Brennende Urlaubsorte und Klimawandel – es sind zwei Aspekte aus der jüngeren Vergangenheit, die das Reiseverhalten der Menschen verändern könnten. Aber tun sie das wirklich? Im Gespräch mit Radolfzeller Reiseanbietern zeigt sich, dass das nur zum Teil der Fall ist. Denn während manche unbeeindruckt aufholen, was während der Pandemie nicht möglich war, denken andere an ihren Geldbeutel.
„Es hat schon einen kleineren Rückgang gegeben – aber nur vorübergehend“, schildert Rainer Schey, Geschäftsführer vom Best-Reisecenter die Nachfrage nach Griechenland-Reisen während der verheerenden Brände im Juli. Damals waren Hotels evakuiert worden und Flüge zeitweise abgesagt. Vor allem Rhodos und andere griechische Inseln seien betroffen gewesen. Manche Reisende, die sich zu dem Zeitpunkt bereits im Urlaub auf Rhodos befanden, hätten unbedingt abreisen wollen – selbst wenn sie gar nicht in der Nähe der Brände waren.
Aber: „Der überwiegende Teil ist nicht abgereist“, sagt Schey. Auch habe es in seinem Reisebüro zwar Nachfragen zu bereits gebuchten Griechenland-Reisen gegeben. Aber storniert habe niemand. Und mittlerweile hätten die Brände keine Auswirkungen mehr. Zumindest fast: Gepäck, das bei den Evakuierungen in Griechenland zurückgeblieben war, müsse nun noch nachgeschickt werden.
Brände sorgen nicht für Bedenken
Obwohl die griechischen Behörden laut ADAC am 7. August erneut vor einer in manchen Gebieten sehr hohen Brandgefahr gewarnt hatten, bemerkt auch Matthäus Kögel, Geschäftsführer des Reiseveranstalters Kögel Touristik, kaum Auswirkungen: „Wohl weil unsere Reisen nach Griechenland erst im September und Oktober starten, blieben die Reaktionen unserer Kunden sehr verhalten“, schildert er.
„Die Leute buchen den Urlaub, der ihnen gefällt“
Und wie sieht es bei der Nutzung von Flugzeugen und Kreuzfahrtschiffen aus? Nimmt die mit Blick auf CO2-Emissionen ab? Denn Reisen gelten schnell als Umweltsünde: Wie das Umweltbundesamt berichtet, belasten Flugzeuge nicht nur durch den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid die Umwelt, sondern auch durch bei der Verbrennung von Kerosin entstehende Substanzen wie Stickoxide, Aerosole und Wasserdampf. Diese würden zur Erwärmung der Erdatmosphäre beitragen.
Laut Rainer Schey kommt es durchaus vor, dass Kunden deshalb auf Flüge verzichten. „Aber die Zahl ist eher gering.“ Gleich sehe es bei Kreuzfahrten aus. „Die Leute buchen den Urlaub, der ihnen gefällt“, erklärt Schey. Und auch Matthäus Kögel stellt keine Zurückhaltung der Kunden bei Flugreisen fest.
Allerdings hat die Reisebranche in der Vergangenheit laut Rainer Schey auch Maßnahmen getroffen, um die Kohlenstoffdioxid-Emissionen wenigstens zu reduzieren. Zum Beispiel werde auf stromlinienförmigere Schiffsrümpfe geachtet, damit weniger Energie zum Antrieb benötigt wird. Auch beim Kraftstoff können Reiseunternehmen etwas ändern: Der Naturschutzbund (Nabu) berichtet in seinem Kreuzfahrt-Ranking, dass insbesondere synthetisches Methanol eine Möglichkeit zum klimaneutralen Betrieb biete. Zwei große Reise-Anbieter hätten Schiffe mit diesem Antrieb bestellt. Jedoch betont der Nabu auch, dass trotzdem die Emissionen in der Kreuzfahrtbranche insgesamt weiter ansteigt.
CO2-Kompensation wird genutzt
Wer auf das Fliegen nicht verzichten und sein Gewissen dennoch etwas beruhigen will, der hat mittlerweile zum Teil die Möglichkeit, sogenannte CO2-Kompensationen zu leisten. Dabei können Kunden bei der Buchung gegen einen Aufpreis Klimaschutzprojekte unterstützen. Matthäus Kögel bietet diese Option schon länger an und sei damit einer der ersten Reiseveranstalter in der Region gewesen. Mittlerweile nutze ungefähr die Hälfte seiner Kunden die Kompensation. Und bei Busreisen sei diese immer eingerechnet.
Hohe Preise haben Auswirkungen
Was die Reisepläne der Radolfzeller wirklich beeinflusst, sind laut Rainer Schey die gestiegenen Preise. Laut dem Statistischen Bundesamt waren zum Beispiel die Preise für internationale Flüge im ersten Halbjahr dieses Jahres gegenüber dem Vorjahreshalbjahr um fast 25 Prozent gestiegen. „Wer jetzt bucht, das sind Leute, die Geld haben“, erzählt Schey. „Ein Großteil der Durchschnittsbevölkerung reist nicht mehr.“ Davon sei nicht nur sein Unternehmen betroffen.
Dadurch komme es zu weniger Buchungen, allerdings zu höheren Preisen - und häufig auch zu längeren Urlauben, so Schey. Wer sich das Reisen leisten könne und in der Corona-Zeit darauf habe verzichten müssen, der nehme sich jetzt extra viel Zeit. Unabhängig davon, ob es in Griechenland brennt oder die persönliche Klimabilanz trübt.