Die Idee entstand bereits in den 1960ern, doch konkret wurde es erst in den 70ern: Nenzingen sollte ein neues Rathaus am Standort des alten bekommen. Eigentlich war zuerst ein Umbau geplant, doch: „Der eingeholte Kostenvoraanschlag zwang aber dazu, den Gedanken eines Neubaus aufzugreifen“, schrieb Heinrich Rehm, der 1977 das Bundesverdienstkreuz bekam, im Buch „Nenzingen – Geschichte und Geschichten“.

Die ersten konkreten Pläne scheiterten 1970/71 am Landesdenkmalamt, da das vorherige Rathaus ein historisches Gebäude war. Anschließend bremste die Gemeindereform den Neubau. Doch beim Zusammenschluss von Orsingen und Nenzingen zum 1. Januar 1975 „wurde vereinbart, in Nenzingen ein neues Verwaltungsgebäude zu errichten“, so das Buch.

Selbe Kurve, etwas andere Stelle. So sieht es beim heutigen Nenzinger Rathaus aus. Das Gebäude ist weiter rechts als früher.
Selbe Kurve, etwas andere Stelle. So sieht es beim heutigen Nenzinger Rathaus aus. Das Gebäude ist weiter rechts als früher. | Bild: Löffler, Ramona

Orsingen-Nenzingen erhielt schließlich am 16. Juli 1976 die Genehmigung zum Abbruch des alten Rathauses sowie für einen Neubau. „Im gleichen Jahr fiel das alte Nenzinger Rathaus der Spitzhacke zum Opfer“, beschreibt das Heimatbuch weiter. Die Vorarbeiten für den Neubau begannen kurz darauf.

Auch Gasthaus wurde abgerissen

Das alte Rathaus war das zweite Gebäude, das Platz für den Neubau schaffte. Denn auf dem Areal befand sich bis in die 60er das ehemalige Gasthaus Adler. Die Gemeinde hatte dieses bereits 1964 gekauft. „1965 wurden die Ökonomiegebäude und im November 1970 die Wirtschaft abgebrochen, um Platz für ein neues Rathaus zu schaffen“, fasste Rehm im Buch zusammen.

Das alte Nenzinger Rathaus wurde in den 1970ern abgerissen und neu gebaut.
Das alte Nenzinger Rathaus wurde in den 1970ern abgerissen und neu gebaut. | Bild: SK-Archiv

Der SÜDKURIER schrieb am 14. Juni 1976 in einem Artikel: „Nach dem Willen des Gemeinderats soll der Rohbau des Verwaltungsgebäude noch in diesem Jahr erstellt werden.“ Der planende Architekt war Roland Kamenzin aus Stockach.

Am 11. August 1977 erschien ein Artikel über den Endspurt beim Rathausbau. Zu jener Zeit kursierten unter anderem diese zwei Namen für das neue Gebäude: Blechhütte und Luxus-Holzschopf, da in der Dachkonstruktion viel Kupferblech verarbeitet war und auch viel Holz Verwendung gefunden hatte. „Je mehr jetzt gemeckert wird, umso positiver wird das Urteil ausfallen, wenn die Leute das Haus später von innen sehen“, zitierte der Bericht den damaligen Bürgermeister Alfons Fritschi.

Das alte Nenzinger Rathaus wurde in den 1970ern abgerissen und neu gebaut.
Das alte Nenzinger Rathaus wurde in den 1970ern abgerissen und neu gebaut. | Bild: SK-Archiv

Weiter hieß es in dem Artikel: „Der Bürgermeister hofft auch jene, die sich an der eigenwilligen Architektur des Rathauses stören, von der Richtigkeit der seinerzeitigen Entscheidung noch überzeugen zu können.“

Glaswand mit Gemeindewappen

Der Innenausbau lief im August 1976 und der Artikel fasste zusammen, dass im Außenbereich noch ein Brunnen entstehen werde. Zudem sei es kein reiner Verwaltungsbau, da auch die Feuerwehr dort untergebracht werde und es einen Versammlungsraum für die örtlichen Vereine gebe. In der Glaswand an der Treppe befinden sich auch heute noch die beiden früheren sowie das aktuelle Gemeindewappen. Die Doppelgemeinde hatte das neue Wappen, das sich aus Bestandteilen der beiden vorherigen von Orsingen und Nenzingen zusammensetzte, im Jahr 1976 bekommen.

So sah das Rathaus Nenzingen 1977 kurz vor seiner Fertigstellung aus. Bild: SK-Archiv
So sah das Rathaus Nenzingen 1977 kurz vor seiner Fertigstellung aus. Bild: SK-Archiv | Bild: SK-Archiv
So sieht das Rathaus Nenzingen heute aus.
So sieht das Rathaus Nenzingen heute aus. | Bild: Löffler, Ramona

Damals zeichnete sich ab, dass die Baukosten überschritten würden, wenn auch „nur unwesentlich“. Fritschi rechnete laut dem Artikel mit einem Gesamtbetrag von 1,1 Millionen D-Mark für den Bau und die Außenanlagen.

1978 war alles fertig

Die Einweihung des neuen Rathauses fand am 8. April 1978 statt. Der geistliche Rat Hunn, der evangelische Stockacher Stadtpfarrer Ueltzhöffer und Pfarrer Müller aus Wahlwies segneten das Gebäude. Mit der Eröffnung hätten beide Ortsteile „auf dem Weg zur Einheitsgemeinde einen bedeutenden Abschnitt gemacht. Ist es doch gerade das Rathaus, das Mittelpunkt einer Gemeinde ist und die Bevölkerung verbindet“, hieß es auf einer SÜDKURIER-Sonderseite am 8. April 1978. Der Bau sei das erste gemeinsame Vorhaben der Gemeinde, das umgesetzt worden sei. Gleichzeitig sei aber auch ein lange verfolgter Plan von Nenzingen Wirklichkeit geworden.

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„Der große Sitzungssaal erhält durch die Einbeziehung der Dachkonstruktion eine besondere Note. Die einzige vorhandene feste Wand wurde als Geschenk der örtlichen Verein von Künstler Lothar Rohrer aus Radolfzell ausgemalt“, bemerkte Rehm in seiner Beschreibung des Gebäudes. Rohrers Werke zeigte Ansichten der beiden Ortsteile sowie von Schloss Langenstein, um die Zusammengehörigkeit zu versinnbildlichen. Damals wie heute war und ist im Erdgeschoss aus eine Sparkassenfiliale.