Zum Thema Unterbringung und Integration von Geflüchteten: Schaffen wir das?

Unsere Quote in Singen haben wir erfüllt. Wir haben uns aber auch klar gegenüber dem Landrat positioniert und gesagt: Wir nehmen keine weiteren Flüchtlinge mehr auf. Jetzt müssen die anderen ihre Hausaufgaben erfüllen. Das ist kein Vorwurf an andere Kommunen, ich weiß, wie schwer die Unterbringung ist. Die Integration ist eine Gesamtlast, die der ganze Landkreis zusammen leisten muss. Singen kann an diesem Punkt nicht immer einspringen.

Die Integration bereitet mir Sorgen. Unglaubliche viele Menschen sind zu uns gekommen, die unsere Sprache nicht können, vielleicht ein anderes Verständnis von Schule und Werten haben. Wir wollen, dass diese Menschen eine Chance in unserer Gesellschaft haben, das gelingt aber nur über die Sprache und über die Teilhabe an unserem Leben. Diese Menschen müssen aber auch akzeptieren, dass es bei uns bestimmte Werte gibt, an die man sich halten muss.

Wann bekommt Singen wieder eine Leichtbauhalle?

Ich hoffe gar nicht. Ich sage es ganz offen: Von mir wird es dafür keine Unterstützung geben. Wir erfüllen unsere Quote seit Jahren.

Fühlen Sie sich als Kommunalpolitiker manchmal von der übergeordneten Politik in Berlin im Stich gelassen?

Wir fühlen uns in vielen Punkten alleingelassen. Das fängt bei der Unterbringung von Flüchtlingen an, geht über die Bereiche Kindertageseinrichtungen und Ganztagesschulen und Energiewende. Aber die Frage ist immer: Wer muss es umsetzen und auch finanzieren. Ich stelle mir oft die Fragen: Wer soll das alles finanzieren? Und wo soll das Personal herkommen?

Die AfD erzielt hohe Umfragewerte: Macht es Ihnen Sorgen, dass die rechtspopulistische Partei bei der Kommunalwahl 2024 verstärkt antreten will?

Das ist Demokratie. Wenn die Partei hier bei uns antritt, wird man sehen, was der Wähler macht. Wenngleich ich nicht verstehen kann, wie man diese programmlose Rechtspartei wählen kann.

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AfD auf dem Vormarsch, ein Reichsbürger in Singen: Wie steht es um den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt?

Der ist nach wie vor außerordentlich hoch. Dass wir natürlich das eine oder andere Problem haben, ist klar. Das haben andere Städte auch. Die zwei rivalisierenden syrischen Clans, die aber nicht nur in Singen wohnen, bereiten uns Sorgen. Im Augenblick scheint es ruhig zu sein. Deswegen haben wir auch bei den Vorfällen konsequent gehandelt. Mit Platzverweisen, mit höherer Präsenz der Bereitschaftspolizei. Auch um zu zeigen, wir wollen so etwas in Singen nicht. Unsere Sicherheitsbehörden werden wachsam bleiben.

Es kommt ein neuer Kindergarten beim Hohentwiel-Stadion. Wo bekommen Sie noch Erzieherinnen her?

Aktuell bekommen wir noch Personal. Es ist aber eine große Herausforderung, die Fachkräfte zu finden. Ob wir es am Ende schaffen, wenn der Kindergarten fertig ist, das weiß im Moment niemand. Aber wir können auch nicht nicht bauen. Die Planungen für die neue Kita sind nahezu beinahe abgeschlossen und wir werden, so gut es geht und so schnell es geht, diesen Kindergarten errichten. Und die Kita beim Hohentwiel-Stadion soll auch als Modell für weitere Kitas in der Stadt dienen.

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Denn wir wollen das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf und das Thema Integration in den Griff kriegen. Und gerade bei der Integration ist die Kita wichtig, um Sprache und Werte unserer Gesellschaft zu vermitteln.

Es geht voran beim Nordstadtversorger. Als wie wichtig erachten Sie diese Entwicklung für die Nordstadt?

