Wer am Buchhaldehof in Rielasingen auf der Straße nach Gottmadingen vorbeifährt, sieht keine Plakate an der Straße, die auf den Bauernprotest hinweisen. Es ist aber nicht so, dass die Landwirte Vater Clemens und Sohn Jonas Schlatter die Proteste nicht unterstützen. ‚Sie sind berechtigt und wir waren bei den Kundgebungen in Mühlhausen-Ehingen und Konstanz dabei‘, erklärt Jonas Schlatter. Denn die Bauern hätten zu lange zu viel geschluckt. Dem relativen kleinen Berufsstand der Landwirte würden zu große Lasten aufgebürdet, finden die beiden.
Sie sehen das Problem aber nicht allein in der Ampel-Regierung und distanzieren sich auch von den Krawallen in Biberach. Es sei ihnen vor allem wichtig, nicht nur bei der Landes- und Bundespolitik ein Zeichen zu setzen, sondern auch vor Ort etwas zu bewegen. Das sei Nähe zum Kunden, die in den Hofladen oder zu den Verkaufsautomaten am Hühnerstall kommen, aufzubauen und zu informieren.
Die Probleme sind vielschichtig
Auf dem Hof sei alles offen, jeder könne in den Stall kommen und Fragen stellen, sagt sein Vater Clemens Schlatter. Die Schlatters haben 70 Milchkühe, 3000 Hühner in Freilandhaltung und bewirtschaften rund 100 Hektar Land. Der Hof ist auch Lernort Bauernhof: Kindergarten- und Schulkinder besuchen den Hof und erfahren, woher die Milch und die Eier kommen. „Wer etwas wissen möchte, kann uns gern ansprechen und wir versuchen dann, es zu erklären“, sagt Jonas Schlatter. Sie möchten damit die Wertschätzung und Verständnis für ihre Arbeit und ihre Produkte fördern.
Die Probleme, die die Landwirtschaft habe, seien vielschichtig und deshalb sei es wichtig, die Verbraucher aufzuklären und zusammenzurücken. Denn viele wüssten nicht mehr, wo die Lebensmittel herkämen, sagen die Schlatters. Die Preise würden von den großen Lebensmittelkonzernen und dem Weltmarkt bestimmt und hätten nichts mit den tatsächlichen Produktionskosten zu tun. Das heiße zum Beispiel, wenn der Markt mit günstigem Weizen aus anderen Ländern überschwemmt werde, sinke der Preis für die Landwirte.
„Unser Ziel ist es, dass Lebensmittel für die Betriebe kostendeckend produziert werden können“, erklärt der Junglandwirt. Dafür müsse die Landwirtschaft umgebaut werden. Ein Problem sei, dass Subventionen an Flächen gebunden sind. Das würde falsche Anreize setzen, denn Investoren würden Land und Betriebe aufkaufen und bäuerliche Betriebe hätten keine Chance mehr. Außerdem würde es der Vielfalt der Landwirtschaft mit verschieden großen Betrieben nicht gerecht werden.
Besser wäre: Arbeit belohnen und Anreize schaffen
Langfristig müsse man weg von den Subventionen und stattdessen Leistungen der Landwirte, wie die Landschaftspflege und den Umweltschutz, belohnen und weniger Auflagen machen. Eine Entlastung der Landwirte könne zum Beispiel über die Einkommenssteuer erfolgen. „Vor allem braucht die Landwirtschaft aber verbindliche Richtlinien und Planungssicherheit“, fordert Clemens Schlatter. Denn nur dann könnten Investitionen zum Beispiel in einen neuen Stall für mehr Tierwohl angegangen werden.
Viele hätten ein falsches Bild von der Arbeit auf dem Bauernhof. „Wir leben in einer Industrienation und davon sind die Landwirte nicht ausgenommen. Wir müssen maximal effizient wirtschaften, um wettbewerbsfähig zu sein“, klärt Jonas Schlatter auf. Das habe nichts mit der heilen Welt und Hofromantik zu tun, die oftmals vermittelt würden.
Trotzdem hat Jonas Schlatter sich bewusst für den Beruf des Landwirts entschieden. „Ich mache es gern, vor allem weil man das Ergebnis der Arbeit sofort sieht“, berichtet er. Er sei verhalten optimistisch, dass Landwirte in Zukunft zuverlässig von ihren Produkten leben können und nicht von schwankenden Weltmarktpreisen und einem Diktat der Lebensmittelkonzerne abhängig sind. Er wünscht sich, dass es insgesamt mehr Wertschätzung für die und mehr Wertschöpfung in der Landwirtschaft gibt.
Hebesatz bei Grundsteuer könnte entlasten
Die Grünen-Gemeinderätin Jana Akyildiz kauft regelmäßig auf dem Buchhaldehof ein. Sie schätzt die Offenheit und den Austausch mit den Landwirten. „Ich mag, dass man sich begegnet, und kann dadurch die Landwirtschaft unterstützen“, sagt sie. Außerdem wisse sie, was in den Produkten drin ist, dass zum Beispiel auf Gentechnik im Futter verzichtet wird, und vertraue den Schlatters.
Sie sieht als Gemeinderätin aber auch, wie die Landwirte vor Ort unterstützt werden können. So könnte die Gemeinde die Landwirte über den Hebesatz bei der Grundsteuer entlasten. „Das ist ein Hebel, um etwas vor Ort zu bewirken“, erklärt Jana Akyildiz.