Rolle rückwärts in Sachen Scheffelhalle: Der Neubau des bei einem Feuer im Jahr 2020 vollkommen zerstörten Gebäudes wird nun doch ohne Architektenwettbewerb vollzogen. Darauf hat sich der Verwaltungs- und Finanzausschuss mit großer Mehrheit geeinigt.
Der Grund: Die neue Scheffelhalle soll der alten Scheffelhalle architektonisch äußerst ähneln, wie Oberbürgermeister Bernd Häusler betont. „Wir wollen unsere Scheffelhalle wieder so sehen, wie sie vor dem Brand war“, so der Singener Rathauschef.
So sieht der Plan der Verwaltung aus
Christian Kezic vom Gebäudemanagement wird bei der Vorstellung der architektonischen Vorgaben für den Wiederaufbau der Scheffelhalle deutlich: „Wir brauchen eigentlich keinen Architektenwettbewerb, wir wissen, was wir wollen.“ Bei der Annäherung von außen und beim Betreten der neuen Scheffelhalle solle man laut Sitzungsunterlagen das alte Gebäude wiedererkennen.
Die Halle solle wieder den charakteristischen Knick und die Gaupenreihen in den Dachflächen bekommen. Das prägende Eingangsportal am Südgiebel, die Fensterform, innen die Galerie, zu der zwei freistehende Treppenanlagen führen, die Bühne mit der Treppe zum Saal über die komplette Breite und das ursprünglich offen einsehbare Dachtragwerk sollen wieder entstehen.
Auch Galerie und Bühne sollen wieder ihren Platz in der neuen Scheffelhalle finden. Allerdings sollen sie durch mobile Trennwände vom Saal abgetrennt werden können, um sie getrennt vom Saal nutzen zu können. Zudem soll die neue Scheffelhalle in Holzbauweise (möglichst stützenfrei) und auf dem aktuellen Stand der Technik entstehen.
Das Gebäude wird eine PV-Anlage erhalten, soll einen geringen Heizwärmebedarf aufweisen und aus möglichst nachhaltigen Baustoffen errichtet werden. Bei der Wärmeerzeugung soll auf regenerative Technik zurückgegriffen werden. Oder anders formuliert: „Aus Sicht der Verwaltung ist der so vorgegebene Planungskorridor so eng, dass den Architekten nur wenig Gestaltungsfreiheit bleibt. Ein Wettbewerb oder eine Mehrfachbeauftragung kann nur zu sehr ähnlichen Ergebnisse führen“, betont Kezic. Zu dieser Auffassung sei die Verwaltung auch gekommen, nachdem sie sich von einem Experten in Vergaberecht habe beraten lassen.

Der neue Plan der Verwaltung sehe nun vor, dass die Vergabe durch ein europaweites Verfahren erfolge. Begleitet wird das Vorhaben vom Büro Steybe-Controlling aus Kirchzarten. Aber die Zeit drängt: Zwar könne durch das neue Verfahren Geld und Zeit gespart werden, aber es muss quasi im ersten Anlauf alles passen.
Zeitdruck beim Neubau
Laut Sitzungsunterlagen stehe die Zeit für eine Wiederholung des Verfahrens nicht zur Verfügung. Bis zum 17. November 2023 (drei Jahre nach der Brandnacht) müssen nämlich Bauleistungen in Höhe des im Wertgutachten ermittelten Neuwerts vergeben sein.
Sollte bis 2023 nicht mit dem Neubau der Scheffelhalle begonnen werden, könnte es passieren, dass die Stadt die Summe des Neuwertes von der Versicherung verliert. Dann nämlich greift die Restwertversicherung. Die Kosten der Vergabeverfahren wurden in der Sitzung in der Summe mit über 60.000 Euro angegeben.
Das Gros im Ausschuss sah in der von der Verwaltung vorgeschlagenen Marschrichtung die richtige. Kirsten Brößke (FDP) betonte etwa, dass jeder Singener wisse, wie die neue Scheffelhalle aussehen solle: „Nämlich wie die alte.“ Dafür brauche es keine verschiedenen Architektenvorschläge.
Dirk Oehle (Neue Linie) gab zu bedenken, dass es keinen Spielraum für Änderungen gebe. Zudem will er aufs Gaspedal drücken. „Wir sollten jetzt mal voranmachen. Die Komplikationen beim Abriss haben uns schon genügend Zeit gekostet“, so Oehle.
Regina Brütsch (SPD) sieht die Herausforderung bei der neuen Scheffelhalle in der Technik, nicht in der Optik. Sie appellierte dafür, dass sich das Auswahlgremium Hilfe von fachkundigen Bürgern holen sollte. Eberhard Röhm (Grüne) wies darauf hin, dass die neue Scheffelhalle Unterschiede zur alten aufweisen werde und auch müsse: „Ich wünsche mir vor allem mehr Nutzbarkeit.“
SPD-Stadtrat zeigt sich überrascht
Aber im Gremium machte sich auch Gegenwind zum Wegfall eines Architektenwettbewerbes breit. Hubertus Both (FW) spricht sich zwar dafür aus, aber nur mit Bauchweh: „Die Mehrfachbeauftragung samt Architektenwettbewerb wäre sicherlich der politisch bessere Weg gewesen.“
Den schärfsten Gegenwind gab es von Walafried Schrott. Der SPD-Stadtrat zeigte sich über den plötzlichen Verzicht auf einen Architektenwettbewerb überrascht. Schrott ist sich sicher, dass ein Architektenwettbewerb verschiedene Entwürfe hervorgebracht hätte. „Die ergeben sich alleine dadurch, dass wir die Holzpfeiler im Inneren nicht wollen“, sagte er. OB Bernd Häusler widersprach. Er sieht eher bei der Statik in der Halle Platz für kreative Lösungen. „Aber das ist keine architektonische Leistung“, sagte er.