Die schlechte Nachricht zuerst: Das seit einigen Jahren geltende Provisorium an der Kreuzung beim Bahnhof Reichenau, das nicht gerade übersichtlich ist, wird wohl noch bis zum Jahr 2027 bestehen bleiben. Die gute Nachricht: Die zuständige Neubauleitung Singen hat nun endlich einen Planentwurf, der nach Abstimmung mit der Bahn, dem Landratsamt, der Straßenbehörde, der Polizei und der Reichenauer Verwaltung als Vorzugsvariante gilt.
Dabei sollen vor allem Radfahrer und Busfahrgäste Vorteile haben, so Projektleiter Valentin Wind, der zusammen mit Planer Felix Korhammer den Entwurf im Reichenauer Gemeinderat vorstellte. Bürgermeister Wolfgang Zoll betonte: „Wir sind im Vorfeld der Planfeststellung.“ In diesem Verfahren könne der Entwurf auch noch in einigen Punkten anders aussehen. Doch die grundlegenden Änderungen und Inhalte dürften so bleiben.
- Was ändert sich für Radfahrer? Eine wesentliche Änderung ist, dass der Radweg an der Verbindungsstraße (GVS) zwischen Lindenbühl und Waldsiedlung, der als Teil des Bodenseeradwegs gilt, von der Nord- auf die Südseite verlegt werden soll. Der Vorteil sei, dass Radler weniger Straßen queren müssten, meinte Projektleiter Wind. Wer zwischen Waldsiedlung und Insel Reichenau radelt, müsse dann gar keine Straße mehr queren. Von Konstanz Richtung Waldsiedlung und Allensbach gebe es dann zwei Möglichkeiten zur Querung der Kindlebildstraße: direkt südlich des Bahnübergangs oder mit einem Umweg weiter südlich auf Höhe des Solar-Unternehmens im Gewerbegebiet Göldern, dann aber sicherer mit Querungshilfe. Der Radverkehr zwischen Waldsiedlung und Wollmatingen muss allerdings die Kreuzung überqueren. Eine weitere Querungshilfe ist an der GVS, etwas abgerückt von der Kreuzung, vorgesehen. Die enge Stelle beim Bahnübergang östlich der Straße müssten dann nur noch Radler zwischen Konstanz und Lindenbühl befahren.
- Was ändert sich im Nahverkehr? Profitieren sollen von der Planung auch die Fahrgäste von Bus und Bahn, so Wind. Statt der bisher auf dem Areal verteilten Bushaltestellen soll es in einem neu gestalteten Bereich auf dem Park-and-Ride-Platz einen zentralen Bushaltesteig geben, wo alle Buslinien halten. „Da können drei Busse hintereinander stehen“, sagte Wind. Das sei übersichtlicher und erleichtere den Umstieg auf Bus und Bahn. Zudem sei dies ein verkehrsberuhigter Bereich. Die Busse würden dann über die nördliche Zufahrt zum Gewerbegebiet zum neuen Bussteig fahren. Diese Zufahrt soll zur Einbahnstraße werden, und der Bus dann über die südliche Zufahrt bei Lidl wieder ausfahren, erklärte Wind. Die Bahn wolle zudem unabhängig davon den Bahnübergang sanieren.
- Was ändert sich für Fußgänger? Hier befürchten manche Räte Einschränkungen. Fußgänger zwischen Bahnhof und Lindenbühl/ZfP sollen abgerückt von der Kreuzung östlich der Lindenallee bei einer Querungshilfe über die Straße gehen. Je nachdem, wo sie hin wollen, müssen sie aber dann noch die Lindenallee überqueren. Und mit dem Wegfall des Radwegs nördlich der GVS würde auch dieser Fußweg im Bereich des Lindenbühls entfallen. Wind dagegen meinte, für Fußgänger werde es wie für die Radfahrer „klare und direkte Verbindungen“ geben.
- Was ändert sich für den Individualverkehr? „Recht wenig“, sagte Wind. Die Vorfahrtsregelung im Kreuzungsbereich bleibe wie bisher. Autos, Lastwagen und Motorräder haben ebenso wie Busse auf der abknickenden Straße vom Bahnhof auf die GVS Vorrang. Auf dem Park-and-Ride-Platz werden durch den Bussteig zwar einige Stellplätze entfallen, aber auch neue angelegt, so Wind. In Summe werde es etwa bei 72 Stellplätzen bleiben. Die Einbahnregelung betreffe aber Nutzer des Parkplatzes wie Kunden und Zulieferer des Gewerbegebiets.
- Wie ist es in der Bauphase? Für den Um- und Neubau des Radwegs an der GVS soll die ganze Straße nach Norden verschoben, sprich teils neu gebaut werden, um wenig neue Fläche zu versiegeln, sagte Wind. Für Fußgänger und Radfahrer solle es immer eine Verbindung geben zwischen Waldsiedlung und Lindenbühl, für den Individualverkehr sehe es kritischer aus. Busse könnten auf der B33 fahren. Das habe das Amt für Nahverkehr geprüft.
Was wollen die Gemeinderäte?
Grundsätzlich findet eine Mehrheit den Entwurf gut. Sandra Graßl-Caluk (SPD) monierte aber Nachteile für Fußgänger wegen der von der Kreuzung abgerückten Querung und weil oft noch die Lindenallee überquert werden muss. Kerstin Sauer (Freie Wähler) betonte, in der Bauphase müsse das gut kommuniziert werden. Und der Busverkehr zur Waldsiedlung müsse funktionieren.
Gabriel Henkes (Freie Liste Natur) monierte ebenso wie Graßl-Caluk, die Fuß- und Radwege im Bereich Bahnhof/Lindenbühl seien zu schmal. Stefan Schmidt (FW) sagte, er finde es nicht so gut, wenn Busse durchs Gewerbegebiet fahren. Zudem sollte der Bereich nördlich des Bahnhofs schön gestaltet werden. Das kommt im aktuellen Entwurf nicht vor. In einer früheren Planung war dort der zentrale Bushalt vorgesehen.
Matthias Graf (CDU) meinte, es sei Steuergeldverschwendung, wenn die erst vor ein paar Jahren gebaute GVS nun wieder umgebaut werde. Und er wollte wissen, warum es für Fußgänger und Radfahrer keine Brücke über die Bahn geben könne. Wind erklärte, dass die Planung der GVS von 2007 stammte und auch seiner Ansicht nach unglücklich sei. Eine Brücke über die Bahn wäre ein großer Aufwand.
Planer Kormann erklärte, eine solche Brücke müsste rund acht Meter hoch sein wegen der Bahnanlagen. Dafür wären sehr lange Rampen nötig, um die Steigung gering zu halten. „Da wäre der ganze Bereich verschandelt.“ Thorsten Schneider (FW) meinte, wenn die Wegbreiten an manchen Stellen zu schmal seien, würden Radfahrer auf die Straße gelockt.
Und den Einbahnverkehr im Gewerbegebiet finde er eine starke Einschränkung für die Gewerbetreibenden. Zoll sagte abschließend, es sei bisher bei der Planung schon schwierig gewesen, die unterschiedlichen Interessen unter einen Hut zu bringen. Was von den Anregungen des Gemeinderats in den Planentwurf eingearbeitet werde, werde man sehen. Die Gemeinde könne sich im Rahmen der Planfeststellung dann noch einmal äußern.