Viele Jahre lang hat er sich um die Gesundheit von Frauen im Hegau gekümmert und sie bei der Geburt unterstützt. Nun hat er seine letzte Ruhe in Kapstadt, Südafrika, gefunden: Der ehemalige Chefarzt der Frauenklinik am Hegau-Bodensee-Klinikum Singen, Helmut Schillinger, ist im Alter von 83 Jahren verstorben.
„In medizinischen Kreisen war Schillinger in ganz Deutschland berühmt durch seine Forschungsarbeiten und die Mitentwicklung der Ultraschalldiagnostik in den 70er und 80er Jahren“, schreibt sein Nachfolger Wolfram Lucke über ihn. Von 1990 bis 2007 hatte Schillinger die Frauenklinik geleitet – und das sehr erfolgreich. „Unzählige Singener Bürgerinnen und Bürger sind mit seiner Hilfe zur Welt gekommen. Hunderte, ja tausende Frauen des Hegaus haben durch seine Operationen Linderung und Heilung erfahren“, weiß Lucke, der Schillinger als Arzt und Mensch gut kannte.
Schillinger war am 19. März 1941 in Freiburg zur Welt gekommen und studierte Humanmedizin zunächst in Freiburg, später in Wien. An der Freiburger Universitätsfrauenklinik wurde er 1975 Oberarzt, 1985 wurde er leitender Oberarzt und Leiter der Freiburger Hebammenschule. 1987 übernahm er kommissarisch die Leitung der gynäkologischen Abteilung der Universitätsfrauenklinik in Bern, bevor er 1990 als Nachfolger von Ludwig Overbeck zum Chefarzt an das Singener Klinikum kam.
Er war ein Pionier im Bereich der Ultraschalltechnik
„Schillinger war sein Leben lang von Neugier und visionärem Geist geprägt“, sagt Lucke. Dies spiegele sich in Forschungsarbeiten und Publikationen wider: Als einer der ganz Frühen habe er die medizinischen Möglichkeiten der damals neuen Ultraschalltechnologie erkannt und war an der Entwicklung der Geräte maßgeblich beteiligt. „Sein 1984 veröffentlichter ‚Atlas der Ultraschalldiagnostik in der Schwangerschaft‘ war lange das unangefochtene Standardwerk jedes sonografisch tätigen Frauenarztes“, so Lucke. „Über 50 internationale gynäkologische Publikationen zeugen von seinem Forschergeist und dem Drang, die medizinische Welt zu verbessern“.
Wissenschaftliches Denken, Visionen zu erlauben und zu formulieren sowie eigene Erfahrungen weiterzugeben, seien in seiner Singener Zeit charakteristische Merkmale seiner täglichen Arbeit geblieben. „Ich erinnere mich nachhaltig an seinen Lehrsatz: ‚Es sollten nicht alle jungen Generationen die Fehler ihrer Vorgänger erst wiederholen müssen, um daraus zu lernen‘“, so Lucke.
In diesem Sinne habe er oft unkonventionell agiert und sei von vielen anfangs als rau wahrgenommen worden. Wer ihn näher kannte, habe aber schnell gespürt: Seine formale Strenge war an den Lachfalten und dem steten Schalk in seinen Augen als aufgesetzt und gespielt zu durchschauen.
Schillinger erhielt 1995 vom damaligen Singener Oberbürgermeister Andreas Renner die Dankesurkunde für 25 Jahre Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Im Jahr 2007 trat er in den Ruhestand und übersiedelte kurze Zeit später in seine neue Wahlheimat Kapstadt. „Dem Hegau war er stets emotional zugewandt geblieben, manchmal wohl auch vermischt mit einer Prise Heimweh, wie seine zahlreichen Besuche nicht nur in der Region, sondern auch immer wieder in unserer Klinik demonstrierten“, sagt Lucke anlässlich des Todes am 15. Oktober. „Wir werden ihm ein von Dankbarkeit geprägtes, würdiges und freundschaftliches Andenken bewahren.“