Mit dem zweiten Lockdown haben sich auch die Quarantäne-Regeln in Radolfzell geändert. Die Stadt hat eine Allgemeinverfügung erlassen, die Infizierte und Kontaktpersonen der Kategorie I zu einer 14-tägigen Quarantäne verpflichtet, bevor die behördliche Quarantäneanordnung übermittelt wird.
Julia Rose, Mutter von drei kleinen Kindern, berichtet von den Schwierigkeiten, die sich durch die Quarantäne ihres zweijährigen Sohnes für die Familie ergeben. Und die Ausnahegenehmigung, die Behörden ihr daraufhin einräumten, hält sie für einen guten Weg auch für andere Familien. Die Idee: Wenn ein Kind Kontaktperson ist, aber keine Symptome zeigt, könnte statt Ausgangssperre auch ein strenges Kontaktverbot gelten.
Wie sollen die Geschwister nun zur Kita und in die Schule kommen?
Da in der Kindergartengruppe des Zweijährigen eine Person positiv auf Corona getestet wurde, musste die Gruppe geschlossen werden. Erzieher und Kinder befinden sich nun als Kontaktpersonen ersten Grades für 14 Tage in häuslicher Isolation: Sie dürfen die Wohnung, außer für Arztbesuche, nicht verlassen. Julia Rose hat noch zwei weitere Kinder. Eines besucht eine andere Kita-Gruppe, der Sechsjährige geht zur Schule.
„Welche Problematik die Quarantäne des Kleinsten mit sich bringt, ist mir erst bewusst geworden, als wir davon betroffen waren“, erzählt die Mutter am Telefon. Dabei betont sie, dass sie die Corona-Regeln befolgen möchte: „Meine größte Angst ist, dass wir jemanden anstecken könnten, der dann schwer an Covid-19 erkrankt.“
Nach drei Tagen kam die Ausnahmegenehmigung
Doch den Bedürfnissen aller drei Kinder gerecht zu werden, sei schlichtweg nicht möglich gewesen, berichtet sie. Als die Quarantäne begann, war ihr Mann für einige Tage beruflich unterwegs. „Wie sollten meine beiden größeren Kinder in den Kindergarten und die Schule kommen?“
Nach drei Tagen bekam die Familie eine Ausnahmegenehmigung. Das kleinste Kind, das keine Krankheitssymptome zeigt, kann nun trotz Pflicht zur Isolation im Fahrradanhänger, der mit einer Plastikabdeckung verschlossen ist, transportiert werden.
Der Zweijährige ist symptomfrei
So kann Julia Rose die beiden anderen Kinder in den Kindergarten und die Schule begleiten und wieder abholen. Der Hund läuft mit und bekommt so auch seinen Auslauf. „Für diese Lösung bin ich wirklich sehr dankbar“, sagt die Mutter.
Auf diese Weise sei sicherlich niemand gefährdet, findet sie. Und es habe den Vorteil, dass weder Großeltern, Nachbarn oder Freunde helfen müssten, die dann ja auch in Ansteckungsgefahr wären.
Für viele andere Familien könnte die Regelung auch interessant sein
Da in den kommenden Wochen mehr Familien vor ähnlichen Situationen stehen könnten, würde die Mutter eine Änderung der Quarantäne-Bestimmungen befürworten. Sie hält es für sinnvoll, anstatt des Verbots, die Wohnung zu verlassen, ein Kontaktverbot für die betroffene Person auszusprechen.
„Das hätte auch den Vorteil, dass man mit dem Auto oder dem Fahrrad in die Natur fahren könnte, um einen Spaziergang zu machen, beispielsweise im Wald. Falls man jemanden treffen sollte, kann man doch einen weiten Bogen um denjenigen machen“, meint sie.
Denn dass eine Quarantäne mit drei kleinen Kindern in einer nicht allzu großen Wohnung schwierig ist, hat Julia Rose in der vergangenen Woche erfahren müssen. „Und diese Situation kann noch öfter auf uns zukommen. Wie es wäre, wenn mein Sechsjähriger nicht wenigstens einmal am Tag raus dürfte, will ich mir gar nicht vorstellen.“
Ein Faltblatt der Stadt empfiehlt, eine Seelsorgenummer zu wählen, wenn die Situation zu anstrengend wird. „Was uns viel mehr helfen würde, wäre, für eine Stunde an die frische Luft zu gehen“, meint Julia Rose. Und: „Je menschlicher die Maßnahmen sind, desto größer wird die Akzeptanz in der Gesellschaft ausfallen.“