Nein, es ist kein Klischee. In Portugal sei es wirklich schwierig, mit Menschen einen Termin auszumachen und einzuhalten. Das sagt Luis Rondulha. Der 47-Jährige hat selbst portugiesische Wurzeln: Seine Eltern seien 1973 nach Singen gekommen und der Vater habe bei der Alu angefangen. In den 1980er-Jahren hätte sich die Möglichkeit ergeben, nach Portugal zurückzukehren. Durch eine schwere Erkrankung der Mutter habe sich die Familie aber entschlossen, hier zu bleiben.
Somit haben sie sich ein zweites Mal für Deutschland entschieden. Der Vater ist inzwischen verstorben. Doch die Mutter hat ihre Krebserkrankung überstanden. Auch dank des deutschen Gesundheitssystems, zeigt sich ihr Sohn dankbar.

Luis Rondulha lebt in der Singener Nordstadt. Er ist Vater von zwei Kindern. Die deutsche Mentalität habe er inzwischen übernommen. Checklisten findet er gut. „Ich will meine Linie drin haben und präzise arbeiten“, betont er. Seine Ausbildung zum Elektriker bei der Alu habe er genossen. Es sei strukturiert hier zugegangen. Ein idealer Wechsel zwischen Theorie und Praxis. Inzwischen ist er bei der Nachfolgefirma Amcor tätig. „Seit 30 Jahren bin ich beim gleichen Betrieb. Ich habe nur eine Bewerbung geschrieben in meinem Leben“, sagt er und schmunzelt.
In einem Punkt fiebert er mit Portugal mit
„Portugal kenne ich nur aus dem Urlaub“, sagt er. Nach vier Wochen bekomme er aber Heimweh und freue sich auf Deutschland. Dennoch, in einem Punkt kommt seine Herkunft bei ihm auf jeden Fall durch: ‚Beim Fußball bin ich für Portugal‘, räumt er ein.

Er selbst habe sich mit 18 Jahren entscheiden müssen und die portugiesische Staatsangehörigkeit gewählt. Seine Kinder hätten beide die deutsche Staatsangehörigkeit. Zerrissen sei man immer als Gastarbeiterkind. „Ich fühle mich super aufgenommen und bin voll integriert hier. Es ist mehr ein innerer Kampf. In Portugal bin ich der Immigrant, in Deutschland der Ausländer.“
Luis Rondulha war im Vorstand des portugiesischen Clubheims in Singen aktiv. Bei der freiwilligen Feuerwehr in Singen war er auch im Einsatz. Er hat eine Motorradclique gegründet. Den südländischen Rhythmus lebt er auch aus – früher mit Schlagzeug in einer Band, heute mit den rhythmischen Klängen Congas. Heimatgefühle weckt bei ihm der Hohentwiel. Beim Burgfest hat er jahrelang Folklore getanzt.

Wenn er an Portugal denkt, dann vermisst er vor allem das Meer. Gewisse Essensrituale habe er hierher übernommen. Zum Jahreswechsel gebe es etwa immer gekochten Stockfisch mit Kartoffeln, Wirsing und Karotte. „Meine Kinder essen es eher der Oma zuliebe, aber sind jetzt nicht so restlos davon begeistert“, räumt er ein. Ihm schmeckt es aber.