Errichtet die Stadt ein eigenes Wohnhaus als ersten Schritt in Richtung kommunaler Wohnungsbaugesellschaft? Nachdem die Idee bereits im Ausschuss für Planung, Umwelt und Technik für gemischte Reaktionen von Zustimmung bis Entsetzen gesorgt hatte, beschäftigte sich nun auch der Gemeinderat mit dem Vorhaben. Und auch hier gingen die Meinungen auseinander, auch wenn der Rat am Ende dafür stimmte.

Was hat die Stadt vor?

Ziel der Stadt ist es, ein kommunales Wohngebäude mit vier Geschossen und insgesamt 20 Wohneinheiten zu bauen, die sowohl Zwei-, Drei- als auch Vierzimmerwohnungen beinhalten. Sie sollen als sozialer Wohnraum vollständig vermietet werden. Als Ort hat sich die Stadt die Kreuzung der Hedelfinger Straße und der Straße Bei der alten Eiche ausgesucht.

Bild 1: Jetzt steht es fest: Radolfzell wagt sich an Wohnhaus für Wohnungsbaugesellschaft
Bild: SK

Die Kosten schätzt sie auf insgesamt 5 Millionen Euro. 100.000 Euro davon sollen bereits 2025 eingeplant werden, in den Folgejahren 2,4 beziehungsweise 2,5 Millionen Euro. Mit dem Regierungspräsidium Freiburg sei das Vorgehen abgestimmt, so die Verwaltung.

Angst vor Kostenexplosion bei FDP und FW

Wie schon zuvor im Ausschuss für Planung, Umwelt und Technik spaltete das Vorhaben auch die Mitglieder des Gemeinderats in zwei Lager. Als „gutes Projekt“ bezeichnete es Siegfried Lehmann (FGL). „Ein Nein zu diesem Vorschlag würde bedeuten, die Augen vor dem sozialen Problem der Wohnungsnot zu verschließen“, sagte er.

„Ich sehe schon, wie die Kosten uns wegrennen. Das lässt mich schaudern“, sagt Dietmar Baumgartner (FW).
„Ich sehe schon, wie die Kosten uns wegrennen. Das lässt mich schaudern“, sagt Dietmar Baumgartner (FW). | Bild: Foto Lichterloh

Dietmar Baumgartner und Martin Aichem (beide FW) sprachen sich hingegen aus mehreren Gründen gegen das Projekt aus. Eine städtische Wohnungsbaugesellschaft sei keine Pflichtaufgabe einer Kommune, so Baumgartner. Hinzu komme die schwierige Haushaltslage ab dem Jahr 2026 und die Unterbesetzung im Baumamt. Und, fügte er hinzu: „Ich habe ohnehin meine Zweifel, dass 5 Millionen Euro am Ende reichen. Ich sehe schon, wie die Kosten uns wegrennen. Das lässt mich schaudern.“

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Martin Aichem regte an, die Stadt solle lieber in die Obdachlosenunterkunft in der Schlesier Straße investieren. Auch Jürgen Keck (FDP) stimmte den beiden zu. Man könne sich ein solches Vorhaben aktuell nicht leisten.

Oberbürgermeister Simon Gröger versicherte, die 5 Millionen Euro stünden fest. Sollte es teurer werden, werde man notfalls weniger als 20 Wohneinheiten bauen.

So stimmte der Gemeinderat ab

Norbert Lumbe (SPD) räumte ein, er verstehe die Bedenken gegen eine Wohnungsbaugesellschaft – könne sie aber nicht akzeptieren. Es gebe seit 40 Jahren „eine Brandmauer“ gegen eine städtische Wohnungsbaugesellschaft. „Nun haben wir eine historische Chance, diese einzureißen, denn drei Fraktionen sind dafür. Es wäre eine verpasste Chance, dieses Wagnis jetzt nicht einzugehen“, erläuterte er.

„Es wäre eine verpasste Chance, dieses Wagnis jetzt nicht einzugehen“, sagt Norbert Lumbe (SPD).
„Es wäre eine verpasste Chance, dieses Wagnis jetzt nicht einzugehen“, sagt Norbert Lumbe (SPD). | Bild: Andreas Kochlöffel

Denn auch die CDU-Fraktion sprach sich für das Vorhaben aus. Bernhard Diehl lobte es als möglichen Standortvorteil bei der Suche nach Fachkräften. Christof Stadler regte zudem an, das Gebäude in der Poststraße 15 als möglichen Ort für Wohnraum prüfen zu lassen. Diesem Antrag stimmte eine große Mehrheit des Rates zu.

Und auch für den Bau des städtischen Wohngebäudes als Schritt zu einer Wohnungsbaugesellschaft stimmte der Rat gegen die Stimmen von FDP und Freien Wählern.

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Wie geht es weiter?

Die Stadt startet nun die Ausschreibung zum Bau des Wohngebäudes. Laut Gröger wolle man Ende 2025 mit dem Bau beginnen. Spätestens Anfang 2027 sollen die Wohnungen vermietet werden.