In Singen ist die Realschule der Favorit bei der Wahl der weiterführenden Schule, in Konstanz wird diese Schulart von nicht einmal mehr 10 Prozent ausgesucht. Dort dominieren das Gymnasium und die Gemeinschaftsschule. Fürs neue Schuljahr gibt es im Kreis Konstanz große Unterschiede bei der Schulwahl.

Klar ist: Die Stadt Konstanz nimmt im Landkreis eine Sonderrolle ein. Hier sind die Gymnasien die beliebteste Schulart (52,46 Prozent). Für Frank Schädler, Leiter des städtischen Amtes für Bildung und Sport in Konstanz, ist klar: „Die Kinder in Konstanz sind nicht klüger. Sie wählen nur einen anderen Einstieg.“

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In Universitätsstädten sei der Zug zum Gymnasium traditionell hoch. Schädler vermutet, dass Eltern mit Hochschulbildung diese auch für ihre Kinder wünschten, und deshalb oft Gymnasien als weiterführende Schule aussuchten.

Alle Schularten sollen in Konstanz erhalten bleiben

Auch die Gemeinschaftsschule, auf der Schüler alle Abschlüsse erreichen können, wird in Konstanz mit einem Anteil von 36,92 Prozent gut gewählt. In Konstanz ersetzt sie zunehmend die Werkrealschule und die Realschule, die auf 8,77 Prozent kommt. Im Konstanzer Bildungsausschuss kam der grüne Stadtrat Till Seiler zu dem Schluss, dass sich Konstanz auf ein zweigliedriges Schulsystem zubewege.

Frank Schädler sieht das nicht so. „Hier in Konstanz haben wir das komplette Angebot an Schulen.“ Nicht nur die Schulart spiele eine Rolle, sondern auch, wie eine Schule von den Eltern wahrgenommen werde. Und da wiederum spielt die Konstanzer Gemeinschaftsschule eine besondere Rolle.

Große Unterschiede bei der Realschule

Die Rektorin Elke Großkreutz hatte diese neue Schulform als Leuchtturmprojekt entwickelt. Und nachdem die Stadt vergeblich bei anderen Schulen darum warb, zur Gemeinschaftsschule zu werden, wirkte sie auch bei der Gründung der zweiten Schule dieser Art in Konstanz mit. Diese startet nun mit zwei Zügen. Sie kommt in das Gebäude, in dem die Theodor-Heuss-Realschule ausläuft.

Während in Konstanz eine Realschule wegen schlechter Anmeldezahlen schließt, kommt diese Schulart an anderen Orten zur Blüte. Hegne hat gerade mehr Raum für seine Realschule geschaffen. In Singen ist die Realschule mit 36,8 Prozent sogar der Favorit bei der Schulwahl. Sie liegt knapp vor dem Gymnasium.

Bei G8 fehlen vielen die Freiheiten

In Radolfzell hat das Gymnasium mit 42,5 Prozent die Nase vorn, die Realschule hat aber mit 35,5 Prozent einen großen Anteil. Die Singener Sozialbürgermeisterin Ute Seifried sagt für die Realschulen ihrer Stadt: Sie machten gute pädagogische Arbeit. „Das wird von den Familien in Singen wahrgenommen.“

Sie geht davon aus, dass die Verkürzung der Schulzeit auf acht Jahre bis zum Abitur (G8) eine Rolle bei der Schulwahl spielt. „Das G8 bedeutet einen stark verdichteten Stundenplan, der wenig Raum für andere Aktivitäten lässt.“ Sie denke da etwa an Sport oder Musik im Verein. „Das ist vielen Kindern und ihren Eltern aber auch wichtig.“ Viele Realschüler wechselten nach ihrem Abschluss auf die beruflichen Gymnasien.

Gewerbe hat Einfluss auf Schulwahl

Für die städtische Sprecherin Nicole Rabanser hat die Schulwahl in Radolfzell auch mit dem Gewerbe vor Ort zu tun. „Es bestehen gute Ausbildungschancen im produzierenden Gewerbe, daher werden Schulen mit einem entsprechen Profil für eine Berufsorientierung – wie es an der Werkrealschule und der Realschule der Fall ist – gern gewählt“, sagt sie.

Sie sagt aber auch: „Rund 80 Prozent der Schüler gehen anschließend auf weiterführende Schulen/Gymnasien.“ Es lasse sich feststellen: In Baden-Württemberg führten viele Wege zum Bildungsabschluss.

Keine Vorteile bei der Finanzierung

Die Gemeinschaftsschulen in Singen und Radolfzell kommen auf jeweils 15,6 Prozent. Sie spielen dort eine Rolle, aber eine nicht so starke wie in Konstanz. Bei den Schulplanern heißt es von allen drei Städten, bei der Gemeinschaftsschule sei kein Vorteil bei der Finanzierung zu verzeichnen: „Ich sehe nicht, dass wir mit den Gemeinschaftsschulen sparen können. Wenn wir mehr Kinder haben, müssen wir auch eine Gemeinschaftsschule ausbauen“, sagt Ute Seifried.

Und weiter: „Es ist vielleicht etwas einfacher, zu planen, weil es natürlich manchmal stärkere Tendenzen zu einer Schule gibt.“ Grundsätzlich komme aber nicht jedes Kind mit den Lernformen in der Gemeinschaftsschule zurecht. Deshalb sei es wichtig, ein differenziertes Angebot zu haben.

Werkrealschule nur noch mit kleinem Anteil

Auch Nicole Rabanser von der Stadt Radolfzell, betont: Die Stadt setze im Bildungsbereich auf ein breit gefächertes Angebot. „Die Frage, ob man aus finanziellen Gründen besser alle Bildungsangebote auf Gemeinschaftsschule umstellt, war bisher kein Thema und ist daher auch nicht berechnet worden.“ Auch die Gemeinschaftsschule benötige Räume und Ausstattung, um den Bildungsplan erfüllen zu können.

Die Übergangsquoten

Bei den Werten für die Werkrealschule zeigt sich eine deutliche Tendenz im gesamten Landkreis. Sie hat nur noch einen kleinen Anteil bei den weiterführenden Schulen.