Es ist ein zäher Prozess, ein ganzes Stadtquartier zu erneuern. Wenn es dann noch im Zentrum der Stadt liegt, wo die Eigentumsverhältnisse über Jahrzehnte fixiert sind, fällt der Wandel noch schwerer. Das Scheffelareal ist so ein Fall. Hier möchte die Stadtplanung seit Jahren aufräumen und in größeren Mehrfamilienhäusern neue Wohnungen und eine Pflegeeinrichtung schaffen. Das Conti-Hochhaus, das mittlerweile Stockwerk für Stockwerk abgetragen und dem Erdboden gleichgemacht wird, gehört zwar offiziell zum Sanierungsgebiet östliche Innenstadt, wird aber in die Neugestaltung des Scheffelareals eingebunden.

Eine Jury hatte sich mit diesem Quartier beschäftigt und den Entwurf des Konstanzer Architektenbüros Schaudt als Siegerentwurf gekürt. Danach soll an der Hauptstraße ein längerer Gebäudeblock entstehen, ein U-förmiges Gebäude an der Bahnhofstraße ist als Pflegeeinrichtung geplant. Im inneren Bereich sollen fünf mehrgeschossige Gebäude hochwachsen. Dazwischen Grünflächen und Bäume. Von dieser Planung ausgeschlossen sind die Grundstücke in der Scheffelstraße.

Ein neuen Bebauungsplan definiert das Gebiet

Jetzt hat die städtische Abteilung Stadtplanung die Aufgabe, einen Bebauungsplan für das gesamte Gebiet zu erarbeiten. Der klare Auftrag des Singener Gemeinderates ist es, auch hier den Schwerpunkt auf Wohnen zu legen.

In einem ersten Bebauungsplanentwurf eingezeichnet sind nun auch die Grundstücke der bestehenden Wohn- und Geschäftshäuser in der Scheffelstraße. Im Sinne der gewünschten Nachverdichtung, wie es im Behördendeutsch heißt, haben die Stadtplaner hier drei Baufenster eingezeichnet. Das bedeutet nichts anderes, als dass innerstädtische Freiflächen bebaut werden können. "Das ist aber eine reine Option", sagt der Leiter der Abteilung Stadtplanung, Adam Rosol. "Eine Möglichkeit, die den Wert der Grundstücke steigert, die aber nicht umgesetzt werden muss. Es herrscht Bestandsschutz."

Rebell aus den eigenen Reihen

Das sieht Thomas Wittenmaier, früher selbst Stadtplaner und Anlieger der Scheffelstraße vollkommen anders. Er fühlt sich getäuscht und kritisiert die politische Kultur in der Stadt. Mit 22, zum Teil polemischen Fragen ging er in einer Anliegerversammlung in den Protest. Tilo Brügel, zuständig für die Sanierungsgebiete, wehrte sich gegen die Vorwürfe und erhielt Schützenhilfe von Adam Rosol.

Auch am Rande der letzten Gemeinderatssitzung vor der Sommerpause war der Eklat Gesprächsstoff. Anlieger hätten sich gegenüber Gemeinderäten von Wittenmaiers Vorwürfen distanziert, berichtete Sabine Danassis (Grüne). Tilo Brügel versicherte, dass das Konzept für das Scheffelareal dem Gemeinderatsbeschluss folge und neuer Wohnraum Priorität habe. Oberbürgermeister Bernd Häusler verspricht auch hier größtmögliche Transparenz. Die eingezeichneten Baufenster seien nur ein Angebot, keinesfalls aber eine Verpflichtung zum Bauen. Die Stadt habe auch keinerlei Absicht, die Grundstücke zu erwerben.

Viele Singener kennen das Scheffelareal kaum, weil es sich hinter den Häuserzeilen der Haupt-, Bahnhofs- und Scheffelstraße versteckt. Es wirkt ein wenig unaufgeräumt mit den vielen verschiedenen Garagen und Grünflächen. Die Anlieger haben bisher über alles hinwegschauen können. Das wird sich ändern, wenn die neuen Häuser gebaut werden. Veronika Netzhammer (CDU) geht es von der Planung bis zur Umsetzung zu langsam. Sie empfiehlt zusätzlich Dächer auszubauen.