20 Minuten reichten aus, um alles auf den Kopf zu stellen. So viel Zeit hatte Stefan Zender zusammen mit Freund und Mitgründer Julian Reitze, um fünf Investoren von einer nachhaltigen Geschäftsidee zu überzeugen: Kaffeekapseln – hergestellt aus Sägespänen, die bei der Holzproduktion übrig bleiben. Die beiden in Mühlhausen-Ehingen aufgewachsenen Männer nutzten ihre Chance. Es gelang ihnen nicht nur die potenziellen Geldgeber zu begeistern, sondern auch hunderttausende Zuschauer, die sich die Präsentation der beiden im Rahmen der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“ im Fernsehen anschauten.
„Allein am Abend der Ausstrahlung konnten wir sechsstellige Besucherzahlen auf unserer Homepage verzeichnen“, blickt Zender auf jenen Septemberabend zurück. „Am Tag danach haben wir an die 4000 Mails beantwortet – als wir nachts ins Bett gingen, hatten wir immer noch einige unbeantwortete Anfragen.“ Vier Monate sind seitdem vergangen. Gelegt hat sich der Kundenansturm nicht. Nach dem Fernsehauftritt hätten Käufer aufgrund der hohen Nachfrage immer wieder Schwankungen bei den Lieferzeiten in Kauf nehmen müssen, sagt Zender. „Wahrscheinlich sind wir diese Woche zum ersten Mal wieder in der Lage, unsere regulären Lieferzeiten einzuhalten.“
Ein paar Jahre zuvor – an einem verschlafenen Vormittag in ihrer Wohngemeinschaft – hätten sich Reitze und Zender wohl nicht träumen lassen, dass ihnen die Frage, die sie sich gerade beim Kaffeekochen stellten, später einmal solche Aufmerksamkeit bescheren würdee: Warum sind Kaffeekapseln eigentlich aus Alu? Oder besser gesagt: Gibt es keine umweltfreundliche Alternative? Inzwischen sind die jungen Männer keine Studenten mehr. Als Gründer des Start-Ups Rezemo produzieren die Hegauer genau das, was sie sich damals für ihre WG-Küche gewünscht hätten: eine nachhaltige Alternative zur Alukapsel.
Umzug in größere Räumlichkeiten
Unterstützt werden sie von sechs Mitarbeitern. Noch. „Vermutlich werden wir bald die Zehnermarke knacken“, freut sich Stefan Zender. Erst vor einigen Wochen sei man von Stuttgart nach Waiblingen in neue Räumlichkeiten mit größerer Bürofläche gezogen. „Vorher waren wir bei der Produktion auf die Anlagen eines Geschäftspartners angewiesen, mittlerweile haben wir unsere eigene Rezemo-Produktion aufgebaut. Wir investieren stark, um der starken Nachfrage in Zukunft Herr zu werden“, fasst er zusammen.
Aber was genau ist es, was Kunden an den Rezemo-Kapseln so reizvoll finden? Zender glaubt das Holz als nachwachsender Rohstoff besonders geeignet ist, das Thema Nachhaltigkeit greifbar zu machen. „Wir verwenden nur Material, das im Rahmen der nachhaltigen Fortwirtschaft sowieso abfallen würde“, beschreibt er. Dadurch, dass man auf Holz aus den Wäldern Süddeutschlands zurückgreife, spare man CO2 ein. Hinzu komme der entscheidende Vorteil der Rezemo-Kapseln gegenüber konventioneller Alu-Kapseln: Sie können problemlos im Biomüll entsorgt werden.
Einiges aus der Löwenhöhle mitgenommen
Das Potenzial dieser Idee wurde spätestens bei „Die Höhle der Löwen“ deutlich. Kaum hatten Reitze und Zender sich und ihr Unternehmen vorgestellt, bekundeten die potenziellen Geldgeber Interesse daran, einzusteigen. Drei „Löwen“ – Dagmar Wöhrl, Ralf Dümmel und Carsten Maschmeyer – boten Reitze und Zender schließlich eine Million Euro bei einer Beteiligung von 20 Prozent an. Eigentlich ein Traumergebnis. Doch der Millionendeal platzte. Dadurch, dass so viele Parteien beteiligt waren, hätten sich am Verhandlungstisch Interessenskonflikte aufgetan, erklärt Zender.
„Wir sind trotzdem mit den Löwen im Austausch geblieben“, berichtet er. Und eine Idee, die in der Sendung angestoßen wurde, könnte dafür sorgen, dass Rezemo in Zukunft sogar noch weiter wächst. So regte Unternehmerin Judith Williams an, dass die biologisch abbaubaren Holzverpackungen auch in der Kosmetikbranche eingesetzt werden könnten, die derzeit noch stark auf Plastik setzt. Stefan Zender will sich noch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, aber so viel kann er schon jetzt verraten: „Mit den neuen Anlagen, die wir inzwischen im Einsatz haben, wollen wir noch stärker in die Bereiche Forschung und Entwicklung einsteigen.“
Weihnachtszeit im Hegau
Es bleibt spannend, wie es mit Rezemo weitergeht. Aber auch wenn jetzt schon Vier- und Fünf-Sterne-Hotels zum Kundenstamm zählen: Den beiden Gründern aus dem Hegau sind die eigenen Wurzeln wichtig geblieben. „Weihnachten verbringen wir immer zu Hause im Hegau„, sagt Zender. Ganz abschalten kann der Gründer aber auch zum Jahresausklang nicht. „Wir nutzen die Tage zwischen den Jahren, um unsere Maschinen auf den neuesten Stand zu bringen.“