Als großen Erfolg bewerten der Reichenauer Kulturchef, Karl Wehrle, und die neue Kulturreferentin, Stefanie Schreiber, die große Landesausstellung zur Klostergeschichte anlässlich des 1300-Jahr-Jubiläums der Gemeinde. Wie im Archäologischen Landesmuseum (ALM) in Konstanz wurden auch auf der Klosterinsel rund 60.000 Besucher gezählt, die der dortige Teil der Landesausstellung interessierte.
Das ist ein Vielfaches dessen, was es bisher an Besuchern im Reichenauer Museum gab. Wobei Wehrle anmerkt: „Die Zahl korrekt zu erfassen, ist schwierig.“ Sie setze sich zusammen aus den Besuchern im Reichenauer Museum, inklusive der dortigen Führungen und angemeldeten Gruppen, sowie in der Münsterschatzkammer und bei Führungen in der St.-Georgs-Kirche.
Es sei aber noch nicht bekannt, wie viele Leute das Jubiläumsticket zum Besuch von Museum und Schatzkammer gekauft haben. Und überhaupt nicht erfasst seien die Besucher, die sich das Münster oder eine der anderen Kirchen und die Klostergärten auf eigene Faust angeschaut haben. Schreiber berichtet, dass die Landesausstellung gerade in den letzten Wochen noch einmal ein Besucher-Hoch hatte. „Der September war sehr stark.“ Und ebenso die erste Oktober-Hälfte. Wehrle betont zudem, dass auch die Resonanz der Medien überregional außergewöhnlich groß gewesen sei.
Ein Gewinn für die Gemeinde
Die Zweiteilung der Landesausstellung in den Part mit den wertvollen Reichenauer Handschriften im ALM, der am 20. Oktober zu Ende ging, und den Originalschauplätzen habe gut funktioniert, meint Wehrle. Ursprünglich sollte beides auf der Insel stattfinden, doch dort gab es keine geeigneten Räumlichkeiten. Schreiber folgert aus der Resonanz zur Zweiteilung: „Das wurde als Mehrwert empfunden, nicht als Nachteil.“
Beide betonen, dass es dadurch auch für die Reichenau nachhaltige positive Effekte gebe. Denn erst durch die Zweiteilung kam es laut Wehrle zur Neugestaltung der Präsentation der Klostergeschichte im Museum Reichenau, mit Landesmitteln unter finanzieller Beteiligung der Gemeinde und inhaltlicher Beteiligung des Museumsvereins. Schreiber fügt an, dass auch hier die Rückmeldungen von Besuchern sehr gut gewesen seien.
Die Mauern sind älter als das Kloster
Zum einen berücksichtigt die neue Präsentation neue Erkenntnisse vor allem zur Baugeschichte des Münsters. Demnach soll es schon vor der Klostergründung im Jahr 724 Gebäude auf der Reichenau gegeben haben, so Wehrle. Und eins davon habe der Klostergründer Pirmin offenbar mit einbezogen.
Denn im Raum unter der heutigen Schatzkammer, wo vermutlich die Schreib- und Malstube (Skriptorium) des Klosters war, gebe es Mauerteile, die älter seien als die Klostergründung. Zum anderen, so Schreiber, ist die neue Präsentation moderner, mit digitalen und interaktiven Angeboten, und nicht so textlastig. Das sei attraktiver, gerade für Familien mit Kindern.
Anders als die Landesausstellung im ALM bleibt die Neupräsentation im Museum Reichenau erhalten, so Wehrle: „Da haben wir von der Landesausstellung profitiert.“ Zudem werde die Präsentation im Museum noch aufgewertet durch Exponate, die im ALM waren und im Lauf des Novembers in die Reichenauer Ausstellung integriert werden. Zum einen handele es sich um das Chorgestühl, in das sich Besucher setzen und gregorianische Gesänge hören können, die vom Reichenauer Mönch Hermann dem Lahmen komponiert wurden.
Zum anderen gebe es den Nachguss der Bürgli-Glocke, die in Gailingen gefunden wurde, so Wehrle. Das sei die wahrscheinlich älteste Glocke Europas und vermutlich ein Reichenauer Guss. Zudem gebe es künftig im Reichenauer Museum nicht nur einen Film zur Baugeschichte des Münsters, sondern auch zu der von St. Georg und St. Peter und Paul.
Neue Technik für die Ausstellung
Ferner komme das sogenannte Spacebook zur Buchherstellung auf die Reichenau – bisher ist dort eins zu Pirmin und dem Kloster. Bei diesem Buch kann man von Hand blättern, über einen Projektor tut sich dann etwas auf den Seiten. Darüber hinaus bekomme das Museum einen Bildschirm, auf dem man digital in den Prachthandschriften des Mittelalters blättern kann. Er soll im Obergeschoss aufgestellt werden, das in der Neupräsentation dem Thema Skriptorium gewidmet ist.
Für die Reichenau bleibe jedoch noch mehr erhalten, erklären Wehrle und Schreiber. Etwa die Reichenau-App, die ebenfalls gut angenommen worden sei, so die Kulturreferentin. Die App werde derzeit überarbeitet und der Teil übernommen, der unabhängig von der großen Landesausstellung ist. Das sei dann ein moderner und aktueller Reiseführer.
Wehrle betont, dass zudem die Dinge Bestand haben, die zum Jubiläum fertig wurden: die neu gestaltete Schatzkammer und die neuen Klostergärten. Und natürlich der neue Eingangs- und Kassenbereich beim Museum zwischen Alt- und Neubau, in den die Gemeinde investiert hat.
Deutlich mehr Besucher auf der Insel
Wie groß das Interesse an der Klostergeschichte war und ist, zeige sich auch an der hohen Zahl an Führungen in den Kirchen, im Museum, der Schatzkammer und den Klostergärten, betont Karl Wehrle. Die Tourist-Information beziehungsweise der neue Eigenbetrieb Kultur, Marketing, Tourismus habe rund 1000 öffentliche Führungen angeboten sowie mehr als 900 für angemeldete Gruppen.
Das seien fast doppelt so viele wie 2023 gewesen und ein enormer Aufwand für die Mitarbeiterinnen und Führer. Die Zahl der täglich angebotenen Führungen werde zwar 2025 wieder etwas reduziert, aber es werden mehr sein als vor der Landesausstellung. Und Stefanie Schreiber fügt an, dass es im Museum nach der guten Resonanz weiterhin die im Jubiläumsjahr angebotenen Skriptorium-Workshops geben soll – auf jeden Fall für Kinder und möglichst auch für Erwachsene.