Mit ihrer geradezu idealen Lage am Marktplatz kommen täglich zahlreiche Menschen an der Radolfzeller Stadtbibliothek vorbei – und betreten sie offenbar auch. Rund 92.140 Personen haben im vergangenen Jahr die Stadtbibliothek besucht, das sind 7920 mehr als im Vorjahr. Hinzu kommen virtuelle Besucher, die die Onleihe nutzen.
Ihren Bibliotheksausweis aktiv genutzt haben 5100 Menschen – auch das ist eine Steigerung gegenüber 2022, damals waren es noch etwa 4800. Wobei Bibliotheksleiterin Petra Wucherer darauf hinweist, dass die Zahl deutlich höher liegen dürfte, denn man gehe davon aus, dass ein Ausweis im Schnitt von zwei Personen genutzt werde. Nur bei den Neuanmeldungen ist die Zahl leicht gesunken: mit rund 1090 waren es etwa 80 weniger als 2022.
Corona-Nachwirkungen sind noch zu spüren
Auch wenn die Entwicklung insgesamt erfreulich ist, weist Petra Wucherer dennoch darauf hin, dass noch immer nicht die Zahlen erreicht wurden, die vor der Pandemie verzeichnet wurden. „Wie alle Kulturschaffende haben wir 2023 noch Corona-Nachwirkungen zu spüren gehabt“, erklärt sie – eine Normalität sei einfach immer noch nicht eingekehrt. Zum Beispiel haben 2019 noch rund 5700 Personen ihren Bibliotheksausweis aktiv genutzt. „Das ist auch wieder unser Ziel“, so Wucherer. Dennoch: „Der Trend geht bergauf.“
So sieht auch die Ausleihstatistik 2023 wieder besser aus als in den Vorjahren. Insgesamt verzeichnet die Radolfzeller Stadtbibliothek mit ihren Zweigstellen rund 253.110 Ausleihen, davon rund 38.360 über die Onleihe, über die etwa digitale Bücher, Magazine und Hörbücher ausgeliehen werden können. Allerdings zählen etwa die Zeitschriften nicht zu den Ausleihen, so Wucherer. Die kommen also noch obendrauf.
Was wird gerne ausgeliehen?
Wie Petra Wucherer berichtet, habe sich das Ausleihverhalten durch die Pandemie gewandelt. DVDs zum Beispiel würden mittlerweile weniger häufig ausgeliehen, da Filme und Serien immer mehr über Streamingdienste geschaut werden. Allerdings gebe es mittlerweile neue Dinge, die häufig ausgeliehen werden, so Wucherer. Tonie-Boxen, also Hörspielboxen für Kinder, und dazugehörige Figuren etwa seien enorm nachgefragt. „Egal, wie viele wir haben, sie sind immer ausgeliehen“, freut sich Petra Wucherer.
Bei den Bilderbüchern seien über 60 Prozent des Bestands ausgeliehen, ebenso bei den Sachbilderbüchern, den Comics, die die 2023 von der Sparkasse Hegau-Bodensee gespendet wurden und bei den Kinderspielen. Und das seien sehr gute Zahlen. „Die Kinderbibliothek ist der absolute Renner“, fasst die Bibliotheksleiterin zusammen.
Nicht mehr so gut wie früher genutzt werden Sachbücher von älteren Schülern. „Es ist einfach so, dass diese Infos aus dem Netz kommen“, erklärt Petra Wucherer. Dafür werde die Stadtbibliothek als Lernort genutzt. Zudem erreiche man aus ihrer Sicht wieder mehr junge Menschen mit Büchern. Denn in den sozialen Medien werden unter den Begriffen „Booktok“ und „Bookstagram“ – angelehnt an die Plattformen, auf denen sich dieser Trend abspielt – Bücher rezensiert, diskutiert oder beworben. Petra Wucherer jedenfalls freut sich, „dass Lesen wieder so ein Hype sein kann“.
Freude über erfolgreiche Veranstaltungen
Neben den Ausleihen blickt die Stadtbibliothek auch auf viele Veranstaltungen zurück, etwa Workshops – und vor allem auf die baden-württembergischen Kinder- und Jugendliteraturtage, die in Radolfzell, Singen, Stockach und Konstanz stattfanden. „Unter dem Motto stand das letzte Jahr“, sagt Petra Wucherer im Rückblick. „Es ist super, wie gut das gelaufen ist und angenommen wurde.“
Schon im Kulturausschuss hatte Erik Hörenberg, Fachbereichsleiter Kultur bei der Stadt, berichtet, dass aus Radolfzell 2500 Kinder und Jugendliche an den Veranstaltungen der Reihe teilgenommen hatten. Insgesamt nahmen 2023 rund 3530 Kinder und Jugendliche und etwa 1600 Erwachsene an Veranstaltungen der Stadtbibliothek teil.
Was ist neu?
Neu sind in der Stadtbibliothek seit dem vergangenen Jahr ein Sami Lesebär – also ein Bär, der Kindern vorliest – mit dazugehörigen Büchern, sowie Nintendo Switch-Konsolen mit dazugehörigen Spielen. „Das läuft so gut, dass wir mittlerweile vier Switch-Konsolen haben“, berichtet Petra Wucherer – und 21 Vormerkungen. Ab August solle der dazugehörige Spielebestand daher noch weiter ausgebaut werden. Und: „Wir wollen viel Geld für Kinderbücher und Bilderbücher ausgeben“, kündigt Petra Wucherer an. Außerdem verfüge die Stadtbibliothek seit Mai über Edurino-Figuren, mit denen kleine Kinder zusammen mit einer kostenlosen App spielerisch an das Thema Rechnen herangeführt werden können.
Und auch sonst sind in diesem Jahr noch ein paar Neuerungen geplant. So will die Stadtbibliothek auch Sepa-Einzugsermächtigungen ermöglichen, zudem sollen unter anderem auch ein Beschriftungsgerät und ein elektronisches Handmikroskop angeschafft werden. Außerdem findet im Juni und Juli eine große Umfrage statt, von der die Stadtbibliothek sich Anregungen erhofft und über die sie sich im Anschluss europaweit mit Bibliotheken vergleichen kann. „Diese richtet sich dann auch an Leute, die die Bibliothek nicht nutzen“, so Wucherer.
Das steht künftig noch an
Und es stehen wieder einige Veranstaltungen an, wie Wucherer ankündigt – unter anderem Workshops im Rahmen des digitalen Freitags, die Kinder- und Jugendbuchtage, Lesungen für Schüler sowie etwa die Sommerleseaktion „Heiß auf Lesen“ statt. 2025 wird zudem das zehnjährige Bestehen der Stadtbibliothek im umgebauten Österreichischen Schlösschen.
Und auch sonst hat die Stadtbibliothek alle Hände voll zu tun – denn das Team setzt sich für Medienkompetenz und Leseförderung bei Kindern ein, veranstalten dafür etwa Führungen in der Bibliothek, Lesungen und verteilen Taschen mit Büchern als Lesestart. Dabei wachse die Zahl der Kitagruppen und damit auch der Bedarf, berichten Petra Wucherer und Erik Hörenberg. Doch der Einsatz sei dem Team sehr wichtig.