Anina Kemmerling

Es ist leider keine Seltenheit mehr: Immer öfter kommt es zu Gerichtsverhandlungen wegen illegaler Kraftfahrzeugrennen. Und gerade Singen scheint für Liebhaber hoher Geschwindigkeiten aus der benachbarten Schweiz ein attraktiver Ort zu sein, um das Potential ihrer hochmotorisierten Fahrzeuge unter Beweis zu stellen. Ein solches Kräftemessen lieferten sich auch zwei Männer aus der Schweiz auf der B33 von Singen nach Radolfzell. Im Prozess vor dem Amtsgericht wurden sie zu jeweils 100 Tagessätzen à 100 Franken Geldstrafe verurteilt.

Anders als in der Schweiz gibt es auf deutschen Autobahnen sowie auf mehrspurigen Bundesstraßen keine Geschwindigkeitsbegrenzung, sondern einen Richtwert von 130 Stundenkilometern. Die Geschwindigkeit der Fahrzeuge selbst ist zunächst also kein Anzeichen für ein illegales Rennen. Trotzdem war der Tatbestand für die Staatsanwaltschaft und Richterin Daniela Krack eindeutig. „Beide Angeklagten haben eine gemeingefährliche Tat mit hohem Gefährdungspotential vollzogen. Sie können froh sein, dass nichts Schlimmeres passiert ist“, lautete die Einschätzung zu Prozessende.

Gefährliche Situationen zur Mittagsstunde

Es geschah am Fasnachtssonntag dieses Jahres gegen 12 Uhr, also am helllichten Tag. Die Beschuldigten fuhren mit ihren deutschen Luxusautos, zwei geleaste BMW M4 mit einem Fahrzeugwert von jeweils mehr als 70.000 Schweizer Franken, am Autobahnkreuz Hegau in Richtung Radolfzell. Dort überholten sie den Hauptzeugen, der mit seinem Sohn auf dem Weg zu einer Fasnachtsfeier auf der Reichenau war und den Vorfall der Polizei meldete. Sofort habe er zu seinem Sohn gesagt: „Pass auf, da kommen zwei ganz Schnelle.“ Die Situation schien von Anfang an etwas ungewöhnlich zu sein.

Überholter Zeuge muss stark abbremsen

Nach dem Überholen scherte eines der beiden Autos rechts ein. Das andere blieb auf gleicher Höhe auf der linken Spur. Beide haben dann laut Aussage des Zeugen gleichzeitig auf etwa 80 Stundenkilometer abgebremst. Deswegen habe auch er stark abbremsen müssen, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. „Beim Bremsen wurde ich richtig in den Gurt gedrückt“, beschrieb dessen Sohn, der auf dem Beifahrersitz saß. Anschließend beschleunigten die Angeklagten gemeinsam. So stark, dass sie aus dem Sichtfeld der beiden Tatzeugen im dahinter befindlichen Fahrzeug verschwanden. „Spätestens dann war mir klar, dass da gerade ein Rennen vor meinen Augen stattfand“, so der Zeuge. Er informierte daraufhin die Polizei, die die beiden Schweizer bei Konstanz stoppte.

Verteidiger vermisst entlastende Aussagen der Zeugen

Bereits nach den Aussagen des Hauptzeugen unterbrach Gianpiero Fruci, Fachanwalt für Verkehrsrecht und Rechtsverteidiger eines der Angeklagten. Er warf dem Zeugen vor, über ein sehr detailliertes Erinnerungsvermögen bei belastenden Aussagen zu verfügen. Bei entlastenden Aussagen fehle ihm dann jedoch die Erinnerung. „Ich hatte oftmals Bauchschmerzen bei den Zeugenaussagen. Die Zeugen haben einen hohen Belastungseifer“, so Fruci. Es mangele an Objektivität.

Richterin Krack konnte das nicht umstimmen. Sie blieb bei dem von der Staatsanwaltschaft vorgeschlagenen Strafmaß. „Gerade weil Straßenrennen in aller Munde sind, dürfen wir sie nicht so einfach davonkommen lassen“, sagte Daniela Krack.