Die Zeno-Figur des Bildhauers Markus Daum gegenüber dem Österreichischen Schlösschen hat eine wenig heldenhafte Aura. Fast mühsam, gestützt auf seinen Bichofsstab, macht sich Sankt Zeno am Ende eines langen Tages auf den Weg nach Hause. Die Statue soll einen Heiligen zeigen, der sich mit der Botschaft Christi gütig den Menschen zuwendet. So steht es an der Tafel des Radolfzeller Münsters.

Die geplante Wallfahrt nach Verona

Jeder, der in Radolfzell aufgewachsen ist, hat bei dem Namen Zeno ein eigenes Bild im Kopf. Weil fast jeder einen kennt, der Zeno heißt. Weil einer der drei Hausherren der Heilige Zeno ist und jeder in Radolfzell sich irgendwann eine Vorstellung von diesem Heiligen gemacht hat. So wie Markus Daum, der selbst Radolfzeller ist, und sich diesen in Bronze gegossenen Zeno ausdachte. Die Person des Zeno wollte Stadtpfarrer Heinz Vogel dieses Jahr ein bisschen auf die kirchliche Rampe rücken. Er organisierte eine Wallfahrt nach Verona. Sankt Zeno und Sankt Radolt, der Stadtgründer, waren beide Bischöfe in der norditalienischen Stadt. Vogel fuhr Ende Februar nach Verona, um alles vorzubereiten, – und wurde von Corona eingeholt. „Ich bin gerade noch im Zug aus Italien raus gekommen, bevor die Grenzen dichtgemacht wurden.“

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Die Wallfahrt von Radolfzell nach Verona an Fronleichnam, für sie kam schnell das Aus. Obwohl alles bestens vorbereitet war. Der aus Verona stammende und in Stockach engagierte Kirchenmusiker Zeno Bianchini wollte zu den Radolfzeller Pilgern dazu stoßen. „Er hätte in verschiedene Kirchen in Verona Orgel gespielt“, berichtet Vogel. Man hätte zu Texten des Heiligen Zenos an verschiedenen Orten meditiert. So war es geplant, so kommt es nicht. Die Pandemie verbietet das.

Monsignore Kaut hält die Predigt

Das jährliche Hausherrenfest am dritten Sonntag im Juli ist in der Kirche schnell geplant. Hochamt, feierliche Musik, Prozession durch die Altstadt, die Stadtkapelle spielt das Hausherrenlied, Gottesdienst auf dem Marktplatz. Der Ablauf ändert sich jedes Jahr nur in Nuancen, den Unterschied macht der Geistliche, der die Festpredigt hält. Den Festprediger für das Jahr 2020 hatte Heinz Vogel schon vor dem Herunterfahren des öffentlichen Lebens angefragt und eingeladen, Monsignore Bernd Kaut hat zugesagt.

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Die Wahl des Festpredigers passt zum Zeno-Motto, „zu den Hausherren, die nicht gerade die typischen Radolfzeller sind, sie haben alle einen Migrationshintergrund“, sagt Vogel. Theopont war Bischof und Senesius ein „bekehrter“ Zauberer in Nikomedien, der heutigen Türkei. Zeno kam aus Mauretanien im Nordwesten Afrikas, im Jahr 362 ist er zum achten Bischof der norditalienischen Stadt Verona ernannt worden. Zeno gilt der Überlieferung nach als Gelehrter, gewandter Redner und Prediger, der als Fischer seinem Broterwerb nachging. Alle drei kamen als Reliquien nach Radolfzell. Die Frage, die sich Pfarrer Vogel aktuell stellt: „Wären die lebendig auch so gut hier angekommen?“

Prediger mit Stauffermedaille

Monsignore Kaut (75) bringt für die Erörterung der Popularitätsfrage der Hausherren zumindest eine ausgewählte Biografie mit. In Konstanz aufgewachsen, hat er 1972 in Freiburg die Priesterweihe empfangen. Schon als Kaplan war er vier Jahre in Kenia tätig. 1979 trat er in den Dienst des internationalen katholischen Missionswerks Missio und wurde 1995 dessen Präsident. Danach leitete er acht Jahre lang die Seelsorge für die deutschsprachigen Gemeinden in Washington und New York. Von 2005 bis 2013 hat er sich als Vertreter der Diözesen Freiburg und Rottenburg-Stuttgart in der Landesregierung und im Landtag für die katholischen Belange eingesetzt. Für seine Leistung als „Brückenbauer“ hat ihm dann Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Stauffermedaille in Gold umgehängt. Vogel über Prediger Kaut: „Mit seinem Blick auf die Welt kann er uns etwas aus seiner Lebenserfahrung mitgeben.“

