Birgit Weber ist Rebwieb und müht sich redlich. Es ist 12 Uhr am Schmotzigen Dunschtig und seit etwa einer halben Stunde füllt sich der Rathausplatz, weshalb sich die Närrin an der Fußgängerampel zum Hohgarten platziert. Birgit Weber will Poppele-Plaketten zum Preis von 2,50 Euro unters Volk bringen, doch der Verkauf verläuft schleppend. Im Laufe des Vormittags sind es 16 Plaketten – eine eher kärgliche Ausbeute.

Heimatkunde am Rande

Das mag auch daran liegen, dass sie nebenbei Unterricht in Sachen Fastnacht erteilt. Nein, man sage in Singen nicht Karneval wie in Köln, sondern Fasnet, erklärt sie während einer Rotphase einem Mann, der nur gerade so die deutsche Sprache beherrscht, aber erkennbar Interesse am seltsamen Verhalten der Menschen an diesem Tag bekundet. Immerhin, hierbei hat Birgit Weber Erfolg. Sichtlich um den Erwerb des Begriffs bemüht, spricht der Mann das Wort nach – heraus kommt so etwas wie „Fassnit“.

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In pädagogischer Mission unterwegs ist auch Stephan Glunk. Der Zunftmeister der Poppele, der außerhalb der fünften Jahreszeit als Lehrer tätig ist, wird vor dem Rathaus von einem jungen Mann angesprochen. Man tauscht sich aus über die närrische Kostümierung – Stephan Glunk im einfachen Poppele-Häs, der Freizeit-Narr im Kampfanzug. Mit Stolz zeigt er auf seine Batterie von Alkoholika in den Patronentaschen, was den Zunftmeister zu der Hoffnung veranlasst, dass es sich ja wohl um Plastikfläschchen handelt, weil auf dem Rathausplatz ein Glasverbot herrscht. Außerdem mahnt Stephan Glunk zum Trinken mit Bedacht. Klar doch, sagt der junge Mann.

Vergnügen braucht Kontrolle

Fürs Einhalten der Regeln am Metallzaun zum Rathausplatz zuständig sind ein paar Männer, die ihrem Job gründlich nachkommen. Rucksäcke werden kontrolliert, das dabei entdeckte Glas wandert in den Abfall. Dabei handelt es sich nicht nur um Leergut, auch volle Bierflaschen landen im Plastiksack. Zu Differenzen kommt es nicht, zumindest nicht zu dieser Stunde.

Doch bei der Zunft, im Rathaus und den Ordnungskräften macht man sich nichts vor. Ohne Vorsicht und ohne Kontrollen wäre der Spaß aller Wahrscheinlichkeit schnell vorbei. So aber wird der Schmotzige Dunschtig zu einem Vergnügen, wobei die Entmachtung von Oberbürgermeister Bernd Häusler im randvoll besetzten Ratssaal zu den närrischen Höhepunkten des Tages gehört. Was da von den Narren und dem Gemeinderat während gut einer Stunde geboten wird, ist durchgängig zum Schmunzeln und manches Mal richtig zum Lachen. Allein die Begrüßungsrede von Stephan Glunk mit formalen Anleihen beim Rapper-Jargon gleicht einem Kabinettstückchen, das die Spende von 2,50 Euro wert ist.

Fröhliches Straßenfest

Doch selbst, wer die politisch-närrische Fopperei verpasst hat, kommt auf seine Kosten. Der an die Entmachtung beginnende Umzug durch die Stadt ist ein buntes Spektakel, das sich viele tausend Menschen anschauen, auf der ganzen Strecke stehen sie bei bestem Wetter in drei, vier Reihen. Die ganz jungen samt ihrer Familien freuen sich über das Bombardement von Bonbons, generationsübergreifend nutzen viele die Chance und sind für ein paar Stunden ein ganz anderer. Es gibt Kostüme von der Stange, andere haben augenscheinlich ihrem individuellen Einfallsreichtum freien Lauf gelassen und auf etliche Gesichter sind wahre Kunstwerke geschminkt. In der Summe ergibt sich das Bild eines fröhlichen Straßenfests – schön!