Es gab zwei Nachrichten an einem Tag, die in Volkertshausen für Aufsehen gesorgt haben. Erst will eine Bürgerinitiative den Zusammenschluss mit weiteren Hegau-Gemeinden vorantreiben, dann gibt es mit Alt-Bürgermeister Alfred Mutter direkt einen Bewerber für die Bürgermeisterwahl, der diese Idee umsetzen will. Doch etwas mehr als fünf Wochen vor der Wahl am Sonntag, 19. Oktober, wird klar: Die Idee zum Zusammenschluss beschäftigt die Bürger schon länger und nicht alle wollen sie mit Alfred Mutter umsetzen. Die Initiative sieht in jedem Fall viele Vorteile für die Menschen im Hegau – bis zum eigenen Autokennzeichen.
Hinter der Initiative stehen die ehemaligen Gemeinderäte Rainer Kenzler (CDU) und Reinhard Veit (SPD) sowie Bürger Erhard Fengler. Doch im Gespräch mit dem SÜDKURIER machen sie deutlich: „Wir sind kein Bürgermeister-Wahl-Club.“ Denn laut Mitinitiator Veit hätte es die Bürgerinitiative auch ohne anstehende Bürgermeisterwahl am Sonntag, 19. Oktober, gegeben. Dass sie jetzt so schnell mit ihren Fusions-Plänen an die Öffentlichkeit gehen, hängt auch mit der Bürgermeisterwahl zusammen. Nachdem Marcus Röwer nach Singen gewechselt ist, trieb die Initiatoren die Sorge um, dass sich kein geeigneter Kandidat für die Nachfolge findet.
Eine große Hegau-Gemeinde statt viele kleinere
„Wir wollen eine starke Gemeinschaft, in der jeder Ort seine eigene Identität behält – und wir alle gemeinsam gewinnen“, sagt Rainer Kenzler. Die Idee sei, die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Nachbargemeinden im mittleren Hegau zu intensivieren. Unter anderem fallen die Namen Steißlingen, Aach, Mühlhausen-Ehingen und Orsingen-Nenzingen.
Die Vision eines Zusammenschlusses sei von verschiedenen Menschen innerhalb und außerhalb der Gemeinde an die Gründer der Initiative herangetragen worden. Sie seien überzeugt, dass das die Zukunft für die Gemeinden sei, so Kenzler weiter.
„Der SÜDKURIER hat uns mit seinen Recherchen zum Weggang von Marcus Röwer nach Singen überrascht. Jetzt ist es an der Zeit, zu handeln und in die Zukunft zu denken.“ Aber Kenzler macht auch klar: Der Zeitplan wirke sportlich, aber man wolle niemanden damit überfallen. „Wir wollen auf gar keinen Fall ein Dorf spalten.“
Befürworter sehen finanzielle Vorteile
Den größten Vorteil, den ein Zusammenschluss mehrerer Hegau-Gemeinden mit sich bringen würde, sehen Kenzler, Veit und Fengler in einer starken und gemeinschaftlichen Verwaltung. „Alle Rathäuser und Bürgerbüros sollen erhalten bleiben. Die Aufgaben der Verwaltung sollen zentral gebündelt werden“, so Kenzler. Dadurch würden doppelte Strukturen abgebaut und Kosten gespart. Nach der Fusion solle es nur einen Haushalt geben.
Die Initiative verspricht sich zudem mehr sogenannte Schlüsselzuweisungen vom Land. Darunter versteht man zweckfreie Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich, die das Land steuer- oder umlageschwachen Gemeinden zur Stärkung ihrer Finanzkraft auszahlt, um finanzielle Unterschiede auszugleichen. Und: „Außerdem spart man sofort ein Bürgermeistergehalt“, sagen die Initiatoren.
Alle Gemeinden, die in Frage kommen würden, seien noch gesund. Man wolle deshalb nicht abwarten, bis es aus der finanziellen Not zu erzwungenen Eingemeindungen komme.
Der Traum: ein eigenes Kennzeichen für den Hegau
Laut den Initiatoren Kenzler, Veit und Fengler würden ihre Vorschläge in Volkertshausen gut ankommen – zum größten Teil, wie sie selbst schildern. Aber es gebe auch skeptische Stimmen. Vor allem aus Aach, wie der SÜDKURIER kürzlich berichtete.
„Jedes Dorf soll seine eigene Identität behalten“, so Kenzler. So solle jede Gemeinde ihren Ortsnamen behalten – mit dem Zusatz Gemeinde Hegau darunter. Die Initiative stellt sich auch ein eigenes Kennzeichen vor. Volkertshausener könnten bald mit dem Kennzeichen HEG VH und Wunschzahlen unterwegs sein, andere Orte könnten mit dem Unterscheidungszeichen HEG eigene Dinge kreieren wie HEG ON für Orsingen-Nenzingen.
Es könnte künftig ein gemeinsames Gemeindeblatt geben, längere Öffnungszeiten in den Bürgerbüros, bessere Bus- und Radwege, mehr Auswahl an Sport- und Proberäumen und einen gemeinsamen Veranstaltungskalender. „Viele Vereine machen uns eine Zusammenarbeit vor“, so Kenzler. Und: „Die Chance, Bürgermeister einer größeren Gemeinde zu werden, verhindert möglicherweise das Abwandern in eine attraktivere Position außerhalb der Gemeinde.“
Gründer sind sich bei Alfred Mutter nicht einig
Obwohl sie ein gemeinsamen Ziel einer Hegauer Großgemeinde zwischen Singen und Engen verfolgen, sind sich die Gründer der Bürgerinitiative nicht in allen Punkten einig. Vor allem zu Bürgermeister-Kandidat Alfred Mutter, der aus seinem Ruhestand zurück ins Rathaus will, gehen die Meinungen auseinander. Während Rainer Kenzler in Mutter einen starken Partner für das Erreichen des Zieles sieht, hätte sich Bernhard Veit einen jüngeren Kandidaten gewünscht.
„Ein Bürgermeister, der mehrere Gemeinden zusammenführen soll, muss mitten im Leben stehen“, so Veit. Zudem hege er große Zweifel, dass Alfred Mutter einen Zusammenschluss in zwei Jahren schaffen werde. Mutter hatte gegenüber dem SÜDKURIER angekündigt, seine Amtszeit im Fall einer Wahl auf zwei Jahre zu begrenzen. Wenn der Zusammenschluss funktioniere, werde er nicht mehr als Bürgermeister gebraucht. Wenn es nicht funktioniere, werde er zurücktreten und den Weg für eine Neuwahl freimachen.