Die Höri ist eher als ein touristischer Magnet und für den Anbau von Obst und Gemüse bekannt als für das britische Nationalgetränk Gin. Doch das könnte sich mit Ralf Wiedemann ändern. Denn in Weiler bei Moos destilliert er in seiner eigenen Brennerei aus Wacholderbeeren und mit bis zu 30 Kräutern und Früchten – den sogenannten Botanicals – den „ersten Gin von der Höri“, wie er sagt. Genau genommen, brennt Ralf Wiedemann sogar Gins mit vier verschiedenen Aromen. Aber wie genau entsteht dieser genau?
Der Traum von der eigenen Brennerei
Ralf Wiedemann ist kein Unbekannter unter den Spirituosen-Brennern. Für das 750-Jahr-Jubiläum der Stadt Radolfzell destillierte er 750 Liter Kirschwasser in der stadteigenen Brennerei. Und auch für die Radolfzeller Heimattage vor zwei Jahren brannte Ralf Wiedemann sechs verschiedene Obstbrände und Kräuterschnäpse – repräsentativ für jeden Radolfzeller Stadtteil einen. Für die Radolfzeller Kernstadt brannte er eigens ein Kirschwasser.
Die sieben verschiedenen Spirituosen wurden in kleine Fläschchen abgefüllt und in einem Holzgestell angeboten. Vor zwei Jahren wagte sich der Weiler in seiner eigenen Brennerei an seinen ersten Gin heran.
Schon als Kind sah er beim Mosten zu
Ralf Wiedemann hat seit 20 Jahren Erfahrung im Brennen hochprozentiger Spirituosen und in der Herstellung von Likören. Sein Großvater führte einen Landwirtschaftsbetrieb mit Feldern und Obstbäumen. Bereits als Kind habe es ihm Spaß gemacht, das Obst aufzulesen und beim Mosten zuzusehen. Bei einem guten Freund durfte er vor 20 Jahren als sogenannter Stoffbesitzer zum ersten Mal in dessen Brennerei einen Schnaps brennen.
Da das Brennen von Obstschnäpsen abhängig von der Jahreszeit sei, wurden die Termine für die Mitbenutzung der Destillerie häufig knapp, erinnerte sich Ralf Wiedemann. Der Weiler erfüllte sich deshalb seinen Traum von einer eigenen Brennerei und erwarb sich eine Anlage für die Destillation.
Nicht jeder darf eine Brennerei betreiben
Doch für den Betrieb einer eigenen Brennerei gebe es viele staatliche Voraussetzungen, erklärt der Weiler. Man benötige eigene oder in Pacht angemietete und mindestens drei Hektar große Felder, Waldstücke oder Wiesen. Und die Brennerei dürfe nur in einem Gebäude im eigenen Besitz aufgebaut werden. Vor drei Jahren baute er dafür eigens am Haus einen kleinen Raum für die Brennerei an.
Pro Jahr darf Ralf Wiedemann höchstens 300 Liter hochprozentigen Alkohol brennen. Zusätzlich darf er Spirituosen und Liköre mit vorab versteuertem Neutralalkohol herstellen. Wenn Ralf Wiedemann die Brennerei in Betrieb nehmen möchte, so muss er dies fünf Werktage zuvor beim Hauptzollamt in Stuttgart anmelden – mit der Angabe der Uhrzeit, der Sorte und der Menge an Gebranntem. Für einen Höri-Gin bekommt er dann eine Zeitvorgabe von vier Stunden genehmigt.
Wie wird Gin gebrannt?
Die Destillier-Anlage wiegt rund 800 Kilogramm und ruht auf einem Sockel aus Beton. Unterhalb der kupfernen Brennblase befindet sich ein Wasserbad, die über eine Feuerstelle mit Holz beheizt wird. Oberhalb der Brennblase ist die Destillationskolonne montiert. Ein Rührwerk schützt vor einem Anbrennen der Maische.
Nach etwa eineinhalb Stunden trennte Ralf Wiedemann den Vor- und Nachlauf vom Mittellauf – dem „guten Schnaps“, wie Wiedemann es nennt – ab. Die Kunst beim Gin-Brennen bestehe darin, die drei Läufe sauber voneinander abzutrennen, erklärt der 42-Jährige. Dabei würde ihm die jahrelange Erfahrung helfen.
Der für das Gin-Brennen verwendete Neutralalkohol ist ohne Geschmack, erklärt Wiedemann. Erst beim Brennen mit den Beeren und den Botanicals bekomme der Gin seinen urtypischen Geschmack und Duft. Beim Brennen nehme dann der Alkohol die Aromen der Wacholderbeeren und der Kräuter auf. Seinen Gin würzt Wiedemann je nach Sorte unter anderem mit Koriander und Enzian, mit Rosmarin, Ingwer und Muskat, aber auch mit schwarzer Johannisbeere, Weihrauch und mit Minzen und Blüten.
Beim Badischen Kleinbrenner-Verband bewerten bei einer Prämierung sieben Kommissionen mit je fünf Personen rund 3000 verschiedene Brände nach ihrer Qualität. Im vergangenen Jahr stellte sich Wiedemann erstmals mit eigenen Bränden der Bewertung und erhielt drei Goldmedaillen je für einen Bierbrand und im Eichenfass gereiften Kräuter- und Zwetschgenbrand. Sein Gin „Sommerfrüchte“ erhielt auf Anhieb die Silbermedaille. Insgesamt erhielt er zwölf Medaillen vom Verband.