Es ist das, was die Arbeit der Feuerwehr ausmacht: Wenn es brennt – ob sprichwörtlich oder tatsächlich -, ist sie vor Ort, um Hilfe zu leisten und notfalls sogar Leben zu retten. Und diese Anforderung wird in Radolfzell erfüllt, wie Kommandant Tobias Oechsle betont: „Die Feuerwehr ist bedarfsgerecht aufgestellt“, sagt er. Oder in anderen Worten: „Wenn man die Feuerwehr ruft, dann kommt sie auch, und das schnell.“
Doch es gibt ein kleines Aber. Denn die Feuerwehr in Radolfzell hat mit einigen Schwierigkeiten zu kämpfen, zusammengefasst im neuen Feuerwehrbedarfsplan, der jüngst im Gemeinderat vorgestellt wurde – und die bestehen zum Teil schon länger.
Problem Nummer 1: Das Feuerwehrhaus
Es ist die Maßnahme, der der Feuerwehrbedarfsplan die größte Priorität zumisst: Ein Neubau des Feuerwehrhauses in der Kernstadt. Denn das Gebäude an der Hohentwielstraße sei in die Jahre gekommen und genüge nicht mehr den heutigen Ansprüchen, erzählt Tobias Oechsle.
Wie er berichtet, müsse so unter anderem das Dach neu gemacht werden, auch platzen die Büros aus allen Nähten, es gebe keine Pläne über die Stromleitungen im Gebäude und Fahrzeuge, mit denen die Feuerwehrleute im Ernstfall sofort ausrücken müssen, haben am Standort keinen Platz. Stattdessen stehen sie in Walter-Schellenberg-Straße – sie zu holen, koste im Ernstfall also Zeit.
Außerdem dürfe der Saal im Obergeschoss des Feuerwehrhauses aus Brandschutzgründen nicht mehr genutzt werden, eine richtige Schwarz-Weiß-Trennung sei aus Platzgründen nicht möglich und wie Oechsle schon in der Vergangenheit berichtet hatte, lasse das Feuerwehrhaus auch keine gleichwertigen Verhältnisse für Männer und Frauen bei den Umkleiden und Spinden zu. Denn Räume für Frauen waren beim Bau gar nicht eingeplant und nun fehle der Platz. „Der Betrieb des Gebäudes ist so nicht mehr möglich“, fasst Tobias Oechsle die Probleme zusammen.
Wo könnte ein neues Gebäude entstehen?
Dass ein neues Gebäude kommen muss, ist schon länger klar. Allerdings erweist sich das nicht ganz einfach – und das nicht nur, weil es viel Geld kosten wird. Denn die Standortfrage ist noch offen und auch nicht leicht zu klären. Ein Feuerwehrhaus müsse da sein, wo sich die Feuerwehrleute befinden, erklärt Tobias Oechsle. Tagsüber also dort, wo sie arbeiten, nachts nahe ihrer Wohnorte. Und dann gibt es laut Feuerwehrbedarfsplan noch einen Standort, der eine ideale Gebietsabdeckung ermöglicht. Alle drei theoretischen Standorte liegen an verschiedenen Orten entlang der Haselbrunnstraße.
Da Bauplätze in diesen Bereichen jedoch nicht verfügbar stehen und es auf absehbare Zeit auch nicht sein werden, stehen für ein neues Feuerwehrhaus noch der aktuelle Standort sowie der Messeplatz zur Verfügung, erklärt Oechsle. Wie er und Bürgermeisterin Monika Laule berichten, sollen diese beiden Standorte nun in den kommenden Jahren auf ihre Möglichkeiten überprüft werden – würde etwa das aktuelle Feuerwehrhaus umgebaut werden, müsse erst überprüft werden, wie das im laufenden Betrieb möglich ist. Welcher Standort es schlussendlich wird, sei noch offen. Unklar sei auch, wann das Projekt Eingang in das Investitionsprogramm der Stadt erhält.
Zwei Standorte zugleich?
Fest steht allerdings: Zwei Standorte in der Kernstadt wird es nicht geben. Im Gemeinderat kam der Vorschlag auf, zusätzlich zum aktuellen Standort eine zweite Wache in der Kernstadt zu bauen, um so eine bessere Abdeckung zu erreichen und auch die Sanierung des alten Feuerwehrhauses zu erleichtern. Wie Tobias Oechsle erklärt, sei das bereits geprüft worden, mache aber keinen Sinn. „Dazu ist Radolfzell einfach zu klein“, erklärt er.
