Der Bauhistoriker Thomas Schaad versetzte die etwa zwanzig Personen, die sich auf Einladung des Arbeitskreises Denkmalpflege des Vereins trotz des wechselhaften Wetters zur baukundlichen Führung nach Weiterdingen aufgemacht hatten, in die Zeit des späten 18. Jahrhunderts zurück und erklärte, dass die damals sehr bedeutende Handelsstraße Stuttgart-Zürich über Tuttlingen, Hattingen, Engen, Welschingen und eben den kleinen Flecken Weiterdingen am Fuße des Hohenstoffeln geführt habe. Entsprechend zählen die Häuser und Bauten entlang dieser historischen Handelsstraße, die von der Welschinger Straße im Norden in die Hilzinger Straße im Süden (die alte Hilzinger Straße) übergeht, zu den ältesten und interessantesten des Dorfs.
Damals habe Weiterdingen vom Durchgangsverkehr profitiert und sei entsprechend gewachsen, wie Bauhistoriker Thomas Schaad erläuterte. Indizien seien die entlang der Straße gelegenen historischen Gasthäuser, wie der Adler und das Gasthaus Krone. Es habe sicher auch Übernachtungsmöglichkeiten für Gäste, die entsprechenden Pferdeställe und Hufschmieden gegeben, wie er ergänzte. Eine ehemalige Hufschmiede identifizierte der Bauhistoriker in der Kosbühlstraße an deren Holzkonstruktion, wo unterm Dach die zu schmiedenden Eisen gelagert und die Pferde selbst unter einem Vordach beschlagen worden seien.
Apropos Dächer: Thomas Schaad referierte dann an Beispielen während der Dorfbegehung über die Entwicklung der Dachbedeckungen, etwa darüber, dass die alten Biberschwänze von den Muldenziegeln (im 19. Jahrhundert entwickelt) abgelöst worden seien, und erläuterte die Dachkonstruktionen – wie zum Beispiel die Aufschieblinge, unten am Dach eingefügte Holzkonstruktionen, um die eigentliche Dachneigung abzuflachen, damit das Regenwasser schonender über die Dachrinne abgeleitet werden kann.
In Weiterdingen gibt es noch eine Reihe schöner, alter Fachwerkhäuser, die aber zum Teil mit modernen, absolut dichten Kunststofffenstern ausgestattet worden sind. Bauhistoriker Thomas Schaad sieht diese Lösung als nicht ideal an, da sich auf den Fenstern Kondensat bilde, das Feuchtigkeit an die sie umgebenden Wände abgeben würde und zu Schimmelbildung führe. Dann ging der Historiker zurück in die Geschichte und erzählte, dass Sichtfachwerk vom Mittelalter bis in den Barock gebaut worden sei, doch ab dem 18. Jahrhundert – da zu dieser Zeit die dünnen Wände als Zeichen von Armut gedeutet worden seien – man die Häuser verputzt habe, die dadurch auch besseren Wetterschutz geboten hätten. Schaad rät davon ab, alte Putze selbst auszubessern zu wollen und empfiehlt die Hinzuziehung von Fachleuten.
Parallel zum Schloss, das sich heute wieder im Besitz der Freiherrn von Hornstein befindet, ist der alte Stadtmauercharakter noch klar zu erkennen. Eng reihen sich viele kleine Häuser aneinander, und einige Indizien, wie etwa ein schöner Zahnfries oder ein austragendes Obergeschoss weisen auf die alte Bausubstanz hin. In der Schlossstraße selbst machte Thomas Schaad dann auf eine aus dem Beginn des 17. Jahrhunderts stammende, sich noch im Originalstand befindende große Scheuer aufmerksam, die aufgrund der Erdbewegungen zwar Risse aufweist und auch nicht mehr sauber im Lot steht, aber dadurch nur umso eindrucksvoller wirkt.
Zum Schluss wies der Bauhistoriker darauf hin, dass die alten Häuser, Schlösser und Burgen durchaus bunt gewesen seien. Man habe damals Kaseinfarbe benutzt, bei dem Farbpigmente mit Kasein gebunden worden sei, das man aus Magermilch gewonnen habe. Bei diesen witterungsbeständigen Anstrichen seien preiswerte Naturfarbpigmente genutzt worden, wobei Ocker und Rot dominiert hätten.
Weiterdingen
Das Hegaudorf Weiterdingen, das im 17. und 18. Jahrhundert an der damals sehr bedeutenden Handelsstraße Stuttgart – Zürich lag, verfügt über eine ganze Reihe von Häusern, die noch weitgehend in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten geblieben sind. Es gibt jedoch auch viele Bauten, an denen gelungene und weniger gelungene Modernisierungen vollzogen wurden. Der Bauhistoriker Thomas Schaad ging mit kritischem Blick durch Weiterdingen und bewertete aus fachmännischer Sicht den Baubestand.