Am vergangenen Wochenende hat es beim Reichenauer Inseldamm gebrannt, wie der SÜDKURIER bereits berichtete. Auf der Insel sind Schilfbrände nichts ungewöhnliches, sie treten immer wieder auf. Mehrfach ermittelte die Polizei in der Vergangenheit wegen des Verdachts der Brandstiftung. Als Reaktion auf die gelegten Feuer wurde im Jahr 2015 ein Pflegekonzept festgehalten, um dem entgegenzuwirken. Denn die Brände stellen eine Gefahr für die Natur und die Feuerwehrleute dar, die diese bekämpfen müssen.

Das Ausmaß von Schilfbränden ist besonders den Einsatzkräften bekannt. Diese Feuer entwickeln eine starke Hitze und die Flammen schlagen hoch nach oben. „Das kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man nicht davor steht“, sagt Thomas Baumgartner, Pressesprecher der Freiwilligen Feuerwehr Reichenau. „Das ist vor allem bei großer Nähe spürbar.“

25.000 Quadratmeter Schilf brannten in der Nacht zum Samstag, 19. März, auf der Reichenauer Alleenstraße ab.
25.000 Quadratmeter Schilf brannten in der Nacht zum Samstag, 19. März, auf der Reichenauer Alleenstraße ab. | Bild: FF Reichenau

Genau hier liegt das nächste Problem bei Schilfbränden: Wegen des unwegsamen, unebenen Geländes können nur schwer Wasserleitungen gelegt werden. Die Einsatzkräfte müssen also mit sogenannten Feuerpatschen ganz nah ran, um den Brand zu bekämpfen und diesen durch das handliche Erstangriffsmittel zu ersticken. Zusätzlich arbeiten die Feuerwehrleute mittlerweile mit speziellen Schilfbrandhaspeln, um gegen die Flammen vorzugehen. Hierbei handelt es sich um eine Rolle mit dünnen Schläuchen. Wie Baumgartner angibt, verfüge die Feuerwehr Konstanz für solche Fälle mittlerweile sogar über spezielle Waldbrandausrüstung.

Gerade in der jetzigen, anhaltenden Trockenheit sei es immer wahrscheinlich, dass es zu einem Schilfbrand komme. Konsequenzen für die Natur sieht Thomas Baumgartner nach dem Feuer aber eher weniger. Das Schilf dort würde sich relativ schnell erholen, meint er. Er sei sich aber bewusst, dass es dahingehend auch andere Meinungen gebe.

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NABU sieht hohen ökologischen Schaden

Eine davon vertritt Eberhard Klein, Leiter des NABU-Bodenseezentrums. So sei zwar vorwiegend totes Schilfmaterial abgerannt, dennoch habe das Feuer beziehungsweise die dadurch verursachte Hitze auch Schaden im Untergrund angerichtet. „Die Primärsprossen im Schlick sind vor allem durch die Hitze beschädigt worden“, weiß Klein, der selbst schon nach dem Brand vor Ort war.

So sei die diesjährige Halmgeneration bereits in der Nähe der Bodenoberfläche gewesen und deshalb in Mitleidenschaft gezogen worden. Und das hat Auswirkungen: So seien diese Primärsprossen dicker, stabiler und widerstandsfähiger. Die Sekundärsprossen, die sich nun bilden, seien dünner und instabiler, weshalb sie sich für Tiere, beispielsweise für Vögel, weniger als Nestbaumaterial eignen würden. Positiv ist jedoch, dass die Brutzeit der Tiere gerade erst begonnen habe, weshalb wohl noch keine Nester direkt von den Flammen betroffen waren.

Eine Aufnahme der verbrannten Fläche aus der Luft: Neben dem Reichenauer Inseldamm ist das verkohlte Gebiet deutlich zu erkennen.
Eine Aufnahme der verbrannten Fläche aus der Luft: Neben dem Reichenauer Inseldamm ist das verkohlte Gebiet deutlich zu erkennen. | Bild: Gerhard Plessing

„Aber natürlich ist nicht nur Schilf verbrannt, sondern auch die darin befindlichen Insekten und Kleintiere“, so Klein. Um den alten Zustand wieder herzustellen, benötige die Natur eine ganze Weile, ist sich der NABU-Leiter sicher: Er schätzt zwischen drei und fünf Jahren. Besonders treffe das eine vor allem dort vorkommende, seltene Wildbienenart. Deren Larven seien nun verbrannt.

Eine Schadenshöhe aus ökonomischer Sicht wegen des Brandes zu errechnen, gestalte sich deshalb schwierig. Aber: „Der ökologische Schaden ist hoch“, ist sich Klein sicher. Insgesamt seien laut Untersuchungen des NABU 2,57 Hektar verbrannt. Dies entspricht knapp einem Prozent des Schilfs im Naturschutzgebiet. Das höre sich zwar wenig an, sei aber ein großes Gebiet. Der betreffende Abschnitt sei außerdem aufgrund seiner „lagunenartigen Situation“ ein besonderer Bereich gewesen.

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Verantwortlicher handelte wohl ohne Vorsatz

Derweil ist von mutwilliger Brandstiftung im aktuellen Fall nicht auszugehen. So wurde über den Brandverursacher am Dienstag, 22. März, nochmals mehr bekannt. Der 45-jährige Mann habe laut eines Sprechers des Führungs- und Lagezentrums des Polizeipräsidiums Einsatz, an der entsprechenden Stelle eine „Rast eingelegt“. Er habe dann laut eigenen Angaben gegenüber den Behörden aufgrund der Kälte ein Lagerfeuer entzündet. Er habe sich daran wärmen wollen, wie er sagte.

Das Feuer sei dann – zu einem späteren Zeitpunkt – außer Kontrolle geraten. Grund war der starke Nordostwind in jener Nacht. Laut der Polizei sei aufgrund der Aussagen des Mannes nicht erkennbar, dass dieser mutwillig oder gar mit Vorsatz gehandelt habe. Dennoch herrscht im Naturschutzgebiet ohnehin ein Verbot für Feuer. Der 45-Jährige wurde nun wegen fahrlässiger Brandstiftung angezeigt.

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