Sie hat für Verunsicherung gesorgt, die neue EU-Verordnung zur Entsorgung von Altkleidern. Das sagt Martin Zinsmaier, der beim Kreisverband des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) mit Sitz in Radolfzell für das Thema verantwortlich ist. Und das zeige sich auch an den Sammelcontainern und den Secondhand-Läden des DRK. „Die Mengen haben zugenommen“, sagt Zinsmaier. Zum Teil stapeln sich die Säcke mit alten Kleidern bereits vor den Containern – auch in Radolfzell, wie Angelique Augenstein, Leiterin des Dezernats für nachhaltige Stadtentwicklung und Mobilität, jüngst im Radolfzeller Verwaltungs- und Finanzausschuss berichtete.
Dabei habe sich eigentlich nichts geändert, sagt Martin Zinsmaier. Zwar schreibt die EU-Richtlinie seit Januar vor, dass alte Kleidung nicht mehr im Restmüll entsorgt werden soll. Allerdings gelte das nicht für kaputte oder stark verschmutzte Kleidung. Das betont auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. „Zerschlissene Kleidung kann in die Restmülltonne geworfen werden, wenn es hierfür vor Ort noch keine getrennte Sammlung gibt“, heißt es dort. Und: „Stark verschmutzte Textilien können in der Regel weiterhin in die Restmülltonne geworfen werden – es sei denn, in der Kommune gibt es auch hierfür bereits eine gesonderte Sammlung.“
Das werde aber oft nicht beachtet, berichtet Martin Zinsmaier. „Das, was sonst im Restmüll gelandet wäre, landet immer öfter in Containern und in den Kleiderläden.“ Dabei waren schon vor der Einführung der EU-Richtlinie die abgegebenen Kleidermengen bei DRK-Läden und DRK-Containern enorm. 930 Tonnen seien 2024 im Landkreis Konstanz in Altkleidercontainern gesammelt worden, sagt Zinsmaier.
Schlechte Qualität und schlechter Absatz
Eine Rolle spiele dabei auch Fast Fashion, also wenn die Modeindustrie schnell neue Kleidung produziert und günstig verkauft – oft durch den Einsatz von billigen Materialien und Arbeitskräften. Es gebe immer mehr derartiger Kleidung, sagt Martin Zinsmaier. Doch die Qualität sei so schlecht, dass Secondhand-Läden diese Kleidungsstücke oft nicht nutzen können und auch eine andere Weiterverwendung teilweise nicht möglich sei.
Aber nicht nur das sei problematisch. Früher sei die Kleidung, die in Altkleidercontainern des DRK landet, häufig nach Osteuropa, etwa in die Ukraine und nach Russland, geliefert worden. Das rentiere sich kaum, für ein Kilogramm Altkleider gebe es gerade einmal Erlöse im Centbereich, so Zinsmaier. Inzwischen sei der Absatz von Secondhand-Kleidung im Ausland durch den Ukraine-Krieg ohnehin größtenteils zum Erliegen gekommen.
Kleider aus dem Container landen in keinem DRK-Laden
Um die Kleidungsstücke, die in den Altkleidercontainern landen, kümmere sich das DRK nicht selbst, erklärt Martin Zinsmaier. Die Firma Striebel aus Langenenslingen im Kreis Biberach hole die Kleidung ab und sortiere sie dann in Restmüll, tragbare Secondhand-Ware und Recycling-Kleidung. Letzere werde zwar nicht mehr getragen, aber etwa zu Dämmvlies oder Malerstoff weiterverarbeitet, so Zinsmaier.

„Secondhand-Läden sind für jedermann“
Nur Kleidung, die direkt in den Kleiderläden des DRK abgegeben werden, werden vom DRK sortiert – allerdings könne nicht alles, was tragbar ist, tatsächlich in den Läden ausgestellt werden, sagt Martin Zinsmaier. Die Mengen seien zu groß, die Lager zu klein. Im Kleiderladen „Flotte Klamotte“ in Rielasingen werde daher nur Saisonware angenommen.

Generell sei Secondhand im ländlichen Raum in Deutschland aber noch nicht so beliebt wie etwa in der Schweiz, berichten Martin Zinsmaier und Ralf Baumert. Er ist Bürgermeister von Rielasingen-Worblingen und Vorsitzender des Müllabfuhrzweckverbands Hegau. „Secondhand hat einen leicht negativen Ruf“, bedauert Zinsmaier.
Zudem gebe es die Meinung, die Kleiderläden dürften nur von Bedürftigen besucht werden – das sei aber nicht richtig. „“Secondhand-Läden sind für jedermann“, betont Baumert. „Es gibt nichts Nachhaltigeres, als wenn ich Kleidung auftrage. Es wäre schade, wenn das alles entsorgt werden würde.“
Immerhin: Der Radolfzeller Kleiderladen des DRK, den es seit etwa 15 Jahren gibt, werde mittlerweile gut angenommen, so Zinsmaier – auch wenn es eine Weile gedauert habe. „Der läuft richtig gut“, freut er sich. Auch in Rielasingen nehme die Kundenzahl mittlerweile zu. Weitere Geschäfte gebe es in Konstanz und Gottmadingen. Die Einnahmen seien für das DRK auch sehr wichtig, etwa zur Querfinanzierung von Bereichen wie dem Katastrophenschutz.
Weniger Konsum und mehr Rücksicht
Um der Problematik der überquellenden Container zu begegnen, gebe es regelmäßige Leerungen, berichtet Martin Zinsmaier. Von den 250 DRK-Containern im Landkreis werden jene in Städten normalerweise wöchentlich geleert, in kleineren Gemeinden in der Regel alle zwei Wochen. In Rielasingen-Worblingen gebe es zudem Sensoren, die automatisch melden, wenn Container voll sind, sodass bei Bedarf sofort reagiert werden könne. Doch diese seien teuer.Jeder Container sei auch mit einer Telefonnummer versehen, über die Überfüllung gemeldet werden könne.
Generell wünscht sich Martin Zinsmaier allerdings nicht nur, dass Restmüll nicht im Altkleidercontainer landet, sondern dass allgemein weniger Kleidung gekauft und dann auch weniger entsorgt wird. Und dass, wenn Container überfüllt sind, ein anderer aufgesucht und die Kleidung nicht einfach davor auf der Straße abgeladen wird.