Denn ein Löschfahrzeug müsse zum Beispiel mit sechs Personen besetzt werden, um ausrücken zu können. Da nicht alle Feuerwehrleute im Ernstfall verfügbar sind, würden aber zur Sicherheit mehr alarmiert – nachts insgesamt 18 bis 20, tagsüber 30. Insgesamt gebe es aber nur 60 aktive Einsatzkräfte. Bei zwei Standorten bestehe die Gefahr, dass sich ein Teil der alarmierten Einsatzkräfte an einem Ort einfinden und der andere Teil an einem anderen – und dass dann kein Fahrzeug voll besetzt werden kann. Zumal es für Spezialfahrzeuge auch speziell ausgebildete Kräfte brauche, die dann am richtigen Standort auftauchen müssen. Zudem löse ein zweiter Standort ja nicht das Problem, dass der aktuelle Standort nicht mehr betriebstauglich ist. Dort müsste also so oder so Geld in die Hand genommen werden.
Problem 2: Die Ausrückzeiten
Bei Standardeinsätzen soll die Feuerwehr zehn Minuten nach dem Alarm am Einsatzort sein. Allerdings brauche die Feuerwehr Radolfzell je nach Einsatzort zum Teil zu lang, erklärt Tobias Oechsle. Das liege am aktuellen Standort des Feuerwehrhauses: „Das ist einfach die Lage am Stadtrand und in einer 30er-Zone“, so Oechsle.
Denn zum einen müssen die Einsatzkräfte sich auf dem Weg zur Wache an diese Tempobeschränkung halten, zum anderen sei der Verkehrsfluss in einer solchen Zone auch langsamer, sagt Tobias Oechsle – das betreffe dann auch die ausrückenden Fahrzeuge. Zum Teil werde das kompensiert, indem Ortsteilwehren dazu alarmiert werden.
Problem 3: Die Tagesverfügbarkeit
Laut Feuerwehrbedarfsplan ist die Verfügbarkeit der ehrenamtlichen Einsatzkräfte tagsüber gegenüber 2016, als der Feuerwehrbedarfsplan zuletzt aufgestellt wurde, weiter gesunken. Laut Tobias Oechsle geht das aber nicht nur der Feuerwehr Radolfzell so, stattdessen sei das ein deutschlandweites Problem. Er zählt dafür mehrere Gründe auf. So seien etwa die Einsatzzahlen gestiegen, die Feuerwehrleute werden also häufiger alarmiert – alleine von 2022 auf 2023 wurde ein Anstieg von fast 50 Prozent registriert. Zudem habe sich die Arbeitswelt gewandelt. „Die Leute haben mehr Termine und mehr Stress“, sagt Oechsle.
Ein Stück weit könne die Tagesverfügbarkeit durch hauptamtliche Feuerwehrleute kompensiert werden. Durch diese versuche man auch, die Ehrenamtlichen zu entlasten, damit sie zu Kleinigkeiten, etwa feststeckenden Tauben, nicht ausrücken müssen. Außerdem versuche man, unter den städtischen Mitarbeitern mehr Einsatzkräfte zu gewinnen und es gebe auch die Idee, im Feuerwehrhaus Homeoffice-Arbeitsplätze einzurichten, damit Feuerwehrleute direkt vor Ort arbeiten können. Das könnte zum Beispiel für das neue Feuerwehrhaus geprüft werden.
Problem 4: Hauptamtliche Stellen
In diesem Jahr gibt es bei der Feuerwehr Radolfzell acht hauptamtliche Stellen, sieben davon sind Feuerwehrleute, berichtet Tobias Oechsle. Damit es Ansprechpartner für die Ehrenamtlichen gibt und zudem immer auch Kräfte zur Verfügung stehen, die zu Kleinsteinsätzen ausrücken können, befinde sich ein Teil von ihnen täglich von 6 bis 18 Uhr im Feuerwehrhaus.
Aktuell sei das allerdings nur schwer umzusetzen – im Feuerwehrbedarfsplan werden darum in der Maximalvariante drei neue hauptamtliche Stellen empfohlen. Im Stellenplan 2025 wird die Verwaltung nun eine neue Stelle in der Technik anmelden – laut Oechsle reicht das erst einmal, um den Betrieb zu gewährleisten.
Problem 5: Die Fahrzeuge
Weil das Durchschnittsalter der Fahrzeuge der Feuerwehr in den vergangenen Jahren weiter angestiegen ist, stehen in den kommenden Jahren Ersatzbeschaffungen an. Wie Tobias Oechsle erklärt, dauert die Beschaffung eines Feuerwehrfahrzeuges aber mittlerweile mehrere Jahre, zudem seien diese „sündhaft teuer geworden“.