Das Ein-Euro-Ticket im Radolfzeller Stadtbus gilt als Erfolgsmodell. Andere Kommunen staunten, dass in Radolfzell die Ticketpreise gesenkt und die Fahrgastzahlen signifikant erhöht werden konnten. Der große Aufwind des Stadtbusses ist seit der Corona-Pandemie vorbei. Damit der Stadtbus auch weiterhin im kommunalen Vergleich mithalten kann, wollen Stadtverwaltung und Stadtwerke ein neues Konzept für die nächsten zehn Jahre ab 2026 auf den Weg bringen.

Ziel ist es nicht nur, einen effizienteren Fahrplan zu erstellen, sondern auch die komplette Elektrifizierung der Busflotte zu erreichen. Während sich im Gemeinderat keiner an E-Bussen stört, sorgt der von Verkehrsexperten Mathias Schmechtig von NahverkehrsConsult vorgestellte neue Linienplan für Diskussionen.

Zwei Haltestellen in Böhringen entfallen

Veränderungen gibt es vor allem im Ortsteil Börhingen, wo bisher die Linie 7 verkehrt. Ab 2026 soll dann die Linie 3 den Ortsteil versorgen. Geplant war eine Linienführung über die Steißlinger Straße und Fritz-von-Engelberg-Straße, um das Gewerbegebiet Blurado einzubeziehen. Wegfallen würde dann allerdings die Haltestellen Wiesengrund und Bodenseestraße in Böhringen. Für Ortsvorsteher Bernhard Diehl „nicht akzeptabel“, wie er während der Sitzung kritisierte.

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Zum Friedhof nur noch mit dem Rufbus

Ebenso wurde kritisiert, dass die Haltestellen Stürzkreut, Altbohl und Waldfriedhof künftig nur noch mit einem Linienbedarfsverkehr versorgt werden sollen. Aktuell fährt da noch die Linie 4. Linienbedarfsverkehr fährt nach vorheriger Anmeldung, entweder über das Telefon oder online. Auch Daueraufträge sollen eventuell möglich sein. Der Linienbedarfsverkehr startet von der angemeldeten Haltestelle zur Teggingerstraße oder zum Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB). Das Fahrtangebot besteht jede Stunde einmal. Es würde auch kein Bus fahren, sondern ein Taxi- oder Mietwagenunternehmen.

Routen im neuen Stadtbuskonzept ab 2026.
Routen im neuen Stadtbuskonzept ab 2026. | Bild: Steller, Jessica

Verkehrsexperte Mathias Schmechtig verteidigte sein neues Buskonzept, es sei „ökonomisch und ökologisch“, wie er während der Sitzung betonte. Und er rief die Fahrgasterhebungen aus dem Jahr 2020 in Erinnerung.

Diese hatten zum Beispiel ergeben, dass an der Haltestelle Stürzkreut am Tag gerade einmal sechs Fahrgäste ein- oder ausgestiegen sind. Am Waldfriedhof seien es 14 gewesen. Und an den Böhringer Haltestellen, die jetzt wegfallen sollen, nur knapp 35. Selbst wenn man die Einschränkungen der Corona-Pandemie einbeziehe, seien es schlicht zu wenig Fahrgäste, als dass es sich lohnen würde. Doch Schmechting betont: „Das Bedarfsangebot ist kein Angebot für Verlierer.“

Keine warme Luft durch‘s Quartier fahren

Auch Thomas Nöken vom Fachbereich Stadtplanung und Baurecht sprach sich für das neue Buskonzept aus. „Die Fakten liegen so, dass die Nachfrage an einigen Haltestellen so gering war, dass ein wirtschaftlicher Betrieb nicht möglich ist“, so Nöken.

Kein Quartier bleibe vom Busverkehr unversorgt, man wolle aber auch keine „warme Luft durch die Quartiere fahren“. Denn wolle man eine Linie aufrecht erhalten, brauche man gleich ein bis zwei Busse mehr, was zu mehr Kosten führe. Doch sollte sich die Nachfrage im Lauf der Jahre verändern, könne die Stadt durchaus Buslinien wieder aktivieren.

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Der Gemeinderat akzeptierte das neue Buskonzept mit zwei Ausnahmen. Der Fahrplan der Linie 3 bleibe für weitere zwei Jahre wie bisher der Plan der Linie 7 erhalten. Denn die Fahrt über das Gewerbegebiet Blurado sei aktuell nicht notwendig, denn noch gebe es dort keinen einzigen Mieter und auch noch keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die auf den Busverkehr angewiesen sein könnten. Auch wolle man die Auslastung der Linie von Liggeringen über Stahringen nach Radolfzell nach zwei Jahren überprüfen.