Der Vorraum des Radolfzeller Münsters bot sich in vielerlei Hinsicht an diesem regnerischen Montagabend als Schutzraum an. Nicht nur konnten die Besucherinnen und Besucher der Veranstaltung zum Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus im Trockenen ihre Anteilnahme ausdrücken. Der Vorraum des Münsters habe auch historisch immer einen Asylraum dargestellt, wie der Radolfzeller Stadtpfarrer Heinz Vogel erläuterte.
Kirche als Asylraum für alle
Während der Kirchenraum selbst außerhalb der Messzeiten abgeschlossen war, war der Vorraum immer geöffnet. Pfarrer Vogel wollte an all die Menschen erinnern, die in dunklen Zeiten ihre Räume, seien es Keller oder Dachböden, für Verfolgte während der NS-Zeit geöffnet hatten.
Eingeladen zur Holocaust-Gedenkveranstaltung hatte bereits zum neunten Mal in Folge die Junge Union und der CDU-Kreisverband Konstanz. CDU-Kreisvorsitzender Levin Eisenmann sah es auch als Aufgabe der jungen Generation, die Erinnerung aufrechtzuerhalten.
In seiner Rede verurteilte er jede Form des Antisemitismus, der wieder vermehrt Einzug in die deutsche Gesellschaft halte. Dabei machte er klar: „Mit einer Partei, die offen antisemitische Abgeordnete in ihren Reihen hinnimmt, in der prominente Vertreter ein Ende der Erinnerungskultur fordern, kann es keine Zusammenarbeit geben.“ Das Gedenken sei nicht nur eine Erinnerung an die Vergangenheit, sondern auch ein Auftrag an alle.

Eisenmann lenkte den Blick nicht nur auf die Opfer während des Dritten Reichs, sondern auch die aktuellen Opfer von Antisemitismus. Er widmete die Veranstaltung auch allen Geiseln und Toten durch den Angriff der Terrororganisation Hamas und dem Krieg in Gaza.
80 Besucher trotzen dem Regen
CDU-Stadtrat und Historiker Christof Stadler gab einen Einblick in den Talmud, neben der Tora einer der bedeutendsten Schriften im jüdischen Glauben. Dabei handelt es sich um Diskussionen jüdischer Gelehrter mit verschiedenen Interpretationen, die mehrere Jahrhunderte umfasst. Einzelne Fragmente aus dem Talmud seien auch in Radolfzell noch erhalten und erinnerten an das jüdische Leben in der Stadt. Trotz des strömenden Regens nahmen rund 80 Besucherinnen und Besucher an der Gedenkveranstaltung teil.