? Die Frage stellt der SÜDKURIER dem Regierungspräsidium (RP) in Freiburg, Bauherrin des Projekts. Ja, tatsächlich liegt das im Bereich des Möglichen. „Derzeit läuft im Auftrag des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg eine Potenzialanalyse zur PV-Anlagenbelegung am Röhrenbergtunnel. Die Ergebnisse liegen noch nicht vor. Bei einem positiven Ergebnis dieser Analyse beginnt im Anschluss die Entwurfsplanung für die Anlage“, schreibt Heike Spannagel, Pressesprecherin des RP.

Die Chancen, dass auf dem Röhrenbergtunnel irgendwann mal PV-Anlangen installiert werden, stehen also gar nicht so schlecht. Dieses Vorhaben könnte auch ohne einen neuen Bebauungsplan umgesetzt werden, „da sich die vorgesehenen Flächen im Eigentum des Bundes befinden“, erklärt Spannagel. Die Installation von PV-Anlagen würden auch den Ausbau des Tunnels nicht verzögern. Der Grund: Erst nach Abschluss des Tunnelbaus würden die Bauarbeiter die Module anbringen.

Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Freiburg sagt, dass aktuell schon geprüft werde, ob sich die Fläche über dem ...
Heike Spannagel, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Freiburg sagt, dass aktuell schon geprüft werde, ob sich die Fläche über dem Röhrenbergtunnel für PV-Anlagen eignen würde. | Bild: Jörg-Peter Rau

Eignet sich auch der Tunnel Waldsiedlung?

Und was ist mit dem Tunnel Waldsiedlung? Eignet sich dieser auch für PV-Anlagen? Nein, tut er nicht. Das sagen sowohl Heike Spannagel als auch Bauamtsleiter Thomas Buser vom Landratsamt Konstanz. Denn dort steht der Naturschutz im Vordergrund. „Aufgrund der durch den Tunnelbau erfolgten Wiedervernetzung der beiden Naturschutzgebiete (Wollmatinger Ried und Bodanrück/westlicher Bodensee) wird eine vollflächige PV-Anlage oberhalb des Waldsiedlungstunnels nicht möglich sein“, argumentiert die Pressesprecherin.

Bauamtsleiter Thomas Buser vom Landratsamt Konstanz findet die Idee gut, auf dem Röhrenbergtunnel PV-Anlagen zu bauen.
Bauamtsleiter Thomas Buser vom Landratsamt Konstanz findet die Idee gut, auf dem Röhrenbergtunnel PV-Anlagen zu bauen. | Bild: Zoch, Thomas

Thomas Buser weiß: Der Naturschutz lässt eine Bebauung mit PV-Anlagen nicht zu. Eine Prüfung der Fläche über dem Tunnel Waldsiedlung sei 2022 durch Fachbehörden erfolgt. Das Ergebnis sei eindeutig gewesen. „Die Fläche kommt für eine Freiflächen-PV-Nutzung nicht in Betracht, da sowohl naturschutzrechtliche Belange als auch Belange der Flurbereinigung entgegenstehen“, erklärt er. Einmal weil, wie schon RP-Sprecherin Spannagel sagt, die Tunneldecke das Wollmatinger Ried und den Bodanrück verbindet. Zum anderen, weil die Fläche als „mager Flachlandmähwiese und zentrale Ausgleichsmaßnahme verbindlich festgelegt wurde“.

Auf der Decke des Tunnels Waldsiedlung ist eine PV-Anlage vor allem aus Naturschutzgründen nicht möglich.
Auf der Decke des Tunnels Waldsiedlung ist eine PV-Anlage vor allem aus Naturschutzgründen nicht möglich. | Bild: Gerhard Plessing

Erschwerend komme hinzu, dass die Flächen im Bereich des Tunnels Privateigentum sind. Weder Bund, Land, Kreis noch Gemeinde gehört das Stückchen Land. Das wurde im rechtsverbindlichen Planfeststellungsbeschluss und der Flurbereinigung, einer behördlicher Maßnahme zur Neuordnung von ländlichem Grundbesitz, festgelegt. Das heißt: Der Straßenbaulastträger (das Land beziehungsweise der Bund) hat gar keine Rechtsgrundlage, um die Flächen dort nachträglich zu einem anderen Zweck zu nutzen.

Landratsamt will mit dem RP reden

Beim Röhrenbergtunnel treffen diese Argumente aber nicht zu. Das sagen sowohl RP als auch Landratsamt. „Aus naturschutzrechtlicher Sicht stellt sich die Situation auf dem Röhrenbergtunnel anders dar. Die Fläche ist zwar als mageres Grünland festgesetzt, hat jedoch keine zentrale Bedeutung“, sagt Buser. Im Klartext: Die Fläche für andere Zwecke zu nutzen, sollte eigentlich kein Problem darstellen. Ob es aufgrund von erfolgten Flurbereinigungen zu rechtlichen Hürden komme, ist unklar. Denn es müsse noch geklärt werden, wer der Besitzer ist.

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Aber: Aus Sicht des Landratsamtes steht dieser Idee eigentlich nichts im Wege. Im Gegenteil: „Das Landratsamt unterstützt die Kommunen bei der Ausweisung von Flächen für die Errichtung und den Betrieb von Freiflächen-PV-Anlagen sehr intensiv“, sagt Buser. Deshalb werde das Landratsamt auch mit dem RP Freiburg über diese Idee reden. Es ist also nicht so unwahrscheinlich, dass aus der Idee in ein paar Jahren Realität wird.