Das Hesse Haus und sein Garten sind zu einem beliebten Ausflugsziel für Liebhaber des Literaten geworden. Eva Eberwein, die das Haus mit ihrer Familie bewohnt, hat nach ihrem Buch über den Garten der Familie Hesse nun dem Haus und seinen jetzigen und ehemaligen Bewohnern eine Schrift gewidmet.
Die Fotografien des reich bebilderten 160-seitigen Werkes sind von Martin Maier aufgenommen. Seine Ehefrau Sabine Schlag, die die Buchhandlung am Obertor in Radolfzell führt, organisierte die Vorstellung des neuen Buches in Kooperation mit der Stadtbibliothek.
Interesse am Leben des Schriftstellers ist groß
Der voll besetzte Gewölbekeller der Bücherei zeugte davon, dass Hesse und seine Villa nicht nur Literaturliebhaber aus der Ferne anziehen. Auch vor Ort besteht viel Interesse daran, neue Aspekte des Lebens des naturnahen Schriftstellers und seiner Familie zu entdecken. Ilona Schönle, Texterin und Buchhändlerin aus Gailingen, übernahm kurzfristig die Moderation des literarischen Abends.
Doris Burger, die die Entstehung des Buches begleitet hatte, musste die Moderation wegen Erkrankung absagen. Die Leidenschaft für schöne alte Häuser verbinde sie schon lange mit Eva Eberwein, erzählte Schönle. Mit den zauberhaften Klängen ihrer Harfe sorgte Christine Baumann an diesem Abend für einen musikalischen Genuss zwischen den Gesprächen und der Lesung.
Eberwein gibt ihren Job auf, um Hesse-Haus zu retten
Eva Eberwein und ihrer Familie sei es zu verdanken, dass das Hesse-Haus bewahrt wurde, führte Sabine Schmid, Lektorin des Prestel Verlags aus. Als Eberwein im Jahr 2003 erfuhr, dass das Anwesen abgerissen werden sollte, hat sich die Diplom-Biologin entschlossen, die Leitung eines Forschungslabors in einem Pharmaunternehmen im Rheinland aufzugeben und das Hesse-Haus zu kaufen.
Eva Eberwein stammt aus einer Familie, die in Gaienhofen ansässig war. Obwohl sie weitgehend in Krefeld aufwuchs, verbrachte sie ihre Sommerferien stets in Gaienhofen. „Wie kann man sich mit früheren Generationen verbinden, wenn solche Häuser abgerissen werden?“, fragte sie.

Auch wegen des „wahnsinnig guten Handwerks“ und der „großen Strahlkraft des Hauses“ sei sie entschieden gegen einen Abriss gewesen. Seit der Renovierung des Hauses im Jahr 2004 lebt Eberwein mit ihrem Mann in dem Anwesen und öffnet gleichzeitig die Tore für die Öffentlichkeit. Sie veranstaltet regelmäßig Führungen durch Haus und Garten.
Das zurückhaltende Haus spüren gelernt
Die einfühlsamen Fotografien von Martin Maier verleihen dem Leser einen Eindruck von den zahlreichen, liebevoll gestalteten Details, die den Charme des Bauernhauses ausmachen, das der Schweizer Architekt Hans Hindermann nach den Wünschen der Familie Hesse entworfen hatte. „Es hat mich gepackt, aber auf eine sanfte Art“, erzählte Maier.

Er habe das „zurückhaltende Haus spüren gelernt“. Fasziniert habe ihn das „zu Ende gedachte“ Farbkonzept sowie Hesses Arbeitszimmer, das in der Mitte des Hauses liegt, und das Kinderzimmer, das durch seinen erhöhten Boden eine besonders geborgene Atmosphäre erhalte. Auch Eberwein geht bei ihrer Erzählung von der Architektur des Hauses aus.
Jedem Raum ist ein Kapitel gewidmet. Nach der Beschreibung der Zimmer leitet die Autorin zu den Bewohnern des Hauses über. Aus dem Nachlass und Briefen von Mia und Hermann Hesse lässt Eberwein lebendig werden, was das Paar bewegte. „Erst allmählich ist mir klar geworden, dass das Haus immer vor allem ein Haus der Frauen war“, so die Autorin.

Die Planung des Hauses, in dem die Familie Hesse schließlich nur fünf Jahre lebte, gehe hauptsächlich auf Mia Hesse zurück. Danach erwarb die alleinstehende Gartenbaumeisterin Clara Auffermann das Haus. Später wurde es vom Zittauer Maler Walter Waentig und seiner Familie übernommen. Auch in all diesen Jahren hätten vornehmlich die Frauen die Geschicke des Hauses geführt.