Es war eine intensive, kurze und tödliche Beziehung: Am Fasnachtsfreitag im Februar 2017 tötete ein 42-jähriger Mann seine 26 Jahre alte Verlobte in der gemeinsamen Wohnung in Mühlingen. Sie kannten sich erst ein halbes Jahr, doch Streitigkeiten sorgten immer wieder für Stress in der Beziehung. Dieser eskalierte wenige Wochen nach dem Kennenlernen und der Verlobung. Später wird der Mann wegen Totschlags in einem minderschweren Fall verurteilt, wie der SÜDKURIER berichtete. Wie konnte das passieren?
Das sollte vor dem Landgericht Konstanz im August 2017 geklärt werden. Die Anklage war klar: Im Schlafzimmer griff der Mann während einer Auseinandersetzung zu einem Kissen und drückte es seiner Partnerin auf das Gesicht. Danach würgte er sie. Vor Gericht sagte sein Verteidiger, der Angeklagte habe gewollt, dass die Frau nicht mehr streite und schreie – aber nicht, dass sie sterbe.
Sie kannten sich ein halbes Jahr
Das Paar lernte sich im Dezember 2016 in Stuttgart kennen. Ende des Jahres zieht die 26-Jährige bereits in das Haus ihres Freundes nach Mühlingen. Weil sie oft eifersüchtig ist, gibt es viele Streitigkeiten zwischen den beiden. Dennoch folgt schnell die Verlobung, nämlich Anfang 2017. Die Eifersucht der Frau wird jedoch stärker – sie wird aggressiver und der Mann zieht sich zunehmend von seinen Freunden zurück.
Nach nicht einmal einem halben Jahr Beziehung eskalierte dann ein erneuter Streit, der zum Tod der 26-Jährigen führte. Der 42-Jährige bringt die Leiche in den Wald bei Litzelstetten. Er lässt sein Auto in Konstanz stehen und kommt gegen 22 Uhr mit einem Taxi in Stockach an. Mit einem zweiten Auto fährt er in Richtung Stuttgart.
Auf dem A8-Rastplatz Gruibingen nimmt die Polizei den 42-Jährigen nur einen Tag später fest. Der Mann gesteht später die Tat und führte die Polizei zur Leiche im Wald.
Vier Verhandlungstage im August 2017
Ein halbes Jahr später musste sich der Angeklagte wegen Totschlags verantworten. Vor Gericht wurde während der vier Verhandlungstage im August 2017 ein Bild der Beziehung gezeichnet, das tragisch war. Für beide sei es die große Liebe gewesen, trotz Schwierigkeiten hätten sie nicht voneinander lassen können. Von fast krankhafter Eifersucht der Getöteten war die Rede. Doch eine Ex-Freundin des Angeklagten thematisierte auch Drogenkonsum und sprach von Eifersucht bei ihm.
Ein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ordnete in seinem Gutachten die Persönlichkeiten des 42-Jährigen und der getöteten 26-Jährigen ein. Der Mann habe „eine tiefgründige Bewusstseinsstörung“, was die Zeit der Tat und die darauffolgenden 24 Stunden anging. Das Wegbringen der Leiche ordnete er so ein, dass der Angeklagte es nicht ertragen habe, den geliebten Menschen in der Wohnung zu lassen. „Ich gehe von einer erheblichen Beeinträchtigung der Steuerungsfähigkeit aus“, so der Gutachter im August 2017.
Die krankhafte Eifersucht der 26-Jährigen ordneten Experten vor Gericht als Persönlichkeitsstörung ein. Laut dem Gerichtsgutachter sei der 42-Jährige mit der psychischen Störung seiner Freundin überfordert gewesen. Ob bei ihr tatsächlich eine Boderline-Störung vorliege, sei nicht gesichert, weil es keine Behandlung gegeben habe.
„Der nun verurteilte 42-Jährige, ein naiver und in seiner Entwicklung stehen gebliebener Mann, sei an eine Frau geraten, die eine deutliche Persönlichkeitsstörung gehabt habe“, fasste die damalige Berichterstattung zusammen.
Verteidiger und Nebenklage forderten unterschiedliches Strafmaß
Als Nebenkläger traten Mutter, Vater und Schwester der Getöteten auf. Die Anwälte waren sich laut unserer Berichterstattung fast einig, was die Forderung des Strafmaßes betraf. Zwei Anwälte forderten zwölf Jahre, der dritte allgemein mehr als zehn Jahre. Es sei „ein klarer Totschlag mit Vorsatz“, sagte der Anwalt des Vaters vor Gericht.
Der Staatsanwalt sprach in seinem Plädoyer von „einer schrecklichen Tragödie, die in ein Verbrechen mündete“. Das Plädoyer des Verteidigers dauert eine Stunde, so die damalige SÜDKURIER-Berichterstattung. Nach dem Dauerstreiten habe der Angeklagte irgendwann die Beherrschung verloren. Den Tatbestand des Totschlags sah der Verteidiger nicht als gegeben an. Der Anwalt betonte beispielsweise die Kooperation des Angeklagten nach der Festnahme. Er forderte maximal dreieinhalb Jahre Haft.
Das Urteil ist erst spät rechtskräftig
Schließlich wurde am 16. August 2017 das Urteil gesprochen. Sechs Jahre und sechs Monate Haft wegen Totschlags in einem minderschweren Fall mit bedingtem Vorsatz. Der Verteidiger und ein Anwalt der Nebenklage reichten Anträge auf Revision ein, doch diese wurden später abgewiesen. Das Urteil war im Februar 2018 rechtskräftig. Der Mann, der seine Verlobte tötete, saß da schon seit einem Jahr in Untersuchungshaft und wurde dann in den normalen Strafvollzug überführt.
Der Fall sorgte bundesweit für Schlagzeilen. In seiner Urteilsbegründung übte der Richter auch deutliche Kritik an einem Privatfernsehsender – in Anwesenheit der verantwortlichen Redakteurin. Der Bericht des Senders über den Prozess sei reißerisch gewesen, habe mit Objektivität und Fakten wenig zu tun gehabt und einzig auf hohe Einschaltquoten abgezielt.