Muss das sein? – Auf dem neuen, hellen Granitbelag in der Singener Hegaustraße hat gerade jemand seinen Kaffee vergossen. Daneben unappetitliche Reste einer Wassermelone, und in Sichtweite ein monströser Fettfleck vom vergangenen Stadtfest.
Das sandfarbene Pflaster, das der Einkaufsstraße einen edlen Charakter vermitteln soll, hat seine Jungfräulichkeit verloren. Weil es in diesem Text um die Sauberkeit geht, ist das Auge des Betrachters besonders geschärft.
Höllenlärm, aber es wirkt Wunder
Bei Jörg Wagner, dem Chef der städtischen Reinigungsbetriebe, lösen die Hinweise auf all die Flecken nur ein schelmisches Lächeln aus. „Kein Grund zur Besorgnis“, sagt er und verweist auf die neue Nass-Kehrmaschine, den Cleaner N15, der gerade von Alexander Groß-Bäschle um die Ecke gesteuert wird.
Das 170 000 Euro teure Gerät macht einen Höllenlärm, kann dafür aber in der Reinigung kleine Wunder wirken. Der dicke Fettfleck, der dem durchschnittlichen Häuslebesitzer den Ausdruck der Verzweiflung ins Gesicht treiben würde, ist in wenigen Minuten verschwunden.
Alexander Groß-Bäschle hat das 97 Grad heiße Wasser mit 300 Bar durch die vier Rotordüsen gejagt und auf den Fleck gerichtet. An Stellen, für die die Maschine zu groß ist, kann er mit einem Handsauger nacharbeiten. Man sieht sofort, wo die 1,20 Meter breite Maschine gearbeitet hat. Nach einer Stunde ist der 1000 Liter fassende Wassertank leer und Groß-Bäschle muss zurück in die Betriebshof.

Was so eine Kehrmaschine ausmacht
„Für diese Fläche würden wir mit der vor Jahren angeschafften Maschine, die auch Kaugummis entfernen kann, einen Tag brauchen“, sagt Jörg Wagner. Er ist froh, dass sich die Stadt im Dezember 2018 für die Anschaffung dieser neuen Kehrmaschine entschlossen hat. „Je mehr diese Maschine kann, umso mehr Einsatzgebiete ergeben sich.“ Graffiti, andere Schmierereien oder Ölspuren sind leicht beseitigt. N15 kommt auf Tartanbahnen, Schulhöfen, Parkplätzen zum Einsatz.
Ist die Stadt Singen besonders dreckig?
„Nein“, sagt Wagner. „Nicht schmutziger als andere Städte.“ 33 Jahre ist er bei der Stadtreinigung, sechs davon als Chef. 500 Tonnen Kehrgut fallen jährlich an. Eine Aktion der Kriminalprävention zeige Wirkung. Auf Plakaten werden Bürger gefragt: „Warum wirfst Du Deinen Müll auf die Straße?“. Wagner glaubt einen Bewusstseinswandel zu erkennen.

Am Samstag wird gemeinschaftlich sauber gemacht
Dazu soll auch die Aktion „Singen macht sauber“, zu der sich am Samstag ab 9 Uhr rund 150 Singener mit Papierzange, Handschuhen und Müllsäcken zum Großreinemachen angemeldet haben, beitragen. Mit dabei sind auch Aktivisten der Schülerproteste „Friedas for Future“. Im Alltag sorgen 17 Männer und eine Frau bei der Stadtreinigung für Sauberkeit. Dazu gehört auch das Leeren der 900 Papierkörbe. Über die Bürgermail erhalten sie immer wieder Hinweise.
Das große Aufräumen
Rund 150 Singener Bürger treffen sich am Samstag, 6. Juli, um 9 Uhr zum großen Reinemachen. Ausgerüstet mit Papierzangen, Handschuhen und Müllsäcken und unterstützt von drei Kehrmaschinen werden sie in drei Gruppen ausschwärmen, um einzusammeln, was andere einfach in die Umgebung geworfen haben.
Eine Gruppe zieht durch die Innenstadt, die andere übernimmt das Landesgartenschaugelände, und die dritte Gruppe nimmt sich das Gelände rund um die Insel Wehrt vor. Gegen 12 Uhr ist das Ende der Aktion „Singen macht sauber“ vorgesehen. Vor 15 Jahren wurde auf diese Weise die Südstadt gereinigt. (gtr)