Die Stadtverwaltung Radolfzell wird künftig von zwei neuen Gesichtern verstärkt. Für ihn ist Geschichte seine Leidenschaft. Sie kennt die lokale Kulturszene wie kaum eine andere: Alexander Röhm übernimmt die Leitung des Stadtarchivs, Heike Endemann die des Kulturbüros. Erik Hörenberg vom Fachbereich Kultur freute sich bei der Vorstellung der beiden, dass die vakanten Stellen nun „hervorragend besetzt“ sind. So verfüge Endemann über verschiedene Kompetenzen, die das Kulturbüro dringend gebrauchen könne. Sie kenne die freie Kulturszene in der Musikstadt und habe zudem das Bildhauersymposium initiiert.
Von der Biologin zur Bildhauerin
Endemann ist eigentlich eine Seiteneinsteigerin in der Kulturszene, wie sie selbst sagt. Denn ursprünglich hat sie mal Biologie studiert. In den USA habe sie jedoch mit der Bildhauerei begonnen, später in Deutschland eine journalistische Ausbildung gemacht und sich dann sogar mit der Bildhauerei selbstständig gemacht. Seit 2008 ist Endemann nun in Radolfzell. Sie kennt die Kulturszene und initiierte 2015 das Bildhauersymposium. „Nun möchte ich mein Wissen aus den verschiedenen Bereichen hier einbringen“, sagte Endemann.
Denn nach den Corona-Jahren mit viel Arbeit in Einsamkeit als Bildhauerin sehne sie sich nach der Zusammenarbeit mit anderen Menschen. Außerdem fühle sie sich der Künstlerszene in und um Radolfzell eng verbunden.
Schülerprojekt in der Villa Bosch geplant
In ihrer neuen Position will sie sich für die Musikstadt einsetzen und entsprechend die Zusammenarbeit mit den Vereinen weiter fördern. „Wichtig ist mir auch, die Villa Bosch mehr ins Bewusstsein der Menschen zu rücken“, erklärte sie bei ihrer Vorstellung. Helfen soll dabei unter anderem eine Ausstellungspädagogik, bei der Schulklassen ab Mai in Begleitung von schulexternen Kunstpädagogen in die Villa kommen und ein Projekt umsetzen sollen. Außerdem stehen die üblichen großen Feste in der Stadt, wie das Hausherrenfest, und der Bundeskunstpreis für Menschen mit Behinderung an.
Seit Anfang des Jahres leitet Endemann, deren Vorgängerin Christine Steiert in Elternzeit ist, nun das Kulturbüro mit seinen sechs Mitarbeitern. Bis mindestens Ende Mai 2024 wird Endemann sie vertreten. Ihre ersten Wochen waren von der Vergabe und Planung des Seefestivals bestimmt, das ab 2024 jährlich stattfinden und durch eine Agentur professionell aufgezogen werden soll.
Wer ist der neue Leiter des Stadtarchivs?
Anders als Heike Endemann ist der Nachfolger von Hildegard Bibby im Stadtarchiv ganz neu in Radolfzell. Mit Archiven kennt Alexander Röhm sich dagegen bereits bestens aus. Denn im Stadtarchiv seien Quereinstiege schwierig, so Erik Hörenberg. Der Fachbereichsleiter für Kultur zeigte sich daher froh, mit Alexander Röhm einen absoluten Fachmann für das Amt gefunden zu haben.
Denn der verfügt über reichlich Erfahrung in Archiven: Von 2014 bis Anfang dieses Jahres leitete er eben jenes in Tuttlingen. Die Leidenschaft für frühmittelalterliche Geschichte und die Verbundenheit zur Region, so Röhm, habe ihn nun zurück an den Bodensee verschlagen. Denn Röhm stammt aus dem Hegau und hat bereits in Konstanz Geschichte studiert. Sein Schwerpunkt: Regionalgeschichte im Südwesten Deutschlands und das Frühmittelalter.
Geschichte ist seine Leidenschaft
Damit sollte Röhm prädestiniert sein für die Arbeit in Radolfzell, das 2026 das Jubiläum 1200 Jahre Stadtgeschichte feiern wird. Die Stadt ist für ein „eine Schatztruhe, die mich hierherzieht“, sagt er.
Generell sei Geschichte für ihn „eine absolute Leidenschaft“, erklärte Röhm. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Sowohl er selbst als auch seine Frau müssten immer wieder unter seinem Hobby leiden, wenn er in Urlauben alte Kirchen, Schlösser und Kloster in Osteuropa ausgiebig bestaunt.
Das sind die Herausforderungen im Archiv
Im Stadtarchiv steht der Neue, neben dem Stadtjubiläum, gleich vor mehreren Herausforderungen. Im Vordergrund stehe klassische Archivarbeit, also das Ablegen und Sortieren von Akten der Stadtverwaltung. Daneben möchte Röhm die Erinnerungskultur in der Stadt stärken – und dafür mit den entsprechenden Vereinen eng zusammenarbeiten. Außerdem sei die Digitalisierung des Archivs nicht einfach, da die Daten so gespeichert werden müssen, dass sie möglichst lange lesbar bleiben. Und der Umzug der Ortsteilarchive in die Zentrale soll abgeschlossen werden.
Zunächst möchte er sich jedoch erst einmal einarbeiten. Schließlich, so sagt er nach sechs Wochen im Amt, „ist ein Archiv wie eine neue Partnerin. Man muss sich erst einmal kennen lernen“.