Thomas Güntert

Die Suche nach dem Standort für ein Atommüll-Endlager in der Schweiz geht in die dritte und letzte entscheidende Phase. Das Schweizer Bundesamt für Energie informierte nun bei einer öffentlichen Info-Veranstaltung in Schaffhausen über das Auswahlverfahren. In der Vernehmlassung sind 1550 Stellungnahmen eingegangen, wobei 1120 aus Deutschland kamen.

Im Gespräch sind drei Standorte für ein unterirdisches Endlager, alle nah an der deutschen Grenze: „Jura-Ost“ im Kanton Aargau, „Nördlich Lägern“ in den Kantonen Aargau und Zürich sowie – besonders nah am Hegau – Zürich Nordost in den Kantonen Thurgau und Zürich.

Besucher holen sich an Infotischen von Kantonen und Bürgerinitiativen Beratung.
Besucher holen sich an Infotischen von Kantonen und Bürgerinitiativen Beratung.

Das eigentliche Tiefenlager wird unter einer Standortgemeinde zu liegen kommen, wobei ein Kombilager für schwach-, mittel- und hochradioaktive Abfälle durchaus denkbar ist. Gemeinden im Planungsgebiet können an der Oberfläche von Zugangsstollen und Bauten wie Verpackungsanlagen ebenfalls von einem möglichen Tiefenlager tangiert werden.

Kantone stehen hinter den Endlager-Plänen

Marianna Frei, Gemeindepräsidentin der einzigen Thurgauer Standortgemeinde Schlatt und Mitglied der Regionalkonferenz, erklärte, dass der Kanton Thurgau wie die Kantone Zürich und Schaffhausen zum geplanten Atomendlager stünden. „Wir begleiten den Sachplan aktiv und konstruktiv, aber sehr kritisch“, bemerkte der Schaffhauser Regierungsrat Walter Vogelsanger. Er betonte, dass die höchsten Standards bezüglich Wissenschaftlichkeit und Sicherheit von Mensch und Umwelt bei der Standortauswahl absolute Priorität haben müssten.

Die Suche nach dem richtigen Standort für das schweizer Atommüll Endlager ist ein langwieriger Prozess. Die Zeichen des Widerstandes ...
Die Suche nach dem richtigen Standort für das schweizer Atommüll Endlager ist ein langwieriger Prozess. Die Zeichen des Widerstandes sind sogar am favorisierten Standort Isenbuck größtenteils verschwunden oder verblasst. Bild: Güntert

Die Kantone fordern, die Lagerkonzepte zu verbessern. „Wenn etwas passieren sollte, trifft es ein größeres Umfeld als nur unsere Region“, sagte Marianna Frei. Die Standorte Jura-Ost und Zürich Nordost liegen rund 60 Kilometer auseinander und Nördlich Lägern dazwischen. Für Barbara Schultz vom Amt für Raumentwicklung des Kantons Zürich ist es trotz des Grundwasservorkommens nachvollziehbar, dass der Standort Isenbuck im Zürcher Weinland weiterverfolgt wird. „Am Standort Rheinau-Benken gibt es ein isoliertes randliches Grundwasservorkommen“, so Schultz.

Experten untersuchen die Gesteinsschichten im Untergrund

Mit der Endlager-Standortsuche beauftragt ist die Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra). Deren Bereichsleiter Patrick Senn erklärte, dass bei Trüllikon ein etwa ein Hektar großer Bohrplatz entstehe. Ab Mai wird acht Monate lang täglich bis zu 2000 Meter tief gebohrt: Man will Tiefenlage, Mächtigkeit und Barriereeigenschaften des 160 Millionen Jahre alten Opalinus-Tons und der angrenzenden Gesteinsschichten sowie die die bautechnischen Verhältnisse im Untergrund untersuchen.

Der favorisierte Standort im Zürcher Weinland ist der Isenbuck zwischen Rheinau und Marthalen. Bild: Güntert
Der favorisierte Standort im Zürcher Weinland ist der Isenbuck zwischen Rheinau und Marthalen. Bild: Güntert

An Infotischen ließen sich Besucher von Fachpersonen beraten. Peter Rüegg war am Stand der Bürgerinitiativen „Klar Schweiz“ und „Kernfrauen“, die insbesondere die fachliche Unabhängigkeit der Nagra und das Einlagerungskonzept in Frage stellen. Er erklärte, dass eine Zusammenarbeit mit den deutschen Bürgerinitiativen nicht erfolge: Die politischen Ausgangslagen seien völlig unterschiedlich. Eine Besucherin fragte, wer denn die Atommüll-Anlage 100 000 Jahre lang kontrollieren wolle. „Die Geologie, weil 100 000 Jahre keine menschlichen Dimensionen sind“, war die Antwort.

Die Infoveranstaltung findet am 31. Januar, 19 Uhr, nochmals in der Gemeindehalle in Jestetten statt.