Außerordentlich wichtig. Die Nordstadt ist mit knapp rund 15.000 Einwohnern unser größter Stadtteil. Dort gibt es einen kleinen Discounter und einen Nahversorger in der Uhlandstraße, der einen wahnsinnstollen Job macht. Aber für die Zukunft ist das zu wenig. Wir müssen in der Nordstadt einen weiteren zentralen Punkt mit Nahversorgung und weiteren Angeboten wie dem Drogeriemarkt schaffen. Menschen werden immer älter, wollen nicht mehr mit dem Auto fahren, deswegen ist der Nordstadtversorger sehr wichtig für die Stadt. Wir haben jetzt einen guten Betreiber und einen guten Investor für den Bereich Wohnen. Der vorliegende Entwurf passt dort hin.

OB Bernd Häusler (rechts) zeigt den beiden SÜDKURIER-Redakteuren Stephan Freißmann und Matthias Güntert (von links), welche Vorteile der ...
OB Bernd Häusler (rechts) zeigt den beiden SÜDKURIER-Redakteuren Stephan Freißmann und Matthias Güntert (von links), welche Vorteile der neue Nordstadtversorger mit sich bringen soll. | Bild: Graziella Verchio

August-Ruf- und Ekkehardstraße sind Prunkstücke. Dafür gibt es mit Sunnewirbel, Sport Schweizer und dem früheren Oexle drei Immobilien, die seit Monaten oder länger leer stehen. Hat der Handelsstandort Singen ein Problem?

Sonnenschein ist über dem Handel insgesamt nicht, es sind Wolken aufgezogen. Der Handel ist intensiv am Arbeiten. Als Stadt sind wir über unseren starken Einzelhandel froh. Aber es wird auch bei uns in den kommenden Monaten Veränderungen geben. Die hohe Inflation ist auch bei uns spürbar. Ganz dunkel sind die Wolken zwar nicht, Singen ist insgesamt ein Frequenzbringer – hier unterstützt auch Singen Aktiv.

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Überlegen Sie sich bitte, wie die Innenstadt in Singen vor Corona aussah: kein Cano, kein neuer Bahnhofsvorplatz, keine August-Ruf- und Scheffelstraße, so wie sie heute dastehen. In Singen werden Leerstände immer wieder nachbesetzt. Mit dem neuen Brauhaus im ehemaligen Heikorn wird auch eine Gastronomielücke gefüllt. Solche Elemente bringen der Stadt Singen positiven Rückenwind. Es gibt in Singen quasi nichts, was es nicht gibt – außer einen Ikea vielleicht. Die Entwicklung der Innenstadt ist ein Quantensprung im Vergleich zu vor 15 Jahren.

Der Neubau der Scheffelhalle ist eingetütet. Wie sieht es mit anderen großen Bauprojekten aus? Stichwort: Sanierung Hallenbad, dreiteilige Sporthalle, Feuerwehrgerätehaus.

Der Förderantrag für die Sanierung des Hallenbades ist in der Mache. Wir hoffen da auf den Maximalzuschuss des Bundes. Das Thema Feuerwehr ist in der Vorbereitung. Elementar wichtig ist hierbei, wie groß der Zentralstandort sein muss. Wenn ein Teil im Süden Platz findet, dann können wir den Zentralstandort am jetzigen Standort wohl halten und wir bauen dort das neue Feuerwehrgerätehaus. Ob und wann wir das Feuerwehrhaus bauen, kann ich nicht sagen. Das hängt alles vom Geld ab. Im Augenblick weiß ich auch nicht, wann wir die dreiteilige Sporthalle bauen können. Auch dies hängt vom Geld ab.

Aufmerksam verfolgt OB Bernd Häusler die Fragen des SÜDKURIER. Am Ende wird deutlich: Das Interview war sehr intensiv.
Aufmerksam verfolgt OB Bernd Häusler die Fragen des SÜDKURIER. Am Ende wird deutlich: Das Interview war sehr intensiv. | Bild: Graziella Verchio

Wenn Sie SÜDKURIER-Redakteur wären: Welche Überschrift würden Sie dem Kommunalpolitik-Jahr 2023 bisher geben?

(lacht) Meilensteine für Singen sind angepackt – neue Scheffelhalle, Gewerbegebiet Tiefenreute und Nordstadtversorger kommen. Die Überschrift würde aber auch gut über das Interview passen.