Wer selbst nicht mitbestimmt, darf sich nicht wundern, wenn es andere tun. Der Satz ist eine Binsenweisheit, aber speziell zu Wahlterminen wird er davon nicht weniger wahr. Denn wenn man seine Stimme nicht abgibt, darf man sich nachher nicht beschweren, wenn Gremien nicht so besetzt sind, wie man es selbst gerne hätte.

Das gilt für alle Wahlen, ist bei Kommunalwahlen aber besonders wichtig zu erwähnen. Denn sie verzeichnen traditionell eine eher niedrige Wahlbeteiligung. In vielen Gemeinden in Singen und dem Hegau lag die Wahlbeteiligung bei der zurückliegenden Kommunalwahl im Jahr 2019 bei etwas mehr als 50 Prozent. Werte von 60 Prozent oder mehr waren die Ausnahme, in Singen waren es nur etwa 43 Prozent. Durch die Bank war das schon eine Steigerung im Vergleich zur Kommunalwahl 2014.

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Aber es geht auch mehr, wie der Vergleich mit der Bundestagswahl zeigt. Laut der Bundeszentrale für politische Bildung haben 2021 bundesweit 76,6 Prozent der Wahlberechtigten gewählt – ein völlig anderer Wert.

Viele wichtige Entscheidungen liegen beim Gemeinderat

Und das, obwohl die Gemeinde- und Ortschaftsräte die direkteste Vertretung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort sind. Bekommt die Schule eine weitere Sozialarbeiterin? Der Gemeinderat entscheidet. Wird die Sporthalle jetzt saniert oder wartet man damit noch ein Jahr ab? Der Gemeinderat entscheidet. Und gibt es ein neues Baugebiet oder nicht? Man ahnt es: Der Gemeinderat entscheidet.

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Zugegeben, die Verwaltungen sprechen ein Wörtchen mit, denn nicht zuletzt ist der Bürgermeister einer Gemeinde auch Vorsitzender des Gemeinderats. Auch die Tragweite bundesweiter Gesetze, die dann für alle gelten wie beim Gebäudeenergiegesetz, erreichen die lokalen Entscheidungen nicht. Aber sie betreffen das direkte Lebensumfeld, wovon man vor Ort profitiert oder eben auch nicht.

Ein Ehrenamt, das zu honorieren lohnt

Und zu bedenken ist noch ein anderes Argument. Denn nicht nur die Gemeindeverwaltungen treiben einigen Aufwand, um die Kommunalwahlen unfallfrei über die Bühne gehen zu lassen – inklusive der Wahlhelfer vor allem aus den Rathäusern, die am Montag die komplizierte Stimmauszählung stemmen. Anders als die Abgeordneten in Bundes-, Landes- und Europaparlament üben Gemeinde- und Ortschaftsräte ebenso wie die Kreisräte zudem ein Ehrenamt aus. Das ist zwar mit Sitzungsgeld hinterlegt, nimmt finanziell aber bei Weitem nicht die Dimension eines Berufsparlaments an.

Vielleicht ist das ja ein Argument für die Wahl, dieses Engagement zu honorieren – und auch genau zu überlegen, wen man gerne im Gremium sehen möchte. So oder so: Wer nicht mitbestimmt, für den tun es andere. In diesem Sinne: Gehen Sie am Sonntag, 9. Juni, wählen.