Polizeibeamte müssen sich vieles gefallen lassen. Beleidigungen gehören zu ihren alltäglichen Erlebnissen. Immer wieder enden solche verbalen Ausbrüche vor dem Gericht. So auch dieser Tage im Amtsgericht Radolfzell. Dort war ein zum Tatzeitpunkt 19-Jähriger angeklagt, weil er sie nach Ansicht von zwei Polizeibeamten bei einem Einsatz beleidigt hatte.

Am 16. August vergangenen Jahres wurde eine Streife der Singener Polizei nach Überlingen am Ried beordert, um gegen 4.10 Uhr in der Früh eine Ruhestörung zu beenden. Als die Beamten eintrafen, seien sie nach ihrer Zeugenaussage sogleich von einer siebenköpfigen Gruppe beschimpft und verhöhnt worden. Es sollen Affenlaute zu hören gewesen sein. Dabei soll von Beginn an eine aggressive Stimmung mit fortlaufenden Beschimpfungen geherrscht haben.

„Eigentlich hätten wir alle Personalien feststellen müssen“, berichtete die 31-jährige Polizeibeamtin vor Gericht. Die beiden Beamten hätten jedoch davon abgesehen, weil sie eine weitere Eskalation vermeiden wollten. Nachdem sie die Personalien des Gastgebers und späteren Angeklagten für die Verfolgung der Ordnungswidrigkeit festgestellt hatten, wollten sie nach eigener Darstellung das Gelände verlassen. Just in diesem Moment habe der Angeklagte sie mit drastischen Worten beleidigt. Gleichwohl verließen die Polizisten den Ort, ließen den Vorfall jedoch nicht auf sich beruhen. Sie stellten eine Strafanzeige wegen Beleidigung gegen Personen im Amt.

Angeklagter will seine Freunde beschimpft haben

Die Schilderungen des Angeklagten zeichneten eine völlig andere Situation. Weder sei es zur Beleidigung und Verhöhnung der Beamten durch die Gruppe der 18- bis 20-Jährigen gekommen, noch habe er selbst die Polizisten beleidigt. Vielmehr habe seine wütende Ansprache seinen eigenen Freunden gegolten, die ihn in die missliche Lage gebracht hätten.

Weil beide Aussagen derart konträr zueinander lagen, stellte der Verteidiger den Antrag einer weiteren Zeugenbefragung. Die wurde eine Woche später im Amtsgericht vorgenommen. Vorgeladen waren fünf Partygäste. Darunter befand sich eine Jurastudentin. Sie alle bestätigten die Aussage des Angeklagten und dass die Beschimpfung allein ihnen gegolten hätte. Die Polizisten seien zum Zeitpunkt der Tat bereits zehn bis 15 Meter entfernt gewesen und der Angeklagte habe sich eindeutig seinen Freunden zugewandt.

Staatsanwaltschaft hat mit ihrer Forderung keinen Erfolg

Die Staatsanwaltschaft indes schenkte diesen Ausführungen wenig Glauben. Sie sah nicht nur den Tatvorwurf als erwiesen an, sondern unterstellte den Zeugen zudem eine interne Absprache, die nach ihrer Beobachtung zu einer gleichen Wortwahl geführt habe. Sie forderte daher nach Jugendstrafrecht 20 Stunden gemeinnützige Arbeit, eine schriftliche Entschuldigung gegenüber den Beamten sowie einen fünfseitigen Aufsatz über den korrekten Umgang mit Respektspersonen.

Die Richterin schätzte die Ausgangslage etwas anders ein. Angesichts der Zeugenaussagen blieb ihr nichts anderes übrig, als die Unschuldsvermutung gelten zu lassen und den Angeklagten freizusprechen. Allerdings machte sie keinen Hehl daraus, dass auch sie den Aussagen der Beamten Glauben schenkte. „Ich habe keinen Zweifel daran, dass die Beamten ihre Realität geschildert haben. Ich habe jedoch Zweifel, dass sie mit den Beschimpfungen gemeint waren“, erklärte sie. Der Verteidiger wollte es dabei nicht belassen. Er kündigte an, gegen die Beamten Strafanzeige zu stellen. Mit den Worten: „Das klären wir auf. Denn einer lügt hier“, beendete er seine Ausführungen.