Das Bild hätte schöner nicht sein können – Sonntag im Juli um 8.30 Uhr. Am Brunnen auf dem Marktplatz sitzt umrahmt von drei Damen der „Alt-Radolfzeller“ Trachtengruppe Bruno Epple und blickt über den fast menschenleeren Platz.

Die Fahnen des festlich geschmückten Münsters wehen im Sommerwind und gemeinsam lauschen die vier Urzeller der Musik. Von den Höhen des Münsterturms erklingt das Hausherrenlied, das der Heimatdichter und Künstler Bruno Epple seiner Stadt gewidmet hat.

Es ist aber nicht irgendein Sommersonntag in Radolfzell – es ist das dritte Wochenende im Juli und mit den Klängen des Hausherrenliedes wird traditionell der kirchliche Höhepunkt des Hausherrenfestes eingeleitet.
Doch ist in diesem Jahr vieles anders. „In diesem Jahr ist alles weniger – aber auch weniger laut“ wird Monsignore Bernd Kaut in seiner Predigt sagen, genau diese Botschaft symbolisiert das Bild auf dem Marktplatz. Das diesjährige Hausherrenfest findet im Rahmen der Regelungen der Corona-Verordnung statt.

Wo normalerweise hunderte Menschen die Straßen säumen und eine Prozession begleitet von der Stadtmusik über den Marktplatz ins Münster einzieht, könnte das Bild in diesem Jahr kaum gegensätzlicher sein.
Begleitet von Monsignore Bernd Kaut, Ministranten und Vertretern der Trachtengruppe „Alt-Radolfzell“ läuft Stadtpfarrer Heinz Vogel über den stillen Platz zum Münster.

„Das diesjährige Hausherrenfest ist anders, trotzdem hat man in den vergangenen Tagen gespürt, wie die Spannung steigt und Feststimmung in unserer Stadt aufkommt“, sagte Heinz Vogel zu den rund 100 Besuchern des Gottesdienstes.
„Seit Generationen haben sich Menschen hier versammelt, um zu beten – auch wir sind heute gekommen, um zu beten und um unseren Hausherren Theopont, Senesius und Zeno zu gedenken“, so Vogel. Die drei Hausherren standen im Mittelpunkt der Botschaft, die Monsignore Bernd Kaut in seiner bewegenden Festpredigt übermittelte.

„Welch Geschichte können wir heute hier feiern liebe Schwestern und Brüder“, sagte Monsignore Kaut zu Beginn seiner Predigt. Es seien die Lehren aus der Geschichte der Hausherren, die uns in Zeiten der Krise leiten können.
Die drei Hausherren sind als Reliquien nach Radolfzell gekommen, alle haben einen Migrationshintergrund. Radolfzell sei eine weltoffene Stadt, in der sich Menschen aus allen Regionen und Kulturen begegnen. Es sei die Geschichte der Hausherren, die uns diese Weltoffenheit lehre.

Im Moment würden viele Menschen die Sorge umtreiben, ob sie bald wieder so leben könnten wie vor der Pandemie. Man habe Sorge, dass das Gute, das man gewohnt sei, Schaden nehme.
„Doch Jesus erinnert uns daran, dass Weizen und Unkraut auf dem gleichen Acker wachsen, die gleiche Luft atmen und in die gleiche Sonne schauen“, predigte Kaut. „Wir müssen hinnehmen, dass es Gutes und Schlechtes gibt, denn Gott lässt beides zu“. Er sieht eine Krise auch als Chance für einen neuen Blick: „Ab und zu müssen wir ungewohnte Wege gehen, um ans Ziel zu gelangen“.

Viele leere Plätze, die Musiker auf der Empore und Kommunion mit Maskenschutz – auch beim Gottesdienst musste ein ungewohnter Weg gegangen werden. Pfarrer Heinz Vogel: „Es ist faszinierend zu sehen, was alles möglich gemacht wurde“.
Einen besonderen Dank richtete Vogel an Bruno Epple für seine Herzensgedanken, die er auch im „Hausherrenlied„ verewigt hat. „Und es stehn in unsrer Mitte die drei Hausherrn allezeit“, heißt es im Lied und so lautete auch die Botschaft eines ganz besonderen Gottesdienstes.
Zum Gottesdienst
Der Gottesdienst am Hausherrensonntag bildet traditionell den kirchlichen Höhepunkt des Hausherrenfestes. Aufgrund der Regelungen der Corona-Verordnung musste in diesem Jahr auf das große Hochamt mit anschließender Prozession auf dem Marktplatz vor Hunderten von Besuchern verzichtet werden. Stattdessen fanden zwei Eucharistiefeiern mit gleichem Programm vor jeweils rund 100 Gottesdienstbesuchern im Münster statt. Die Festpredigt hielt Monsignore Bernd Kaut. Der in Konstanz aufgewachsene und für seine Leistungen als „Brückenbauer“ mit der Stauffermedaille in Gold ausgezeichnete Geistliche, war unter anderem in Kenia und den USA tätig.
- Musikalischer Rahmen
Münsterturmbläser: Wolfgang Riester, Klaus Bosch, Dietmar Baumgartner, Manuel Riester, Thomas Kassner, Tobias Franz und Marc Baumgartner.
Im Gottesdienst: Irene Mattausch (Sopran), Simone Hofstetter (Alt), Nik Kevin Koch (Tenor), Clemens Morgenthaler (Bass), Mitglieder des Radolfzeller Kammerorchesters, Bläser der Stadtkapelle Radolfzell sowie Andreas Jetter (Leitung und Orgel).