Frustriert steht in diesen Tagen so manch ein Pendler am Stockacher oder Radolfzeller Bahnhof und wartet auf den Seehäsle – vergebens. Seit dem 28. Januar fahren die Züge auf der Strecke Radolfzell-Stockach nach einem reduzierten Notfallfahrplan. Ursache hierfür sei die sich zuspitzende Personalknappheit aufgrund der Omikron-Welle, wie der zuständige Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG) in einer Pressemitteilung anführt.
Konkret ergeben sich nun folgende Regelungen: Montags bis freitags entsteht in beide Richtungen vormittags und nachmittags jeweils eine Lücke im Fahrplan des Seehäsle. Für die im reduzierten Fahrplan nicht aufgeführten Züge werde kein Schienenersatzverkehr angeboten, da die Reisenden mit nachfolgenden Zügen in der Regel schneller ans Ziel kommen. Jedoch teilte das Landratsamt am Freitag mit, dass es ab Montag, 7. Februar, doch Ersatzbusse gibt, die um 7.07 Uhr in Radolfzell und 7.10 Uhr in Stahringen starten und Richtung Stockach fahren.
Die verbleibenden Züge würden montags bis freitags dreiteilig statt wie sonst zweiteilig fahren, um einem erhöhten Fahrgastaufkommen gerecht zu werden. „Die Notfallfahrpläne werden zunächst für zwei Wochen eingeführt, wobei rechtzeitig eine erneute Prüfung und Einschätzung der Lage erfolgt, um über eventuelle Verlängerungen oder weitere Anpassungen entscheiden zu können“, sagt Pressesprecherin Monika Eckenfels. Dies geschehe stets in enger Abstimmung mit dem Land Baden-Württemberg.
Es gibt ohnehin zu wenig Personal
Allerdings: Selbst im Notbetrieb fallen einige Züge kurzfristig aus. Wie die Pressestelle der SWEG auf Nachfrage mitteilt, sei die Situation auf dem Personalmarkt für Triebfahrzeugführer schon seit längerer Zeit sehr angespannt. Die SWEG bemühe sich auf unterschiedlichen Wegen, Triebfahrzeugführer zu gewinnen und bilde auch selbst welche aus. Spontane Ausfälle entziehen sich den Einflussmöglichkeiten des Unternehmens, so Monika Eckenfels. Angaben darüber, wie viele Triebfahrzeugführer coronabedingt ausfallen, wolle die Pressesprecherin nicht machen.
Dass die Pandemie für die Infrastruktur ein harter Brocken ist, bestätigt auch die Schweizerische Bundesbahn (SBB), die den Seehas auf der Strecke zwischen Engen und Konstanz betreibt. „Auch wir sind von Corona-Fällen betroffen, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Wir haben nur sehr wenige Fälle im Fahrdienst, dafür mehr Fälle im Fahrzeugunterhalt“, sagt Pressesprecher Daniel König auf Nachfrage. Bei der SBB liegen ebenfalls mit dem Land Baden-Württemberg abgestimmte Notfallfahrpläne vor, die je nach Situation verschieden aussehen können.

Pandemie-Schutzkonzept bei der SBB
In jedem Fall handle es sich um einen ausgedünnten Fahrplan. Um der Lage Herr zu werden, nutzt das Unternehmen verschiedene Maßnahmen. „Wir setzen seit Pandemiebeginn konsequent unser Pandemie-Schutzkonzept um und entwickeln dieses fortlaufend weiter. Wir schaffen monetäre Anreize für die Impfung und bieten Impfmöglichkeiten im Unternehmen an“, sagt Daniel König. Angaben darüber, wieviele Mitarbeiter geimpft seien, wollte König nicht machen.
Die angespannte Situation im ÖPNV bestätigt auch Rainer Klink, Inhaber der Stadtbus Tuttlingen Klink GmbH und Betreiber der Regionalbusse im Landkreis Konstanz. „Auch wir verzeichnen coronabedingte Fehltage in unserer Belegschaft.“ Das Unternehmen bemühe sich, den Fahrbetrieb aufrecht zu erhalten. „Die gesunden Mitarbeiter seien sich ihrer Verantwortung im Öffentlichen Personennahverkehr bewusst. Wir können bis jetzt jeden Dienst leisten“, erklärt er.
Viele Busfahrer sind geimpft
Das habe mehrere Gründe: Zum einen, weil Mitarbeiter aus der Verwaltung und der Werkstatt zum Fahren eingeteilt würden. Diese beiden Bereiche wurden also ausgedünnt. Zum anderen wurden Doppelschichten im Rahmen der gesetzlich zulässigen Lenk- und Ruhezeiten gebildet. „Die gesunden Mitarbeiter arbeiten zur Zeit über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinaus, leisten Überstunden“, sagt Klink.
Rund zwei Drittel der Mitarbeiter hätten derzeit den vollständigen Schutz. „Tendenz noch steigend“, so Rainer Klink. Bisher gebe es noch keinen Notfallfahrplan. „Wir gehen davon aus, dass wir einen solchen auch nicht benötigen. Gegebenenfalls werden wir, soweit möglich, Mitarbeiter von anderen Losen, insbesondere aus dem Bereich Engen-Welschingen, heranziehen, um an anderer Stelle auszuhelfen“, sagt Rainer Klink.

Keine Probleme beim Radolfzeller Stadtbus
Gut läuft es derzeit im Radolfzeller Stadtbusverkehr. „Wir haben hin und wieder zwar einzelne Mitarbeiter, die sich in Isolation begeben müssen aufgrund von positiv getesteten Kontakten in ihrem näheren Umfeld, aber das beeinträchtigt bisher nicht unseren Fahrplan“, sagt Hubert Behringer, Geschäftsführer der Behringer Verkehrsbetriebe und seit 2020 zuständig für den Radolfzeller Stadtbusverkehr.
Wie Hubert Behringer auf Nachfrage mitteilt, seien 99 Prozent der Mitarbeiter vollständig geimpft. „Wir haben für den Ernstfall einen Notfallfahrplan, auf den wir aber bisher nicht einmal ansatzweise zurückgreifen mussten“, so Behringer weiter. Sollte der Notfallfahrplan eingesetzt werden, würden weniger genutzte Strecken ausfallen, führt er aus.