Im vergangenen Jahr rückte die Freiwillige Feuerwehr zu 394 Einsätze in Radolfzell aus – und bricht damit erneut den eigenen Rekord. Denn das sind 131 Einsätze und damit 49,8 Prozent mehr Einsätze als noch 2022, als es die bis dahin meisten Einsätze in der Geschichte der Feuerwehr Radolfzell gegeben hatte. Allein wegen Unwetter-Ereignissen rückte die Feuerwehr Radolfzell 96 Mal aus. Bereinigt man die Statistik um diese Einsätze, so bleibt dennoch ein neuer Rekord.
Von einem Großbrand blieben Radolfzell und die Ortsteile 2023 immerhin verschont. Dennoch: Es gab keine spezielle Einsatzart, die ursächlich für den enormen Anstieg war. „Von jeder Einsatzart gab es ein bisschen mehr“, sagte Kommandant Tobias Öchsle bei der Hauptversammlung in der Güttinger Buchenseehalle. Neu hingegen sei gewesen, dass es Tage gab, an denen die Freiwillige Feuerwehr vier bis fünf Mal ausrückte. Das sei eine deutliche Mehrbelastung für die Feuerwehr, sagte Kommandant Öchsle.
Unterstützung für die Feuerwehr
Dass Feuerwehr oft gefordert werde, teilweise mehrmals am Tag, honorierte auch Oberbürgermeister Simon Gröger. Er sprach den Feuerwehrangehörigen seinen großen Dank für die Leistungen aus. Die Bevölkerung könne sich absolut auf die Feuerwehr verlassen.
Zudem kündigte der Oberbürgermeister seine Unterstützung für den neuen Bedarfsplan der Feuerwehr an. Die Stadt Radolfzell stehe vor großen Herausforderungen bei den Gebäuden der Wehr, bei den Fahrzeugen und der Sicherstellung ihrer Leistungen. Das vorbildliche Engagement der vielen Ehrenamtlichen soll als Zeichen für die Politik gelten, damit auch in Zukunft das Löschen, Bergen, Retten und Schützen gewährleistet sei. Im Haushalt stünden deshalb 1,6 Millionen Euro für Investitionen in die Feuerwehr bereit.
Brandeinsätze machen nur 15 Prozent aus
59 Mal rückte die Freiwillige Feuerwehr im vergangenen Jahr zu Brandeinsätzen aus. Das ist ein Anteil von 15 Prozent aller Einsätze. Provokant formuliert sei der Name Feuerwehr eigentlich falsch, sagte Kommandant Tobias Öchsle. Denn die Brände würden den kleinsten Teil des Spektrums ausmachen.
Jede Woche rückte die Feuerwehr ein Mal zur Bekämpfung eines Brandes aus. 22 Mal unterstützte die Radolfzeller Wehr die Kameraden in den umliegenden Kommunen. Achtmal bekämpfte sie potenzielle Umweltschäden mit ihrer Gefahrenstoff- und Ölwehr. Die Wasserrettung verzeichnete insgesamt 21 Einsätze, davon drei in Radolfzeller Binnengewässern. Die meisten Einsätze im Bodensee fanden dabei notgedrungen bei schlechtem Wetter statt.

Mehr als die Hälfte sämtlicher Feuerwehreinsätze waren technische Hilfsleistungen. Erstmals teilte Öchsle diese in 96 Umwelteinsätze und 119 technische Hilfsleistungen ein. Und im Juli gab es Stürme und im Dezember einen Schneeeinbruch. Die Freiwillige Feuerwehr kümmerte sich bei beiden außerordentlichen Wetterereignissen um die Beseitigung umgestürzter Bäume.
Herausforderung durch gute Dämmung
Von den 59 Brandeinsätzen rückte die Feuerwehr beispielsweise zum Löschen einer brennenden Waschmaschine oder eines brennenden Sofas aus. Und Anfang des vergangenen Jahres löschte die Wehr in einer Tiefgarage zwei brennende Fahrzeuge.
Im Markelfinger Neubaugebiet habe es speziellen Brand gegeben, berichtete Öchsle. Am Vortag des Einzugs drang aus einem fertig gestellten Haus Rauch. Bei dem Niedrig-Energie-Haus mit sehr guter Dämmung habe zwar lediglich die Elektroverteilung gebrannt. Doch das Feuer habe sich durch sämtliche Zwischenböden und Zwischenwände ausgebreitet.

Für gewöhnlich habe die Feuerwehr solche Brände in einem normalen Einfamilienhaus innerhalb von einer Stunde im Griff, sagte Öchsle. Doch durch die moderne Bauweise mit einer hohen Dämmlast und den vielen Zwischenräumen musste die Wehr die Baupläne zur Hilfe nehmen, um den Verlauf der Elektroinstallation zu ermitteln. Der Einsatz dauerte sechs Stunden. Er könnte die Zukunftsart an Brandeinsätzen sein, sagte Öchsle.
Achtung bei vergessenen Töpfen!
Deutlich mehr Einsätze gab es durch die Brandmelder in Privathaushalten. Die Hauptursache für den Alarm von Haushaltsrauchmeldern ist angebranntes Essen. Es sei erstaunlich, wie viele Leute ihr Haus verlassen und ihr Essen auf dem Herd oder im Backofen vergessen, sagte Tobias Öchsle. Dabei sprach der Kommandant auch eine Warnung aus: „Das kann nicht beim verkohlten Essen bleiben, sondern schlimmer ausgehen“, sagte Öchsle. Auf der Höri habe dies den Brand einer Wohnung verursacht.
Von den 113 technischen Hilfsleistungen sei der meiste Anteil kleinere Einsätze der Feuerwehr gewesen – zum Beispiel das Bergen von Katzen auf Bäumen, das Abklemmen von Batterien bei Autounfällen oder dem Einsammeln von Betriebsstoffen. Die Wehr hatte indes viele Formen von Verkehrsunfällen betreut und barg die eingeklemmten Menschen aus ihren Fahrzeugen. 75 Mal rückte sie auch zu Fehleinsätzen aus.