Das Hegau-Klinikum in Singen startet in der kommenden Woche in eine neue Ära. Am Freitag, 23. Juni, um 12 Uhr soll der Umzug des Interims-Kreißsaals abgeschlossen sein und die Geburten nun wieder im zweiten Obergeschoss der Frauenklinik stattfinden. Eineinhalb Jahre hat der Umbau gedauert. Seit Mai ist das Team mit 27 Hebammen auch komplett. Sie betreuen etwa 120 Geburten im Monat.

Anstrengende Zeit für die Mitarbeiter

„Beinahe wären wir fertig geworden“, sagte Bernd Sieber, Vorsitzender der Geschäftsführung des Gesundheitsverbunds des Landkreises Konstanz (GLKN) anlässlich der offiziellen Vorstellung der neuen Räumlichkeiten im zweiten Obergeschoss der Frauenklinik. Da fehlten nur noch ein paar Kleinigkeiten, wie die noch nicht fertige Umsetzung des Farbkonzeptes, an dem auch das Team der Hebammen mitgewirkt hat. Am Freitag soll der Betrieb dann vom Interimsbereich im ersten Obergeschoss in die neuen Räumlichkeiten umgezogen sein und der erste neue Erdenbürger kann dort das Licht der Welt erblicken.

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Hinter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern liegen eineinhalb anstrengende Jahre. Die leitende Hebamme Bärbel Weinert blickte kurz auf die Zeit im Interims-Kreißsaal, doch nun richtet sich der Blick nach vorn. „Wir sind begeistert, wie schön es geworden ist und freuen uns auf ein leichteres Arbeiten mit kürzeren Wegen“, sagte sie. Die ersten sechs Monate der Umbauphase hatte das Team direkt neben den Handwerker gearbeitet und im vergangenen Jahr fanden die Geburten im ersten Obergeschoss interimsmäßig statt.

Vieles neu im Kreißsaal

Zusätzlich hatte das Hegau-Klinikum auch Frauen aus dem Raum Überlingen und Konstanz aufgenommen, da die Geburtshilfe dort zeitweilig geschlossen war. Sie dankte ihrem Team, das einen langen Atem gehabt habe. „Unter diesen schwierigen Bedingungen hat sich gezeigt, wie stark unser Team ist“, so Weinert. Sie dankte insbesondere der kaufmännischen Direktorin Rebecca Sellmann sowie der Pflegedirektorin Claudia Keller für deren großen Einsatz.

Sie freuen sich über die Fertigstellung der neuen Kreißsäle: im Bild (von links) Bernd Sieber (Geschäftsführer), Rebecca Sellmann ...
Sie freuen sich über die Fertigstellung der neuen Kreißsäle: im Bild (von links) Bernd Sieber (Geschäftsführer), Rebecca Sellmann (kaufmännische Direktorin), Waltraud Reichle (Klinikseelsorgerin), Architekt Norbert Jobst, Veronika Netzhammer (Vorsitzende Förderverein), Frank Hinder (ärztlicher Direktor), Bärbel Weinert (leitende Hebamme), Wolfram Lucke (Chefarzt Frauenklinik) und Oberbürgermeister Bernd Häusler. | Bild: Susanne Gehrmann-Röhm

Das Team sei nun sehr motiviert und habe auch hinsichtlich des Farbkonzeptes eine große Kreativität entwickelt. Besonders freuen sich die Hebammen, dass es nun ein Wehenzimmer gibt. Die Gebärwanne ist ein weiterer Höhepunkt. „Ein Wehenzimmer haben wir uns schon vor Jahren immer gewünscht“, sagte Kirsten Graf, die bis vor einigen Jahren als Hebamme am Klinikum war. Dort können Frauen sich nun aufhalten, wenn die Zeit bis zur Geburt noch nicht ganz gekommen ist.

4,8 Millionen Euro Kosten

Bernd Sieber nannte in seiner Ansprache auch ein paar Zahlen. Der Umbau und die Modernisierung haben 4,8 Millionen Euro gekostet. Davon seien 3 Millionen Euro vom Land und 1,4 Millionen Euro vom Landkreis gekommen. Mit der Modernisierung des Kreißsaals und der Erweiterung um 200 Quadratmeter setze der Gesundheitsverbund ein Zeichen für eine hochwertige Versorgung, inklusive der Betreuung von Frühchen auf dem Level 1.

„Im Jahr 2022 kamen in Singen 38 Frühchen mit einem Gewicht unter 1250 Gramm zur Welt“, berichtete Bernd Sieber. Er dankte auch dem Architekten Norbert Jobst sowie dem Team um Chefarzt Wolfram Lucke sowie den Hebammen. Die Wiedereröffnung des Kreißsaals sei ein wichtiges Paket aus dem Masterplan für Investitionen in die Zukunft. „Wir haben hier in das Arbeitsplatzattraktivitätskonzept investiert“, so Sieber.

Arbeit auf Augenhöhe

Der Chefarzt der Frauenklinik, Wolfram Lucke blickte in seiner Ansprache auf die Geschichte der Geburtshilfe. „Vor 35.000 Jahren fand man Kreißsäle auf Höhlenmalereien abgebildet“, so Lucke. Zwischen 1500 und 1700 seien die Ärzte eher gefürchtet gewesen, weil sie anatomisch dachten. Demgegenüber waren die Hebammen damals schon beliebt. Die neuen Räumlichkeiten würden nun die Ansprüche gemäß des französischen Arztes und Geburtshelfers Michel Odent (Jahrgang 1930), der ein bedeutender Verfechter einer natürlichen Geburt ist, erfüllen, so Lucke. Ärzte und Hebammen können hier auf Augenhöhe arbeiten und es gebe auch den arztfreien Raum, wo nur Hebammen arbeiten. Lucke ist froh, dass nach Jahren des Hebammenmangels nun alle Stellen besetzt sind, und zwar bei einem Stellenschlüssel von 1,1 Stellen auf 100 Geburten.

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Oberbürgermeister Bernd Häusler gratulierte zum gelungenen Umbau: „Es ist außerordentlich wichtig, dass hier investiert wird.“ Waltraud Reichle sprach als Klinikseelsorgerin schließlich einen kurzen Segen für die neuen Räumlichkeiten. Am Nachmittag war die Öffentlichkeit zu einem Tag der offenen Tür eingeladen.