Kaum machte sich das Gefühl breit, der Radolfzeller Kita-Notstand sei behoben worden, melden sich nun die Eltern des Markelfinger Kindergartens Villa Sonnenschein zu Wort. „Die Ruhe trügt“, schreibt Julia Walter stellvertretend für die Elternbeiräte in einem offenen Brief an die Stadtverwaltung. Grund für das Wiederaufnehmen der Diskussion sei die Nachricht, dass das so genannte Offenburger Modell in der Villa Sonnenschein nicht im September starten werde. „Das macht uns fassungslos“, heißt es in dem offenen Brief.
Vielversprechendes Modell für Eltern
Geplant war die Einführung des Offenburger Modells ab dem kommenden Kita-Jahr. Der Malteser Hilfsdienst würde dabei nach dem Ende der Kita-Zeit, in der die Kinder von Fachkräften professionell gefördert und unterrichtet werden, die Betreuungszeit der Kinder im Spielgruppen-Modell verlängern. Dadurch können pro Woche ein paar Stunden Betreuung dazugewonnen werden. Für Eltern, die eine Ganztagesbetreuung wegen ihrer Berufstätigkeit brauchen, war dies eine vielversprechende Aussicht auf den Herbst.
Laut Bürgermeisterin Monika Laule werde die Testphase mit den Maltesern durchaus im Herbst starten. Aktuell warte man auf deren Angebot. Der Gemeinderat soll dies in der Sitzung im Juni beraten und den notwendigen Beschluss bezüglich der Finanzierung und der Umsetzung fassen. Davor sollten noch der Gesamtelternbeirat Kita sowie Eltern über die weiteren Schritte informiert werden.
Testphase nur in zwei Einrichtungen
Allerdings werde man in Radolfzell, ähnlich wie in Offenburg, dieses Modell erst testweise in zwei Einrichtungen starten. Diese seien das Kinderhaus Büllerbü in Möggingen und eine Einrichtung in der Kernstadt. „Bewährt sich das Modell, beabsichtigen wir es auf weitere Kitas auszuweiten“, so die Bürgermeisterin. Auch die Stadt Offenburg starte erst einmal mit drei Test-Kitas und nicht flächendeckend.

Die Villa Sonnenschein ist keine Test-Kita. Für die Eltern ein böses Erwachen. Die Familien hätten sich aktuell mit großem Kraftaufwand provisorisch an die verkürzten Öffnungszeiten angepasst und die Betreuung ihrer Kinder anders oder mit Fremdpersonen organisiert, erklärt der Elternbeirat in dem offenen Brief. Doch dies gehe nur, wenn man die Gewissheit habe, es handle sich dabei um einen überschaubaren Zeitraum. „Wir Eltern sind am Limit“, heißt es in dem offenen Brief weiter.
Aktuell seien die zwei Ganztages-Gruppen von 40 auf 27,5 bis 30 Stunden pro Woche reduziert worden. Für berufstätige Eltern in Vollzeit und auch Teilzeit sei dies kaum zu schaffen, so der Elternbeirat.
Auch bedauern die Eltern des Markelfinger Kindergartens, dass sie seit der Dialogveranstaltung im Februar im Milchwerk keine Information seitens der Stadt erhalten haben. Dass nun auch Eltern die Betreuung der Kinder nach dem Ende der regulären Kita-Zeit übernehmen können, wie es zum Beispiel in Möggingen der Fall ist, hätten die Markelfinger Eltern nur durch den Gesamtelternbeirat erfahren. „Sprechen Sie mit uns, informieren Sie uns! Sonst entsteht bei den Familien der fatale Eindruck, die Notlage der Eltern ist Ihnen und der Stadt egal“, heißt es in dem offenen Brief.
Eltern wollen nicht vergessen werden
Familien würden gerade eine enorme Belastung in so ziemlich allen Lebensbereichen erfahren, da die eigentlich benötigte Betreuung nicht gewährleistet werden kann. Dennoch würden Eltern großes Verständnis für die Lage des Personals und der Stadt aufbringen. Gleichzeitig plädieren sie dafür, nicht vergessen zu werden.
„Wir benötigen dringend verbindliche Planungssicherheit für die Betreuung und erwarten, dass Sie diese Personalnot-Krise, die sich schon so lange angekündigt hat, spätestens zum September abfedern können und auch in Markelfingen ein externes Betreuungsmodell installieren“, so die abschließende Forderung. Die Stadtverwaltung möchte nun kommende Woche eine ausführliche Eltern-Info mit dem aktuellen Sachstandsbericht herausgeben, wie Monika Laula auf Nachfrage ankündigt.