Am Ende sind es die Männer, die die meisten Fragen haben. "Wie kann ich die geheimen Wünsche meiner Partnerin herausbekommen, ohne dass sie sich gleich wie in einem Kreuzverhör vorkommt?", möchte ein jüngerer Gast wissen. Ein Schweizer Geschäftsmann fragt sich, ob es nicht auch möglich sei "zu viel" über Sex zu reden. Eindeutig am Wissbegierigsten ist aber der Senior der Runde, der die ungefähr halb so alte Claudia Elizabeth Huber mit seinen Fragen nur so löchert.

Dass sich die knapp 20 Besucher des Themenabends "Ein Sexcoach plaudert aus dem Nähkästchen" trauen, ihre Neugier direkt zu artikulieren, hat viel mit Hubers Auftreten zu tun. Im Gespräch mit Moderator Georg Harald Zawadzky-Krasnopolsky wirkt die Diplom-Psychologin unaufgeregt, aber nie abgebrüht. Statt als sexuelle Besserwissern präsentiert sie sich als eine sensible Zuhörerin.

Eine Fähigkeit, die die junge Frau als eine Grundvoraussetzung ihrer unkonventionellen Arbeit betrachtet. Huber hat es meist es mit weiblichen Klienten zu tun. "Am Häufigsten werde ich von Frauen zwischen 45 und 55 aufgesucht", berichtet sie. In solchen Therapiestunden könne es zum Beispiel darum gehen, beim Sex mit dem Partner einen Orgasmus zu haben oder dabei generell wieder angenehmere Gefühle zu empfinden. "Für viele ist es wichtig, sich überhaupt mal zur eigenen Sexualität äußern zu dürfen", verrät sie. Hubers Lösungsansätze sind ganzheitlich angelegt. Als Psychologin und Gesundheitsberaterin will sie sich weder auf mentale, noch auf rein körperliche Aspekte beschränken.

Eines versichert sie ihren Zuhörern: "Frauen können auch im fortgeschrittenen Alter ein aktives Sexualleben führen." Nicht zu unterschätzen sei aber die unterschiedliche Sozialisierung der Geschlechter und der Faktor Scham: "Jeder muss für sich herausfinden, wann Scham hilft und wann sie eher hindert." Teilweise hat Huber mit weiblichen Klienten zu tun, die von ihrem Partner zum Sex-Coach geschickt würden, nachdem es im Bett nicht mehr wie gewünscht laufe. Aus Sicht der Therapeutin ist das eine kontraproduktive Ausgangslage. Als Coach sieht sie ihre Aufgabe darin, in ihren Klienten ein Bewusstsein für deren ganz individuelle Bedürfnisse und Sehnsüchte zu wecken. Guter Sex sei erst dann möglich, wenn man sich selbst an- und erst nehme. In Singen spricht sie in diesem Kontext auch von einem Recht auf klitorale Verwöhnung, auf das Frau pochen sollte. Als Gegenpol zu unserem christlich geprägten Kulturraum führt der Sex-Coach Beispiele aus der Welt von Tantra und Kamasutra an, wo die Stimulation der äußeren Genitalien nicht nur auf das Vorspiel beschränkt sei.

Es wird im Verlauf der 90-minütigen Veranstaltung durchaus auch mal verschämt gekichert. So zum Beispiel, wenn beim Thema Selbstbefriedigung – für den Coach auch während einer Partnerschaft etwas essenziell Wichtiges – Ausdrücke wie "Stresswichsen" fallen. Man merkt der zu 50 Prozent aus Männern und Frauen bestehenden Zuschauerschaft aber an, dass sie Hubers Offenheit zu schätzen weiß. Sie wiederum rät dazu, diese Offenheit zu kultivieren. So auch ihr abschließender Tipp an den jungen Mann vom Anfang: "Wenn man mehr über die sexuellen Vorlieben des Partners wissen will, kann es helfen, erst einmal ehrlich von sich selbst zu erzählen."

 

Der Bodyworker

Neben psychologischen und beraterischen Qualifikationen hat Claudia Elizabeth Huber auch eine Ausbildung zum "SexologicalBodyworker" absolviert. In 50 Praxisstunden werden bei dieser Ausbildung Methoden vermittelt, wie man Klienten durch bewusst eingesetzte Berührung therapieren kann. Der Body-Coach selbst behält dabei aber stets die Kleider an. Notgeile Schwerenöter werden bereits im Bewerbungsverfahren ausgesiebt.