Die Bodenseeregion und damit auch die Stadt Radolfzell gelten als Zuwanderungsgebiet. Diese allgemeinen Kenntnisse des Statistischen Landes- und Bundesamts lässt die Stadt Radolfzell von Tilman Häusser, einem Statistiker und Planer aus Tübingen, jährlich neu aufbereiten. Für die Stadt seien diese Zahlen zusammengefasst in einer „Bevölkerungsvorausrechnung“ wichtig, um den Bedarf an Plätzen in Kindertageseinrichtungen und Schulen zu planen, so Bürgermeisterin Monika Laule in der Sitzung des Ausschusses für Bildung, Soziales und Sicherheit.

  • Einwohnerzahl: Tilman Häusser, der seinen Controlling-Bericht anhand vieler Grafiken im Bürgersaal vorgestellte, wartete mit einer Überraschung auf. Die Wohnbevölkerung der Stadt Radolfzell habe zwar zwischen 2017 und 2018 um 149 Personen zugenommen. „Die Erwartungswerte der Vorausrechnung wurden aber nicht erreicht“, beschrieb Häusser die Entwicklung. Die Gesamteinwohnerzahl der Stadt betrug zum Stichtag am 31. Dezember 31 142 Einwohner, sie hat damit zum Vorjahr „nur“ um 149 Personen zugenommen. Damit lag diese Zahl unter dem erwarteten Zuwachs, der sich in der Prognose zwischen 244 und 304 Einwohnern mehr bewegt hat.
  • Unter-Dreijährige: Die große Unbekannte für die Statistiker und die Stadt ist die zu erwartende Zahl der unter drei Jahre alten Kinder. Als Hilfsmittel werden zwei Szenarien für die kommenden Jahre errechnet – einer als oberer Grenzbereich, einer als unterer Grenzbereich. Hier liegt die tatsächliche Zahl mit real 852 Kindern in diesem Alter zum Ende des vergangenen Jahres genau zwischen den Szenarien oberer Grenzbereich (867) und unterer (837) Grenzbereich. „In Radolfzell ist kein Schülerrückgang zu erwarten, sondern eher das Gegenteil“, sagte Häusser. Die Stadt Radolfzell brauche mehr Personal für Schulen und Kindertageseinrichtungen.
Bild 1: Gedämpfter Zuzug nach Radolfzell
Bild: Bernhardt, Alexander
  • Wanderungssaldo: Einen genauen Blick warf Statistiker Häusser auf die Wanderungsbewegungen in Radolfzell, sie hätten das positive Ergebnis der Einwohnerentwicklung von 149 Personen ermöglicht. Die Hauptimpulse seien von Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit ausgegangen. Deutsche seien am Positivsaldo mit 46 Personen beteiligt, sie sind aus Konstanz, Allensbach, Gaienhofen, Bodman-Ludwigshafen, Stuttgart, Reichenau, Esslingen am Neckar, und Tuttlingen nach Radolfzell gezogen. Kritisch bewertete der Experte aus Tübingen die Höhe des Wegzugs in der Altersgruppe unter zehn Jahren für die Stadt. „Diese Kinder ziehen ja nicht alleine weg, das sind fast immer Familien.“ Erwähnenswerte Zielorte für diese „Familienwanderungen“ sind nach Angaben von Tilman Häusser Gemeinden und Städte im näheren Umfeld: „Diese Familien ziehen meist in die Nähe nach Engen, Singen, Rielasingen-Worblingen, Moos, Steißlingen, Stockach, Wald, Volkertshausen und Orsingen-Nenzingen.“
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  • Bildungswanderer: Bei den 18- bis 35-Jährigen hat nahezu jede Stadt, die keine Uni hat, ein negatives Saldo. Grund dafür sind nach Aussage von Statistiker Häusser die „Bildungswanderer“. Sie kämen in den seltensten Fällen unmittelbar nach Studium und Ausbildung zurück nach Radolfzell.
  • Zuzugsgewinne in der Stadt: Die Wanderungsgewinne haben sich 2018 auf die Kernstadt-Mitte (plus 91), Kernstadt Süd-West (plus 34), Stahringen (plus 27), Böhringen (plus 24) und Kernstadt Süd-Ost (plus 22) konzentriert. Die Stadterweiterung Nord kommt noch nicht zum Tragen. Dort stehen zwar die Lichtmasten und die Straßenschilder sind festgemacht, aber der Hausbau lässt noch auf sich warten. Markelfingen dürfte erst in der Statistik nach vorne ziehen, wenn das Neubaugebiet „Im Tal“ baureif ist. Bei den innerörtlichen Bewegungen (Umzüge) lag Böhringen (plus 76) an der Spitze. Die Kernstadt Nord-West folgte mit plus 22 Personen und Markelfingen kam auf plus 13.