Nur 100 können in das Münster

Dabei bleibt der Predigt die große Zuhörerschaft in einem großen Gottesdienst versagt. Die Regelungen der Corona-Verordnung lassen das beim Hausherrenfest nicht zu. Auf ein großes Hochamt mit anschließender Prozession auf den Marktplatz in feierlicher Begleitung durch die Stadtmusik muss in diesem Jahr verzichtet werden. Unter der Bedingung „Abstand halten“ passen je nach Familienstärke etwa um die 100 Gottesdienstbesucher ins Münster. Alle, die kommen wollen, müssten sich im Pfarrbüro anmelden.

Das Fassungsvermögen entspricht einem Bruchteil der normalen Bedingungen. Schon in einer herkömmlichen Hausherrenmesse ist ein Sitzplatz Mangelware und ein Stehplatz das Los der Zuspätgekommenen. Die Seelsorgeeinheit hat deshalb eine zweite Eucharistiefeier am Hausherrensonntag im Münster aufgenommen. Das Programm um 9.15 Uhr und um 11.30 Uhr ist gleich: Predigt von Monsignore Bernd Kaut und „kleine Orgelsolomesse“ von Joseph Haydn. Viele wollen in die 9.15 Uhr-Feier. „Das macht uns Probleme, da haben wir viele Anfragen.“

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Stadtpfarrer Vogel ist sich bewusst, dass diese Beschränkung nicht jedem gefällt: „Für viele ist der Verzicht auf die Prozession ein Verlust, das hat bei uns zu Diskussionen geführt.“ Das Coronavirus habe alles auf den Prüfstand gestellt, „unser Blick auf die Welt und das Leben“. Alles sei geplant, alles stehe im Kalender und es gehe nichts. „Wir spüren, wir sind auf uns selbst geworfen.“ Für das Hausherrenfest berge diese Einsicht auch eine Chance, glaubt Vogel: „Wir können uns nicht ablenken.“ So könne das Fest zu einer neuen Innerlichkeit führen. „Wir können uns bewusst werden, was sind die Wurzeln und dann die Zukunft gestalten.“ Für diese neue Innerlichkeit gibt es am Hausherrensonntag Impuls-Gottesdienste verteilt über den Nachmittag. Unterschiedliche Ensembles musizieren. Auch da gilt: „Es kann nicht die ganze Stadtkapelle kommen.“ Aber es sei schön, zu sehen, wie motiviert alle seien. „Es tut einfach gut, im Raum Musik machen zu können“, glaubt Vogel. Und das Hausherrenlied zu hören.

Monsignore Bernd Kaut hält die Festpredigt beim Hausherrenfest 2020.
Monsignore Bernd Kaut hält die Festpredigt beim Hausherrenfest 2020. | Bild: Erzdiözese Freiburg

Die Hausherren und die Statue

  • Die drei Hausherren: Die Reliquien oder sterblichen Überreste der drei Hausherren Theopont, Senesius und Zeno soll Sankt Radolt im Jahr 830 nach Radolfzell überführt haben. Radolt war wie Zeno Bischof von Verona. Radolt gründete 826 die „Cella“, aus der später die Gemeinde und die Stadt hervorgegangen sind. Das Hausherrenfest wird immer am dritten Juli-Wochenende gefeiert. Kirchliche Höhepunkte sind das Hausherrenamt am Sonntag und die Mooser Wasserprozession am Montagmorgen. Die Festpredigt hält in diesem Jahr am Sonntag, 19. Juli, Monsignore Bernd Kaut aus Freiburg.
  • Die St. Zeno-Statue: Die Figur an der äußeren Stirnseite des Münsterchors ist von dem Radolfzeller Bildhauer und Künstler Markus Daum entworfen und 2006 in Bronze gegossen worden. Sie wurde aus Anlass des 75. Geburtstags des Ehrendomherrs Pfarrer Bernhard Maurer mit Spenden finanziert.