Bei der Planung des Neubaugebiets Lindenbühl-West auf dem Reichenauer Festland zeichnen sich erste Tendenzen ab. Wie in der zweiwöchigen Bürgerbeteiligung gibt es auch im Gemeinderat Stimmen, die sich gegen eine zu dichte Bebauung aussprechen.
Kritik gibt es von Bürgern wie Räten am Vorschlag der Verwaltung und von Planerin Bettina Nocke, dass rund 1200 Menschen im 8,4 Hektar großen Planungsgebiet leben könnten.
Neue Grundschule nicht geplant
Zugleich wird der Wunsch geäußert, dass nicht nur Mehrfamilienhäuser, sondern zumindest im östlichen Teil des Gebietes auch Doppel- und Reihenhäuser geplant werden. Und es solle vor allem der Bedarf von Reichenauern gedeckt werden – nicht der von Zuzüglern. Eine Grundschule soll es wohl nicht in dem neuen Quartier geben, stattdessen ist der Ausbau der Einrichtung in der Waldsiedlung vorgesehen.
Bürgermeister Wolfgang Zoll betonte: „Es geht darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.“ Daher sei es wichtig, dass die Baukosten nicht zu hoch sind, weshalb er ebenso wie die Planerin drei- bis viergeschossige Häuser statt Einfamilien- und Doppelhäuser empfiehlt.
Zum Wunsch nach kleineren Häusern meinte er in der Gemeinderatssitzung: „Der Bedarf kann sich schnell relativieren, wenn der Kaufpreis feststeht.“ Zugleich betonte Zoll: „Es soll keine Retortensiedlung werden.“ Neben der Quantität gehe es natürlich um Qualität. Und es sei klar: „Wir müssen es in mehreren Phasen entwickeln.“
Einblicke in die Konditionen des Kaufvertrags gab Zoll ebenfalls. Die Gemeinde hat vom Land für rund 4,2 Millionen Euro das 6,4 Hektar große Grundstück westlich des Lindenbühls gekauft. Je nach Art der Bebauung fallen bis zu 3,6 Millionen Euro Nachzahlungen an. Und dies spätestens im Jahr 2035, dann müsse der Satzungsbeschluss für den letzten Teilbebauungsplan gefasst sein.
Die Bebauung könne dann auch noch später erfolgen, meinte er auf Stimmen aus dem Rat, dass 15 Jahre ein zu kurzes Zeitfenster für die Entwicklung des gesamten Gebiets seien. Im Vertrag ist auch festgelegt, dass das Zentrum für Psychiatrie 25 Prozent der Wohnfläche für seine Mitarbeiter bekommen soll, das Land zudem 22,5 Prozent für seine Bedienstete.
Der Gemeinde bleiben also 52,5 Prozent: Dabei sollen vor allem Einwohner bedacht werden, sind sich Verwaltung, Gemeinderat und Bürger weitgehend einig.
Thema beschäftigt viele Bürger
Die Bürgerbeteiligung vom 7. bis 21. Mai stieß auf recht große Resonanz, erklärten die zuständigen Berater der Gemeinde, Alicia Schmid, Michael Baldenhofer und Manfred Walser. Über Fragebögen und online habe es 359 Beiträge gegeben, so Baldenhofer. „Viele Bürger hat die Zahl 1200 Bewohner erschreckt und umgetrieben.“
Wobei die Meinungen zu einer passenden Größe zwischen 400 und 1000 schwankten. Viele seien jedenfalls gegen eine zu dichte Bebauung. Gerade im Anschluss an den bestehenden Lindenbühl werde eine aufgelockerte Bebauung auch mit kleineren Häusern gewünscht. Bei den Zielgruppen gebe es eine relativ gleichmäßige Altersverteilung, aber einen Schwerpunkt bei Familien. Und: „Es sollte vor allem Wohnraum für Reichenauer geschaffen werden.“

Kostengünstiges Wohnen in verschiedenen Wohnungsgrößen sollte es ebenfalls geben. Interessant sei, dass 144 der teilnehmenden Bürger bereits selbst konkretes Interesse haben. Gewünscht werde aber von vielen eine Entwicklung in Etappen.
Bei der sozialen Infrastruktur gebe es die meisten Stimmen für eine Kindertagesstätte sowie einen zentralen Treffpunkt mit gastronomischem Angebot. „Ein solches Zentrum könnte den Zusammenhalt der Ortsteile befördern, meinten viele“, so Baldenhofer. Schmid fügte an, dass viele Bürger ausreichend Freiräume und benutzbare Grünflächen wünschten. Der nicht motorisierte Verkehr habe einen hohen Stellenwert.
Im Gegensatz zum Vorschlag der Verwaltung und der Planerin fänden Tiefgaragen mehr Zuspruch als ein Parkhaus. Und eine ökologische Bauweise sei wichtig. Die komplette Auswertung der Bürgerbeteiligung mit mehr als 100 Seiten soll in Kürze auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht werden.
Umweltschonende Bauweise gewünscht
Im Gemeinderat herrscht weitgehende Übereinstimmung mit einer Mehrheit der Bürger. Zoll sagte, es gebe aktuell eine Grundlagenerhebung zum Themenbereich Kita/Schule. Es zeichne sich ab, dass die einzügige Schule in der Waldsiedlung ausreicht, eventuell aber eine neue Kita nötig werde.
Sandra Grassl-Caluk (SPD) meinte, dass wie im bisherigen Lindenbühl der Bedarf an Kinderbetreuung nur in den ersten Jahren größer sein dürfte. Soziale Räume seien wichtiger.
Britta Sauer-Böhm (Freie Wähler) forderte eine zentrale Kita für das Festland anstatt noch einen kleinen Kindergarten mehr. Zudem müsse man das Interesse an Doppel- oder Reihenhäusern berücksichtigen.
Gabriel Henkes (Freie Liste Natur) plädierte gegen ein dichte und zu schnelle Bebauung. Die Gemeinde sollte zudem dem Wunsch vieler Bürger nach einer umwelt- und flächenschonenden Bauweise folgen.
Ralf Blum (CDU) plädierte ebenfalls für den Erhalt der Schule in der Waldsiedlung und kleinere Häuser. Zudem kann er sich ein Bürgerzentrum im neuen Quartier vorstellen, das auch von Inselbewohnern genutzt wird.
Generell meinte Blum: „Wir sollten nicht alles vorgeben. Sonst brauchen wir keinen Wettbewerb.“