Alle, die zu Hause die Räume reinigen, kennen diese Frage aus eigener Erfahrung: Wo kommt nur all der Schmutz immer her? Diese Frage könnte man sich auch im Münster Unserer lieben Frau in Radolfzell stellen. Da reinigen gerade Restauratoren und Fachleute den Innenraum des Kirchenschiffs.
Mit dem Putzen des Inventars ist es hier nicht getan, denn es herrscht gerade großes Reinemachen. Und das beinhaltet auch die Reinigung der Wände und Decken. Immerhin sieht man dabei ganz genau, was man getan hat. Denn der Unterschied zwischen bereits gereinigten Bereichen und jenen, die in den nächsten Wochen noch folgen, ist eklatant.
Der Unterschied ist Kirchgängern schon aufgefallen, die am Mittwochmorgen zu den Wallfahrtsmessen oder an den Wochenenden ins Münster kommen: „Die Kirchgänger sind positiv überrascht. Es konnte sich niemand vorstellen, dass das so viel Schmutz ist“, berichtet Münsterpfarrer Heinz Vogel.
In der Tat wird aus den vormals dunkelgrauen Wänden ein helles Grau. Die ebenfalls grau gewordenen Kreuzgänge in den Seitenschiffen werden nach der Behandlung fast wieder weiß. Auch die Deckenbilder in rund 19 Meter Höhe werden gereinigt und bekommen wieder viel mehr Farbe und Transparenz.

Auffällig schmutzig sind Bereiche um die Fenster, denn dort bindet Feuchtigkeit den Schmutz besonders stark. Dafür setzen die Fachleute um Restaurator Stephan Bussmann ein Saugstrahlverfahren ein, bei dem Latexgranulat mit Luftdruck gegen die Wand geschossen wird. Für den Restaurator aus Markelfingen sind die Arbeiten im Radolfzeller Münster etwas ganz besonderes: „Man arbeitet sehr selten vor Ort“, sagt er.
Nach dem Abstrahlen der Flächen wird per Hand mit einem Schwamm noch einmal über die Flächen gewischt. „Einfach über die Flächen zu wischen, würde den Schmutz nur in die Poren drücken“, erklärt Architekt Bruno Siegelin aus Herdwangen. Er ist auf Innensanierungen dieser Art spezialisiert und wurde im Ausschreibungsverfahren für die Arbeiten gewonnen.

Die Reinigung, die für die Nutzer der Kirche eine der augenfälligsten Ergebnisse der Sanierung sein wird, ist wiederum nur eine Vorarbeit für weitere Arbeiten, die noch anstehen. Die Decke wird bereits jetzt gereinigt, weil man im Anschluss die Stuckdecke im Kirchenschiff vorsichtig abstützen muss. Dazu wird ein Gerüst eingebaut, das mit weichen Materialen vorsichtig gegen die Stuckdecke drückt.
So will man verhindern, dass die Decke Schaden nimmt, während man Ausbesserungen am Dachstuhl des Münsters vornimmt. Dort müssen unter anderem Balken ausgebessert und ausgetauscht werden. „Das Gerüst wird so aufgestellt, dass der Gottesdienst stattfinden kann“, versichert Pfarrer Heinz Vogel.

Auch jetzt während der Sanierung schauen Neugierige gerne einmal durch die allzeit geöffneten Türen. Bis Ostern soll die Reinigung der Wände und Decken beendet werden. Mit dem Gerüsteinbau folgt dann auch der Einbau der neuen Beleuchtung, die ursprünglich Anlass zu Sanierung war. „Man wollte die Kirche heller bekommen“, erinnert sich Vogel. Allein durch die jetzige Reinigung bekommt der Kirchenraum einen ganz anderen Eindruck. Kein Wunder, denn die letzte Sanierung des Gebäudes liegt bereits fast drei Jahrzehnte zurück.
Mit Einschränkungen müssen die Besucher des Münsters aber noch länger rechnen. Sämtliche Maßnahmen, unter anderem der Einbau einer neuen Heizung (Gas statt bisher Öl), Dach- und Dachstuhlreparaturen und zahlreiche Arbeiten im Innenraum, werden voraussichtlich bis Ende 2023 andauern.