Es ist der Horror einer jeden Frau. Abends alleine am Seeufer von einem fremden Mann angesprochen, verfolgt und dann auch noch bedrängt zu werden. Das soll einer 25-Jährigen im vergangenen Sommer am Konzertsegel passiert sein. Und das Radolfzeller Amtsgericht glaubte den Ausführungen der Geschädigten. Denn der 40 Jahre alte Angeklagte stritt alles ab. Er wurde dennoch wegen sexueller Belästigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er der Frau an die Brüste gefasst hatte.

Wie schwierig die Wahrheitsfindung in derart gelegenen Fällen ist, zeigte sich auch in diesem Sachverhalt. An dem Abend war niemand sonst am Radolfzeller Seeufer, es war ein Sommerabend, einer der verregneten Anfang Juni. Und die Aussagen des Angeklagten und des Opfers unterschieden sich deutlich.

Angeklagter will die Frau nicht berührt haben

Der 40-Jährige, der auf der Höri wohnt, behauptete, er habe die junge Frau lediglich zufällig getroffen und sei ein paar Schritte mit ihr die Karl-Wolf-Straße in derselben Richtung entlanggelaufen. Währenddessen habe er sie angesprochen und gefragt, ob sie sich unterhalten möchte. Dies habe die Frau abgelehnt, das habe er akzeptiert und jeder sei wieder seiner Wege gegangen. Er habe die 25-Jährige nicht belästigt, nicht einmal berührt. Wie es zu dieser Anklage gekommen ist, könne er sich nicht erklären.

Opfer berichtet von einer anderen Begegnung

Ihre Version klingt dabei ganz anders. Detailliert und ohne Belastungseifer, wie es Richterin Ulrike Steiner und die Staatsanwältin betonten, habe sie eine glaubwürdige Aussage getätigt. An einige Dinge, die sie kurz nach der Tat noch bei der Polizei ausgesagt hatte, habe sie sich nicht mehr erinnern können. Dies habe sie aber transparent gemacht.

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Sie sagte vor Gericht aus, sie sei nach der Arbeit zum Konzertsegel gelaufen, um nach ihrem Bruder zu schauen. Dieser habe bei einer Veranstaltung mitgeholfen, es habe stark geregnet an dem Tag, sie wollte ihm trockene Sachen bringen. Nur deswegen sei sie so spät noch an das Konzertsegel gelaufen. Schon in der Bahnhofsunterführung sei ihr der Angeklagte aufgefallen, sie habe sich aber nichts weiter dabei gedacht und habe ihren Weg fortgesetzt.

Frau wird an den Baum gedrängt

Dass er ihr hinterhergelaufen sei, das habe sie erst später bemerkt. Er habe versucht, sie anzusprechen, sie habe darauf allerdings nicht reagiert und auch nicht wirklich verstanden, was er gesagt habe, berichtete sie während ihrer Zeugenaussage. Angekommen am Konzertsegel musste sie feststellen, dass die Veranstaltung längst vorbei war und ihr Bruder nicht mehr dort. Als sie zurück zum Bahnhof gehen wollte, um nach Hause zu fahren, sei der Angeklagte auf sie zugegangen, habe sie gezielt mit beiden Händen an den Brüsten angefasst und sie gegen einen Baum gedrängt.

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Sie habe sich befreien können und sei danach wieder Richtung Bahnhof geeilt. „Ich dachte, er sei hingefallen, nachdem ich ihn weggestoßen hatte“, so ihre Wahrnehmung an dem Abend. Dann habe sie ihre Mutter angerufen, um ihr mitzuteilen, wo sie sei und dass sie jetzt heimkommen werde. Der Angeklagte habe erneut die Verfolgung aufgenommen, aber gewartet, bis sie das Telefon beendet hatte. Dann soll er die 25-Jährige wieder angesprochen haben, packte sie am Arm und versperrte ihr den Weg zum Bahnhof.

25-Jährige ruft die Polizei

Geistesgegenwärtig wählte die junge Frau, noch immer das Handy in der Hand, den Notruf. Sobald der 40-Jährige mitbekommen habe, dass sie die Polizei gerufen hatte, ergriff er die Flucht Richtung Busbahnhof. Dort wurde er später von einer Streife aufgegriffen. Bei der Polizei stellte sich heraus, dass der 40-Jährige stark betrunken war. 2,4 Promille sagte der Atemalkoholtest. Der Mann selbst gab an, er habe sich überhaupt nicht von dem Alkohol, den er an dem Tag getrunken hatte, beeinträchtigt gefühlt.

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Bei der Polizei selbst hatte die junge Frau noch ausgesagt, bei der zweiten Begegnung mit dem Mann, habe dieser sie erneut an die Brust gefasst. Daran konnte sie sich während ihrer Aussage vor Gericht nicht mehr erinnern. Der Verteidiger sprach in seinem Plädoyer eher von einer Nötigung als von einer sexuellen Belästigung.

Gericht sieht sexuelle Belästigung als erwiesen an

Doch davon wollte Richterin Ulrike Steiner nichts wissen. Der Sexualbezug der Tat stehe für das Gericht fest, da der Angeklagte sein Opfer an sekundären Geschlechtsmerkmalen angefasst hatte. Auch die 25-Jährige hatte das Gefühl, der Mann habe gezielt an die Brust gegriffen. Die Alkoholisierung oder Tatsache, dass nur die Aussage des Opfers gegen ihn spreche, würden nicht ausreichen. „Ihre Aussage ist nicht überzeugend“, befand die Richterin. Der Angeklagte wurde zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt. Ebenso muss er die Kosten für das Verfahren tragen.